Treffen in Berlin

Ukraine-Verhandlungen: Fortschritte auf einem weiten Weg

Es gibt etwas Bewegung, aber der Weg ist noch sehr weit. So kann man die Ergebnisse der Berliner Ukraine-Verhandlungen beschreiben. Der Kanzler wagt sich bei einem Thema weit vor.  

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Kanzler Merz ist nach den Ukraine-Gesprächen etwas zuversichtlicher als Präsident Selenskyj. Foto: Michael Kappeler/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Berlin (dpa) - Bei den Verhandlungen über eine Friedenslösung in der Ukraine sind nach Darstellung von Bundeskanzler Friedrich Merz deutliche Fortschritte erzielt worden – vor allem bei den Sicherheitsgarantien für das von Russland angegriffene Land. "Was die USA hier in Berlin an rechtlichen und an materiellen Garantien auf den Tisch gelegt haben, ist wirklich beachtlich. Das ist ein ganz wichtiger Fortschritt", sagte Merz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Einzelheiten nannte er nicht.

Bei der schwierigsten Frage der Gebietsabtretungen der Ukraine an Angreifer Russland gab es dagegen keine sichtbare Bewegung. Selenskyj sprach von nach wie vor "unterschiedlichen Positionen" zwischen den Kriegsparteien. "Ich finde, dass die Gebietsfrage schmerzhaft ist. Wir wissen zu 100 Prozent, was die Russen wollen", sagte er.

Ohnehin kann das Verhandlungsergebnis von Berlin nur ein Zwischenschritt sein, weil Russland nicht mit am Tisch saß. Die USA werden die Ergebnisse nun wieder mit dem Kreml rückkoppeln.

Merz: "Die Chance ist real"

Merz zeigte sich trotzdem zuversichtlich, dass es zu einer Friedenslösung kommen kann. "Diese Pflanze ist noch klein, aber die Chance ist real", sagte er. "Es liegt jetzt nur noch an Russland, ob es bis Weihnachten gelingt, einen Waffenstillstand zu erzielen." Der Kanzler warb dafür, dass zumindest über die Feiertage die Waffen schweigen sollten.

Selenskyj sagte, der Ukraine sei es gelungen, den US-Unterhändlern ihre Position zu verdeutlichen. "Die Ukraine wird gehört", sagte er. Die US-Vertreter hätten in Berlin die Position Moskaus überbracht und würden nun die ukrainische Haltung dort vortragen.

Auch die US-Seite berichtete von Fortschritten. "Wir haben in einer Reihe von Fragen, die wir für den Abschluss eines Friedensabkommens als entscheidend erachten, einen Konsens erzielt", hieß es. Die Gespräche seien "sehr positiv" verlaufen.

Telefonat mit Trump geplant

Die Verhandlungen zwischen den USA, der Ukraine und ihren europäischen Verbündeten hatten bereits am Sonntag begonnen. Am Abend wurden sie mit einem Gipfel führender europäischer Staats- und Regierungschefs mit Selenskyj und der US-Delegation unter Leitung des Sondergesandten Steve Witkoff abgeschlossen. Auch ein Telefonat mit US-Präsident Donald Trump war noch geplant. Ein genauer Zeitpunkt wurde dafür von US-Seite aber nicht genannt.

Grundlage der schon seit November laufenden Ukraine-Gespräche ist ein von den USA vorgelegter Friedensplan, der 20 Punkte umfasst. Es geht vor allem um drei Knackpunkte:

Territorium: Keine Fortschritte

Russland fordert Gebietsabtretungen der Ukraine, die für das angegriffene Land nicht akzeptabel sind. Es geht dabei insbesondere um Gebiete in der Ostukraine, die die ukrainische Armee noch kontrolliert. Es gibt zwar Lösungsansätze, aber wirkliche Bewegung ist auch nach dem Treffen in Berlin noch nicht in Sicht.

Sicherheitsgarantien: Nahe an Artikel 5 der Nato?

