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Schule schwänzen, Welt retten

  • Do, 13. Juli 2017
    Kino

COMICVERFILMUNG: Tom Holland spielt in "Spider-Man – Homecoming" den Superhelden mit 15.

Spider-Boy Peter Parker (Tom Holland)  | Foto: sony
Spider-Boy Peter Parker (Tom Holland) Foto: sony
Spider-Man ist der einzige Superheld, der über ein Mindesthaltbarkeitsdatum verfügt. Mit regelmäßigem Workout und ein paar Botox-Spritzen können Kollegen wie Robert Downey Jr., Chris Hemsworth und Chris Evans noch die nächsten zehn Jahre in den "Iron-Man"-Anzug steigen, den "Thor"-Hammer schwingen oder das "Captain America"-Schild hochhalten. Aber Spider-Man ist per Definition ein jugendlicher Held, den man sich als gestandenen Mann nicht recht vorstellen kann. Die körperlichen Verwandlungen, die Peter Parker nach dem Spinnenbiss durchlebt, sind seit jeher Metapher für den unwillkürlichen Hormonterror der Pubertät und die Abenteuer des Helden auch immer Teil eines Reifungsprozesses.

Kein Wunder, dass das Franchise in 15 Jahren nun schon das dritte Reboot erlebt. Nach Tobey Maguire und Andrew Garfield streift nun mit Tom Holland der jüngste Spider-Man-Darsteller den Spinnenmannanzug über. Die Jugendlichkeit des Schauspielers ist der Schlüssel für die Frische dieses Neuanfangs. Denn eigentlich ist "Spider-Man" hier noch ein "Spider-Boy" mit all den Problemen, die ein 15-jähriger Schüler hat. Nach seinem Auftritt in "Captain America: Civil War" fristet Peter Parker wieder sein High-School-Dasein und wartet vergeblich auf einen neuen Einsatzbefehl der Avengers. Tony Stark alias Iron Man (Robert Downey Jr.) empfiehlt ihm, sich erst mal auf lokaler Ebene zu bewähren. Und so hilft der Junior in vollem Spider-Man-Ornat alten Damen über die Straße, konfisziert das Bike eines Fahrrad-Rowdys und trainiert mit hoher Absturzquote seine Schwungtechnik am klebrigen Spinnenfaden. In schönster jugendlicher Hibbeligkeit turnt dieser Superhelden-Azubi durch die Straßen von Queens, bis er endlich ein richtiges Verbrechen entdeckt. Aber die Bankräuber, die gerade einen Geldautomaten knacken, verfügen über Hi-Tech-Waffen, und der Einsatz endet im Desaster.

Jugendliche Ungeduld und Selbstüberschätzung

Auf eigene Faust nimmt Peter Parker die Spur zu dem Waffenhändler Vulture (Michael Keaton) auf, der den Schwarzmarkt mit außerirdischer Technik versorgt. Es ist eine willkommene Abwechselung im Kosmos der Comicverfilmungen, einem blutjungen Superhelden zu folgen, der von seinen übernatürlichen Fähigkeiten eigentlich vollkommen überfordert ist. Dem gegenüber steht die Unverfrorenheit und Lebensenergie der Jugend. Hollands Peter Parker ist ein Teenager durch und durch, der mit juveniler Ungeduld und Selbstüberschätzung sein Heldendasein in die Hand nimmt, immer wieder auf die Nase fällt, sich aufrappelt und neben der Verbrechensbekämpfung seinen ganz normalen High-School-Alltag auf die Reihe bekommen muss. "Aber wir haben doch einen Spanisch-Test", sagt sein Kumpel Ned (Jacob Batalon), als Peter blau machen will, um die Welt zu retten.

Das heroische Understatement spiegelt sich auch im ästhetischen Konzept des Filmes wieder, das die Computereffekte nahtlos ins realistische Setting einarbeitet. Selbst der Bösewicht gehorcht diesen Vorgaben. Ohne Allüren spielt Michael Keaton diesen von der Regierung enttäuschten Vorarbeiter, der, statt Trump zu wählen, in den Waffenhandel einsteigt, aber im Gegensatz zu seinen Schurkenkollegen nicht nach Weltherrschaft strebt, sondern nur seiner Familie ein Leben in Wohlstand bieten will.

Regisseur Jon Watts verankert seinen "Spider-Man" fest im Hier und Jetzt und setzt gleichzeitig in den Actionszenen auf die pure kinetische Energie seines Helden, der mit jugendlicher Leichtigkeit über das Gitter des Schulhofes hopst und sich hinaus in die weite Welt schwingt.

"Spider-Man: Homecoming" (Regie: Jon Watts) läuft flächendeckend. Ab 12.

Ressort: Kino

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 13. Juli 2017: PDF-Version herunterladen

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