"Ruf' bitte sofort zu Hause an, wenn du in Freiburg ankommst!"

Eigentlich ist es ganz einfach, beim Freiburger Uni-Sommerkurs mitzumachen - schwierig ist nur, wenn man sich erst von der italienischen Mamma abseilen muss.  

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Student in der goldenen Zeit des vereinigten Europas zu sein, bedeutet unter anderem mindestens eine Fremdsprache zu beherrschen. Das kann man perfektionieren, wenn man sich eine Zeit lang im Ausland aufhält. Dessen sind auch viele junge Italiener bewusst, deshalb entscheiden sie sich gerne für eine Art "Kultur-Urlaub" im Ausland. Unter den Deutschlernenden und den angehenden Germanisten sind die Ferienkurse bei der Freiburger Universität wegen deren guten Organisation und der Schönheit der Stadt sehr gefragt.

Das Spannendste an diesen Kursen ist aber die Möglichkeit, neue Freunde aus der ganzen Welt zu gewinnen und - vor allem! - sich als selbständig und selbstverantwortlich zu erweisen. Und genau das ist der Punkt: Der Koffer ist gepackt, der Wecker schon gestellt. Schön, dass alles in einem einzigen Koffer Platz gefunden hat. Er ist zwar schwer, aber macht nichts, mit dem Rucksack auf dem Rücken bleiben die Hände frei fürs Schleppen. Richtig schwer wird es dann auch tatsächlich am nächsten Tag. Lange bevor der Wecker klingelt, ist deutlich Küchenlärm zu hören. Und wenig später entdeckt man zwischen dem großen Koffer und dem Rucksack eine Sporttasche. Die hat la mamma mit belegten Brötchen aller Art und mit Dosendelikatesse prall gefüllt. Für alle Fälle. Sie möchte nicht, dass ihr Sprössling während der zehnstündigen Bahnfahrt verhungert. Jeder Abwehrversuch ist vergebens: Die Sporttasche muss mit nach Deutschland.

Zum Bahnhof möchte la mamma natürlich unbedingt mitkommen., obwohl Papa schon im Auto sitzt und den Motor angelassen hat. Die Strecke zum Bahnhof ist eine Kanonade von la mammas Fragen: "Hast du die Fahrkarte mitgenommen? Ist dein Geld gut aufbewahrt? Hast du Wollenunterhemden eingepackt? Pass, Deo, Seife, Zahncreme?"

"Verschwende keine Seife beim Wäschewaschen!" La mamma italiana

La mamma weiß eigentlich, dass ihr Sprössling nach Deutschland und nicht in die Wüste fährt, trotzdem muss er natürlich alles von zu Hause mitnehmen. Vergeblich versucht Papa ihr klarzumachen , dass ihr Sohn 21 Jahre alt ist und 185 cm groß: Für la mamma bleibt er immer ein Kind. Kaum am Bahnhof angekommen, beginnt sie mit der Empfehlungslitanei: "Pass auf, dass du nicht bestohlen wirst, es gibt so viele Taschendiebe!" Die Antwort, Geld und Papiere seien sicher aufbewahrt, überzeugt sie nicht: "Auch die Koffer können geklaut werden. Ob sie nicht zu schwer sind, dass du mit Rückenschmerzen am Ziel ankommst?" Da schauen sich Vater und Sohn stumm in die Augen, und deuten auf die Überlebenstasche, die la mamma mit Liebe und Hingabe voll gestopft hat.

Endlich ist der Zug da. Während Papa "Viel Spaß!" wünscht, zerrt la mamma ihren Sprössling fest an sich. Mit feuchten Augen, aber fester Stimme flüstert sie: "Wasch' deine Unterwäsche jeden Tag!" Zeit zum Einsteigen. Papa reicht stumm das Gepäck rüber, la mamma wischt sich die Augen mit dem Taschentuch. Der Zug fährt ab, Papa wünscht "Gute Fahrt!" La mamma schreit: "Ruf' sofort zu Hause an, wenn du in Freiburg ankommst!"

Nach den ersten Tagen in Freiburg kennt sich der Junge gut aus. Im Sprachunterricht macht er gute Fortschritte, er hat Freunde gefunden und gleich schon Erfolg mit einem deutschen Mädchen. Alles läuft prima. Nur: alle zwei Tage muss er am Handy von la mamma Befehle entgegennehmen, wie "Iss' nicht zu viel Pommes Frites, die sind ungesund!" oder "Geh' mit deinem Geld sparsam um!" und "Verschwende keine Seife beim Wäschewaschen!" Was ihr Sprössling zu erzählen hat, ist für la mamma eher nebensächlich, ob er sich amüsiert, will sie auch nicht so brennend wissen. Und gar nicht wissen möchte sie, dass ihr Kleinder kein Kind mehr ist.

Tiziana Liazzo

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