Selenskyj hatte schon auf dem Weg nach Berlin seine Einsicht erkennen lassen, dass ein Nato-Beitritt für ihn derzeit aussichtslos ist. Als neues Verhandlungsziel gab er verbindliche "bilaterale Sicherheitsgarantien" mit den USA und anderen Ländern aus. Sie sollten in etwa dem Artikel 5 des Nato-Vertrages entsprechen, der militärischen Beistand im Angriffsfall garantiert. "Das ist bereits ein Kompromiss von unserer Seite", teilte Selenskyj mit. Aber wie das umgesetzt werden soll, ist völlig offen.

Merz sagte nicht genau, was er mit den großen Fortschritten bei diesem Thema meint. Die US-Seite sprach von einem Sicherheitspaket, in dem Regeln in Anlehnung an Artikel 5 im Nato-Vertrag vorgesehen seien. Was das genau bedeutet, blieb ebenfalls unklar. Artikel 5 sieht vor, dass ein bewaffneter Angriff gegen ein Nato-Mitglied als ein Angriff gegen alle angesehen wird.

Von ähnlichen Garantien für die Ukraine ist schon länger die Rede. Im August hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesagt: "Wir begrüßen die Bereitschaft von Präsident Trump, zu Artikel 5-ähnlichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine beizutragen."

Die Europäer machten sich bei ihrem Gipfel am Abend für eine multinationale Truppe zur Absicherung eines Waffenstillstands in der Ukraine stark. Die von Europa geführte und den USA unterstützte Truppe werde die ukrainischen Streitkräfte unterstützen sowie die Sicherheit des Luftraums und der Meere gewährleisten, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Dies solle "auch durch Operationen innerhalb der Ukraine" geschehen, hieß es ausdrücklich weiter. Russland lehnt den Einsatz von Truppen zur Überwachung eines Waffenstillstands bisher kategorisch ab.

Finanzen: Merz erhöht Druck bei russischem Vermögen

Die dritte zentrale Frage ist die der finanziellen Unterstützung der Ukraine. Die Europäer wollen das in der EU eingefrorene Vermögen der russischen Staatsbank von etwa 185 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Ukraine nutzen. Ohne dieses Vermögen könnten die finanziellen Möglichkeiten der Europäer bald an ihre Grenzen kommen. Und bei US-Präsident Trump gibt es ohnehin keinerlei Bereitschaft mehr, für den Krieg Geld auszugeben.

Auf einem Wirtschaftsforum bezeichnete Merz die Frage des russischen Vermögens als "Schlüsselfrage" für die EU, die jetzt gelöst werden müsse. Wenn das nicht geschehe, sei die Handlungsfähigkeit Europas über Jahre "massiv beschädigt".

Bei dem Thema geht es auch für Merz persönlich um viel. Er hat die führende Rolle unter den Befürwortern einer Nutzung des russischen Vermögens eingenommen. Erfolg oder Misserfolg werden daher auch mit seiner Person verbunden sein.

Erfolg für Merz: Europäer sitzen jetzt so richtig am Tisch

Als Erfolg kann Merz nun allerdings erst einmal verbuchen, dass das Ukraine-Treffen in Berlin stattgefunden hat. Damit wurde manifestiert, dass die Europäer eine Rolle bei den Verhandlungen über die Ukraine spielen – und nicht einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.

Es war das erste größere Ukraine-Treffen unter Beteiligung der USA, der Ukraine und der führenden Europäer in einem EU-Staat seit dem neuen Vorstoß Trumps für eine Friedenslösung im November.

Was ist mit Russland?

An den USA liegt es nun, die Ergebnisse mit Russland weiter zu diskutieren. Der Kreml hielt sich dazu zunächst bedeckt. Sprecher Dmitri Peskow sagte, Russland sei über die Gespräche bisher nicht unterrichtet worden. "Erst danach, wenn sie ihre Arbeit abgeschlossen haben, erhalten wir von unseren amerikanischen Gesprächspartnern die Sichtweise, die heute erörtert wird."

Auf die Frage, ob eine Friedenslösung bis Weihnachten gefunden werden könne, sagte Peskow nur, dass er keine konkreten Daten nennen wolle.

© dpa‍-infocom, dpa:251215‍-930‍-425520/10

Schlagworte: Friedrich Merz, Wolodymyr Selenskyj, Donald Trump

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