Rückwärtssaltos im Wohnzimmer üben

ZISCH-INTERVIEW mit den Parkour-Sportlern Daniel Armbrüster und Ruben Schubert von danimoves über ihren Sport und ihr Vorbild von einst Jackie Chan.  

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Zisch-Reporter Vincent Krämer mit einem Freund bei seinem Interview auf der Kletterkartoffel (Mitte) im Vauban in Freiburg mit Daniel Armbrüster (links) und Ruben Schubert (rechts). Foto: Britta Geniaux

Sie fliegen scheinbar wie Vögel durch die Lüfte, landen weich auf ihren Beinen und rennen über Hindernisse als wären sie schwerelos: Parkour-Sportler. Im Interview spricht der Zisch-Reporter Vincent Krämer der Klasse 4a der Schneeburgschule in Freiburg mit seinen Parkour- und Freerun-Trainern Daniel Armbrüster und Ruben Schubert über ihre Leidenschaft und wie sie dazu gekommen sind.

Zisch: Was ist Parkour ?
Armbrüster: Parkour ist Hindernisüberwindung, Parkour ist unter Sachen durch und darüber klettern, auf etwas drauf klettern, runterspringen und balancieren. Grob gesagt: klettern, springen, landen und abrollen.
Schubert: Und es ist die Kunst der effizienten Fortbewegung von A nach B. Die Strecke ist der Parkour mit den Hindernissen, die man überwinden muss.
Zisch: Wer hat Parkour erfunden und seit wann gibt es das?
Armbrüster: David Bell hat es eigentlich erfunden, indem er diesen Bewegungsformen den Namen gegeben hat. Parkour besteht aber eigentlich aus Fortbewegungen, die die Menschen schon immer gemacht haben. Der Vater von David, Raymond Bell, war in den 1960er Jahren als Soldat in Vietnam und hat dort Bewegungstechniken entwickelt, um möglichst schnell durch den Urwald vor den Militärs wegzurennen. Das war dann später auch schnell ein Thema in den Vororten von Paris, wo es darum ging, vor der Polizei wegzulaufen.
Schubert: Ja, später lebte er in Paris und hat diese Bewegungen dann auf die urbane Umgebung übertragen. Er ist von Zügen gesprungen, ins Wasser, ist an Häusern hochgeklettert. Davon gibt es tolle alte Fotos. Er gehörte dort einer Eliteeinheit der Feuerwehr an und hat die schwierigsten Einsätze gemeistert. Sein Sohn David hat Parkour von klein auf gelernt und hat es dann zu einer Sportart weiterentwickelt.
Zisch: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Parkour zu machen?
Schubert: Zuerst war ich immer viel draußen und bin gerne von irgendetwas runtergesprungen, auch hier von der Kletterkartoffel. Irgendwann habe ich Filme gesehen, die ich toll fand. "Yamakasi" ist ein sehr sehenswerter Film übrigens. Super ist auch der Schauspieler und Stuntman Jackie Chan, er hat die tollsten Parkourstunts gemacht, bevor ich überhaupt wusste, was Parkour eigentlich ist. Das wollte ich auch können.
Armbrüster: Bei mir war es genauso. Die Filme Star Wars, Banlieu 13 waren inspirierend, aber auch Jackie Chan und später dann Youtube-Videos. Wir haben sie in Zeitlupe laufen lassen, um zu verstehen, wie die Technik funktioniert. Dann sind wir rausgegangen und habe sie geübt.
Schubert: Oder zu Hause mit Sprüngen vom Hochbett: Matte unten hingelegt, die ganze Bude hat gewackelt. Meine Mutter hat dann immer gerufen: "Was ist denn hier los?!"
Armbrüster: Ich hab Rückwärtssalto im Wohnzimmer gelernt.
Zisch: War es euer Traum, Parkour zu machen ?
Schubert: Als ich 15 Jahre alt war, hatte ich nichts anderes mehr im Kopf. Mittags bin ich raus gegangen, habe Freunde getroffen und wir haben Parkour gemacht. Vier Stunden lang, fast jeden Tag. Und da ging es nur darum, wer kommt schneller oder weiter irgendwo hin. Es wurde zum Extremsport. Wir haben die Herausforderung immer höher gesetzt und wollten immer mehr. Die Freunde haben einen dann gepuscht. Das war der beste Zeitvertreib.
Armbrüster: Ich habe eigentlich angefangen mit Martial Arts Tricking, ich wollte unbedingt Saltos lernen. Ich habe dann draußen auf einem Volleyballfeld Saltos geübt. Bin ins Gras und in den Sand gesprungen. Dann irgendwann haben wir mit Parkour begonnen. Da gehören Saltos eigentlich nicht dazu, weil sie nicht effizient sind, da sie nicht schnell sind. Sie machen aber Style und Spaß und geben ein gutes Gefühl. Dann haben wir angefangen, die Basics zu trainieren. Einfache Sprünge, aber dafür weit und präzise. Wir haben immer versucht, so schnell wie möglich zu werden.
Zisch: Seit wann macht ihr Parkour?
Schubert: Schon seit elf Jahren. Ich habe mit 15 Jahren angefangen.
Armbrüster: Ich seit 12 Jahren. Ich habe aber erst mit 18 Jahren angefangen.
Zisch: Von wem habt ihr Parkour gelernt?
Schubert: Zuerst von Philipp aus Freiburg. Er war hier eine Legende. Er hat mir und meinen Freunden die meisten Tricks beigebracht. Und die von "Yamakasi" waren mal hier. Von ihnen habe ich auch ein bisschen was mitbekommen. Dann habe ich viel abgeschaut bei allen, die international und hier in Deutschland so bekannt sind. Und natürlich von Freunden.
Armbrüster: Wir haben uns einfach selber trainiert. Wir waren eine Gruppe von fünf Jungs, alle so zwischen 17 und 20 Jahre alt. Wir haben uns gegenseitig Tipps gegeben. Wir hatten keinen Trainer, haben uns einfach von Videos Sprünge angesehen und sie uns selbst beigebracht und verfeinert.
Zisch: Was mögt ihr am meisten an Parkour?
Schubert: Die Freiheit. Das Springen. Auch die Sicht, wie man die Dinge sieht. Viele bemerken das gar nicht. Sie gehen durch die Stadt und sehen nicht, dass man dort über ein Mauer springen könnte, oder die Unterschiede, wenn man an Häusern hochschaut. Man sieht die Schlucht und denkt, man könnte dort von der einen Kante zur anderen Kante springen. Man hat ständig Lust, etwas Neues auszuprobieren. Es ist ein ziemlich kreativer Sport. Das liebe ich daran und es ist ein Extremsport. Man wird richtig herausgefordert mit seinem Können.
Armbrüster: An erster Stelle die Freiheit. Neue Perspektiven. An Orten zu sein, die man neu entdeckt. Und auch immer wieder eigene Grenzen zu sprengen. Immer wieder vor dem Gefühl zu stehen: Schaffe ich das jetzt? Und die Auseinandersetzung mit der eigenen Angst und damit lernen, richtig umzugehen. Das hat mir auch viel für das alltägliche Leben gegeben. Und natürlich die Kreativität. Das schönste Gefühl ist aber, wenn man eine Stunde lang im Parkourtraining ist und dann in einen Flow kommt. Das hat dann fast etwas Animalisches. Man trifft dann nicht mehr die Entscheidung: Jetzt mach ich den Sprung und jetzt den, irgendwie managet der Körper das dann selbst. Das ist mein Highlight.
Zisch: Was sind eure besten Tricks?

