"Im Idealfall entsteht etwas Neues"

BZ-INTERVIEW: Der Theologe Stephan Wahle und der Kulturwissenschaftler Michael Fischer zum Thema Pop und Religion.
Die Kirchen sind leer, Events wie Kirchen- und Katholikentage sind voll. Muss Kirche mehr Pop werden, um zu überleben? Will sie das? Kann sie das? Unser Mitarbeiter Jürgen Reuß hat beim Theologen Stephan Wahle und dem Kulturwissenschaftler Michael Fischer vom Freiburger Zentrum für Populäre Kultur und Musik nachgefragt, die gemeinsam eine Ringvorlesung zu "Religion in populärer Kultur der Gegenwart" veranstalten.
Wahle: Schon Anfang des 20. Jahrhunderts gab es eine Bewegung weg von der Konzentration der Liturgie auf die Kleriker hin zu mehr Teilhabe aller Gläubigen an der Messfeier. Der Durchbruch war das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965), wo als wichtiges pastorales Anliegen formuliert wurde, die kirchliche Hochkultur für Elemente von Volksfrömmigkeit und neuerer Musikformen zu öffnen. Seitdem ist die Tür zu mehr Vielfalt einen Spalt geöffnet.
BZ: Die 60er Jahre waren auch für die Kirche ein Schlüsseljahrzehnt?
Fischer: Innerkirchlich gab es Reformbedarf, nur: War die Kirche wirklich anschlussfähig zu den Entwicklungen, die zeitgleich stattfanden? Rock ’n’ Roll, Beatles, Anti-Babypille – das waren schwierige Herausforderungen, die ...