Porträt

Robin Gassmann setzt sich als Landesschülersprecher für Sonder- und Förderschulen ein

Robin Gassmann kämpft für Menschen, die oft nicht für sich selbst kämpfen können: Der 19-Jährige aus dem Ortenau-Dorf Schutterzell besucht die Esther-Weber-Schule in Wasser und ist Landesschülersprecher für Förder- und Sonderschulen im Regierungsbezirk Freiburg.  

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Robin Gassmann  | Foto: Patrik Müller
Robin Gassmann Foto: Patrik Müller

NEURIED/EMMENDINGEN. Robin Gassmann kämpft für Menschen, die oft nicht für sich selbst kämpfen können: Der 19-Jährige aus Schutterzell besucht die Esther-Weber-Schule in Emmendingen-Wasser und ist Landesschülersprecher für Förder- und Sonderschulen im Regierungsbezirk Freiburg. Als seine Eltern ihn vor sechs Jahren in Wasser anmeldeten, hatte er sich noch gewehrt: "Ich fand es nicht cool", erzählt Gassmann. "Ich habe gesagt: Ich will nicht zu den Behinderten."

Der 19-Jährige hat einen Gendefekt, eine Stoffwechselstörung. Sein Gesicht ist rot, er verliert Schuppen, seine Haut ist so trocken, dass er sie alle paar Stunden eincremen muss. "Wie man sieht, habe ich ein kleines Problem", sagt er. Ein Mann an einer Tankstelle wünschte ihm kürzlich Gute Besserung. "Ich habe gesagt: Danke – ich warte aber schon 19 Jahre darauf." Gassmann lacht. "Dem Mann war es peinlich, er hat sich entschuldigt. Ich habe gelernt, damit umzugehen."

Bis zur siebten Klasse ging er auf eine ganz normale Schule. Es funktionierte nicht, Robin war isoliert. Wenn die anderen Schüler in der Pause Fußball spielten, musste er zugucken. Bei einem Ausflug an einem heißen Sommertag blieb er als Einziger an einer roten Ampel stehen, weil er nicht rennen konnte. Er musste den Unterricht häufig verlassen, um sich einzucremen. "Man hat mir unterstellt, dass ich das ausnutze, wenn mir langweilig ist", sagt er.

Seine Eltern meldeten ihn für eine Probewoche in Wasser an. Zuerst wollte Robin nicht, er ließ sich aber überreden. "Am Mittwoch habe ich gesagt: Eigentlich ist es ganz okay", erzählt er. "Am Freitag wollte ich dann nicht mehr nach Hause." Gassmann war begeistert. "In der Regelschule macht jeder sein eigenes Ding", sagt er. "Wenn da einer nicht in der prallen Sonne Fußball spielen kann, steht er halt daneben. In Wasser kann man halt sowieso nicht in der prallen Sonne Fußball spielen – dann findet man automatisch Dinge, die machbar sind. Es ist ein Miteinander." In Wasser hat Gassmann Mitschüler, die im Rollstuhl sitzen. Die nicht alleine aufs Klo gehen können. Die an Muskeldystrophie erkrankt sind und wissen, dass sie früh sterben werden.

"Ich fühle mich verpflichtet,

mich für andere einzusetzen."

Robin Gassmann
Mit der SMV (Schülermitverantwortung) hatte Gassmann erst einmal nichts zu tun. Dann sollte er bei einer Sitzung der Klassensprecher das Protokoll schreiben. "Wir haben nicht viele Schüler, die so fit sind, dass sie das können", sagt er. "Also habe ich mich reingesetzt, zugehört und gemerkt, dass es Spaß macht, da mitzudiskutieren." Bei der nächsten Wahl kandidierte er – und wurde gewählt.

Er brachte eine Umfrage zum Thema Schulessen zu Ende, die seine Vorgänger begonnen hatten. Er setzte sich mit der Busgesellschaft SBG an den Tisch und setzte durch, dass mehr Niederflurbusse die Schule anfahren. Er kämpfte dafür, dass die Haltestelle nicht mehr "Heimsonderschule" heißt, sondern "Bildungszentrum Wasser" – langsam, aber sicher setzt sich der neue Name in den Fahrplänen durch. "Ich bin einer der Stärkeren", sagt Gassmann. "Ich fühle mich verpflichtet, mich für andere einzusetzen." Er überlegt. "Ich kann mir vorstellen, es kommt daher, dass ich früher ganz gerne einen gehabt hätte, der mich inkludiert."

Seit April ist er im Regierungsbezirk Freiburg Landesschülersprecher für Förder- und Sonderschulen. Das Gremium tagt in Stuttgart. Es geht nicht mehr um Kantinenessen und Haltestellen, es geht um große Politik. Um Inklusion. Gassmann ist dafür, natürlich – hat aber auch Bedenken. "Es bringt nichts, wenn man einen Behinderten in eine Nichtbehindertenklasse steckt, wenn die Nichtbehinderten in der Überzahl sind", sagt er. "Ich würde vier, fünf Behinderte in eine Klasse mit 15 Schülern stecken – dann ist das eine ganz andere Verpflichtung."

Robin Gassmann selbst hat die Schulzeit bald hinter sich, die nächsten beiden Jahre bleibt er aber Landesschülersprecher. Die Realschulprüfung ist vorbei, im Herbst beginnt er am Stuttgarter Flughafen eine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement, 400 Leute hatten sich beworben. "Du musst wissen, wie du dich als Behinderter verkaufst", sagt er. "Die Schule ist ein Schonumfeld – auf dem freien Markt ist aber für jeden Survival angesagt."

Robin Gassmann ist unter der E-Mail [email protected] zu erreichen. Weitere Informationen über den Landesschülerbeirat gibt es unter http://www.lsbr.de

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