Sie ließ Kinderträume wahr werden

Viele erinnern sich an das Spielwarengeschäft "Tante Roselies": Heute wird Roselies Anschütz, geborene Engelhard, 75 Jahre alt.  

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OFFENBURG. "Tante Roselies" wird heute 75 Jahre alt. Es gibt wenige, die sie unter ihrem richtigen Namen kennen: Roselies Anschütz, geborene Engelhard. Doch bei vielen Offenburgern werden Erinnerungen an die Kindheit wach und an die Schätze und Wirklichkeit gewordenen Träume, die Tante Roselies in ihrem Spielwarengeschäft anbot. Sie war Ansprechpartnerin für die kaputte Modelleisenbahn und konnte bittenden Kinderaugen nicht widerstehen, wenn der Geldschein in der Hand noch nicht reichte für eine neue Lokomotive. Tante Roselies vertraute darauf, dass das Kind den Restbetrag mit dem durch Kegelaufstellen noch zu verdienenden Geld regelmäßig abzahlen werde. Die Jubilarin hatte diese Geschichte längst vergessen, bis Jahre später ein inzwischen älter gewordener Herr sie darauf ansprach und sich nochmals bedankte.

"Entweder ich heirate einen Zirkusdirektor oder ich lerne fliegen." Roselies Anschütz

Geboren wurde Roselies Engelhard in Stuttgart, kam aber bereits im Alter von zwei Jahren nach Offenburg, weil ihr Vater Otto Engelhard in der Straßburger Straße den Getränkehandel seines Vaters übernommen hatte. Auch in der nächsten Generation blieb der Getränkehandel in der Familie. Der Bruder von Roselies, Peter Engelhard, ehemaliger Stadtrat und in Offenburg ebenso bekannt wie seine Schwester, setzte die Tradition fort. Die 75-Jährige erzählt, dass sie "mehr oder weniger gern" in die Schule gegangen sei. So kam es ihr sehr entgegen, dass während der Kriegsjahre in der Handelsschule nur an einem hal-ben Tag in der Woche Unterricht war.

Nach dem Abschluss absolvierte sie eine kaufmännische Lehre bei ihrem Vater. Auf seine Frage, was sie einmal werden möchte antwortete sie: "Ent-weder heirate ich einen Zirkusdirektor oder ich lerne fliegen". Da aber gerade kein Zirkus in Offenburg und das mit dem Fliegen auch nicht so einfach war, volontierte sie im Kaufhaus Union in Stuttgart in der Spielwarenabteilung.

Als auf Initiative ihres Vaters die schon vor dem Krieg geplante Geschäftsreihe am Bahnhof gebaut wurde, konnte seine Tochter hier im Jahr 1950 ein Spielwarengeschäft eröffnen. Das Geschäftsgebäude war nur als Provisorium gedacht, aber wie bei so vielen Provisorien dauerte es über 45 Jahre bis das Ende mit dem Abriss beim Bau des ZOB kam. Im Lauf der Jahre wurden die Räume zu klein, es fehlte ein Keller zum Lagern und so eröffnete Roselies in der Hauptstraße 25 unter dem Namen "Tante Roselies" ein neues Geschäft.

1965 heiratete sie Paul Anschütz, der ihr zuliebe sein Feinkostgeschäft in Marburg aufgab und sich ganz schnell in die Spielwarenbranche einarbeitete. Sein Hobby war das Singen bei der "Concordia", wo er Kassenwart war. Als er erkrankte gaben die Eheleute 1977 schweren Herzens das Spielwarengeschäft auf. Im Jahr 1980 starb Paul Anschütz. Kinder hatte das Ehepaar nicht.

"Ich habe ein Ersatzkind", sagt Roselies Anschütz und streichelt liebevoll ihren Hund, den sie aus dem Tierheim geholt hat. Für Reisen hat sie nicht viel übrig. Seit Jahren fährt sie jedoch regelmäßig an den Starnberger See zu ihren Freunden, dem Fernsehregisseur Dieter Pröttel und seiner Frau Birte, die ebenfalls aus Offenburg stammen. Früher betreute sie die Kinder des Ehepaares während deren Abwesenheit und heute hütet sie nur noch das Haus. In der Wohnung sind viele Erinnerungsstücke zu entdecken: Steiff-Tiere, vergoldete Lokomotiven und das Modell eines Schienenzeppelins, der 1931 bei einer Probefahrt von Hamburg nach Berlin eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 157 Stundenkilometer schaffte. Er wurde nie eingesetzt. "Vielleicht, weil der Propeller die Leute vom Bahnsteig fegte", stellt Roselies Anschütz lachend fest.

Falls die Straßenverhältnisse es zulassen, wird sie heute mit ihrem Bruder im Schwarzwald ihren Geburtstag feiern.

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