Schubert: Im Parkour der "Wallrun". Das bedeutet, je nachdem wie hoch die Mauer ist, muss man eine Technik finden, mit der man es schafft, die Mauer geradlinig bis ganz nach oben hochzukommen, die Kante zu erwischen und sich hochzuziehen. Das ist für mich einer der herausforderndsten Parkourmoves überhaupt.
Zisch: Was findet ihr schwierig an Parkour ?
Schubert und Armbrüster: Stangen. Sie sind extrem schwer zu bewältigen. Es ist spaßig, aber man muss vorsichtig sein.

Zisch: Wo sind eure Lieblingsplätze, um Parkour zu machen?
Schubert und Armbrüster: In Freiburg die Telekom. Dort gibt es viele Mauern und natürlich den neuen Parkourpark in Dietenbach. Mit unseren Jugendgruppen ist es im Vauban toll, aber auch in der Natur und am Bach.
Zisch: Macht ihr Wettkämpfe und habt schon mal gewonnen?
Schubert: Ich habe einen Wettkampf mitgemacht. An einem bestimmten Zeitpunkt die Tricks hervorrufen zu können und perfekt zu machen, ist auch eine Königsdisziplin. Hier zählt nur der Moment, du hast keine zweite Chance.
Armbrüster: Ich mag an Parkour, dass es nicht unbedingt ein Wettkampfsport sein muss. Ich habe noch keinen mitgemacht.
Zisch: Was ist der Unterschied zwischen Parkour und Freerunning?
Armbüster: Coole Frage. Bei Parkour geht es um Effizienz und Geschwindigkeit und beim Freerunning eher um den Freestyle. Man rennt frei, baut viele Tricks ein, so dass es cool aussieht. Man macht Saltos auf Objekte drauf und von ihnen runter. Das ist extrem spaßig.

Mehr Informationen: http://www.danimoves.de

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