Italien
Schönste Mumie der Welt: Das Rätsel um das schlafende Mädchen ist gelöst
Sie gilt als die schönste Mumie der Welt. Auch heute sieht Rosalia Lombardo noch aus wie ein schlafendes Mädchen. Ein Anthropologe hat jetzt das Rätsel um die perfekte Einbalsamierung gelöst.
dpa
Mi, 13. Mai 2009, 0:00 Uhr
Panorama
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Das kleine Mädchen im Glassarg in der unterirdischen Kapuzinergruft im süditalienischen Palermo starb Anfang des letzten Jahrhunderts an der berüchtigten Spanischen Grippe, der von 1918 bis 1920 mindestens 25 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Dass sich der Zauber ihres kindlichen Antlitzes so erhalten konnte, ist zwei Menschen zu verdanken: Rosalias Vater und dem Einbalsamierer Alfredo Salafia.
Als seine Tochter 1920 der Seuche erlag, wollte ihr Vater, General Mario Lombardo, sich nicht mit seinem Schicksal abfinden. Das Kind niemals wiedersehen zu dürfen, erschien ihm undenkbar. In seiner Verzweiflung wandte er sich an einen Freund der Familie, den damals bereits über Sizilien hinaus berühmten Einbalsamierer Salafia. Dieser vollbrachte nicht nur das Wunder der schönsten Mumie der Welt, sondern überzeugte auch die Kapuzinermönche von Palermo, das Mädchen in ihrer Gruft unterzubringen. 13 Jahre später nahm er jedoch das Geheimnis der perfekten Mumie mit ins Grab. 75 Jahre nach seinem Tod gelang es nun einem italienischen Anthropologen aus Palermo, das Rätsel zu lösen.
Dario Piombino Mascali von der Universität Palermo, heute beschäftigt beim Forschungszentrum Südtirol, fand im Nachlass Salafias ein Manuskript, in dem der Mumien-Meister sein Geheimnis verrät. "Ich habe seit 1999 nach der Lösung des Geheimnisses von Rosalia geforscht", erklärt Piombino Mascali. Insofern sei die Entdeckung des Manuskripts zunächst ein persönlich-emotionaler Erfolg gewesen. Die Bedeutung der Enträtselung der Einbalsamierungstechniken Salafias gehe aber weit darüber hinaus.
"Es ist eine historisch-medizinische Entdeckung von enormer Bedeutung", sagt der Forscher. "Die von Salafia zur Einbalsamierung gebrauchte Lösung ist eines der ersten Beispiele für den Gebrauch von Formaldehyd zu diesem Zweck." Und dieses sei noch heute die Basislösung bei der menschlichen Einbalsamierung. So habe Salafia eine mit Zinksulfat und Chloriden angereicherte Mixtur aus Glyzerin und Formalin – einer wässrigen Formaldehydlösung – sowie Alkohollösung mit Salicylsäure in Rosalias Adern gespritzt.
"Zuvor war nur bekannt, dass Salafia das Blut gegen eine andere Flüssigkeit austauschte. Jetzt wissen wir, dass er ein Vorreiter der modernen Balsamierung war", sagte der Forscher begeistert. "Zudem war er der Erste, der auf den ästhetischen Aspekt geachtet hat und auf die für die Einbalsamierer schädlichen Gifte Arsen und Quecksilber verzichtete", so Piombino. Sein Institutschef Albert Zink, Verantwortlicher des Mumieninstituts, habe außerdem mit speziellen Röntgenaufnahmen festgestellt, dass durch das Zinksulfat auch alle inneren Organe erhalten worden sind. "Damit ist Rosalia sicherlich eine der wichtigsten Mumien des 20. Jahrhunderts." Neben Rosalia Lombardo gehören auch die Mumien des Politikers Francesco Crispi (1819–1901) und des Erzbischofs von Palermo Pietro Michelangelo Celesia (1814–1904) zu den Meistermumien Alfredo Salafias.