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"So dünn wie ein Geschirrtuch"

  • Luca Fehrenbacher, Klasse 9c, Max-Planck-Gymnasium & Lahr

  • Mi, 23. Dezember 2015, 15:07 Uhr
    Schülertexte

     

Früher zogen Männer den Degen, um sich mit anderen Menschen zu duellieren – auf Leben und Tod versteht sich. Heute ist das Fechten eine Sportart wie jede andere auch. Nur dass sie nicht so populär ist wie Fuß- oder Handball. Deshalb interviewte Zischup-Reporter Luca Fehrenbacher aus der Klasse 9c des Max-Planck-Gymnasiums in Lahr seine nicht mehr ganz junge Fechtlehrerin Helga Eiermann. Helga Eiermann ist 1932 geboren und lebt mit ihrem Mann in Kippenheim.

Früher zogen Männer den Degen, um sich mit anderen Menschen zu duellieren – auf Leben und Tod versteht sich. Heute ist das Fechten eine Sportart wie jede andere auch. Nur dass sie nicht so populär ist wie Fuß- oder Handball. Deshalb interviewte Zischup-Reporter Luca Fehrenbacher aus der Klasse 9c des Max-Planck-Gymnasiums in Lahr seine nicht mehr ganz junge Fechtlehrerin Helga Eiermann. Helga Eiermann ist 1932 geboren und lebt mit ihrem Mann in Kippenheim.

Zischup: Was sagen Ihre Altersgenossen und Altersgenossinnen dazu, dass Sie noch fechten?
Eiermann: Sie wundern sich natürlich darüber (lacht). Aber was soll ich denn sonst machen? Etwa den ganzen Tag auf dem Sofa sitzen?
Zischup: Wie sind Sie zum Fechten gekommen?
Eiermann: Um ehrlich zu sein, aus Wut. Ich habe zwei Jahre in München gearbeitet und mein Vater wollte unbedingt, dass ich zurückkomme, um ihn in seiner Arztpraxis zu unterstützen. Beim dortigen Fechtverein begann ich dann 1954 zu trainieren. In dieser Zeit gab es keine Turnhallen, in denen man regelmäßig fechten konnte. Darum mussten wir an den unmöglichsten Orten fechten, wie zum Beispiel in Gaststätten, Kellern und in Badehäusern. Das war eine schlimme Zeit. Aber man hat sich auch zusammengehörig gefühlt.
Zischup: Trotzdem sind Sie bis heute dem Fechten treu geblieben. Wie war Ihr Werdegang?
Eiermann: 1954 hatte ich mit dem aktiven Fechten begonnen. Danach habe lange Zeit bei Turnieren einzeln oder in Mannschaften gefochten. 1958 wollte ich unbedingt beim Turnfest in München teilnehmen und dafür musste man Friesenkampf, das entspricht in etwa dem heutigem Fünfkampf, machen. Das heißt in den Disziplinen Schleuderball, Fechten, Rennen, Schwimmen und Kugelstoßen. Von insgesamt 30 Teilnehmern wurde ich Zweite. Anfang der siebziger Jahre habe ich den Übungsleiterschein gemacht. Und seit 1980 bis heute bin ich Trainerin im Fechtverein TV Lahr. Einmal hatte ich mich auch für die deutsche Meisterschaft qualifiziert, konnte dann aber nicht daran teilnehmen. In der Zeitung stand – und ich zitiere jetzt: Sie hatte keine Stahlweste.
Zischup: Wieso Stahlweste? Ist Fechten so gefährlich?
Eiermann: Früher stand im Mittelpunkt das Töten. Somit war das Fechten natürlich gefährlich. Dann gab und gibt es das Studentenfechten. Hier kämpften zwei Fechter auf Mensur. Das bedeutet, dass sie sich aufgrund von wenig Schutz verletzen konnten. Wenn ein Studentenfechter eine Narbe im Gesicht hatte, war er darauf stolz.
Zischup: Wie hat sich das Fechten zum Sport entwickelt?
Eiermann: Der eigentliche Wandel vom historischen Fechten zum Sportfechten hat um 1850 stattgefunden. Auch hier gab es am Anfang nur wenig Körperschutz. Ich habe noch eine Fechthose, die so dünn wie ein Geschirrtuch ist. Für den Oberkörper gab es schon gepolsterte Jacken. Die Frauen hatten einen besonderen Brustschutz. Da kam dann der Kampfrichter und klopfte mit dem Hammer, um zu hören, ob sie auch tatsächlich einen Brustschutz trugen. Die Sicherheit für die Fechter hat sich mit der Zeit zum Glück verbessert. Das Fechten kann aber trotz Kleiderschutz noch ziemlich wehtun. Ich habe einmal an einem Säbeltraining teilgenommen. Da hat mir ein Engländer aber zwei Mal so über den Rücken gehauen, dass ich dachte: Nee, komm, das lass mal lieber. Ich bin dann auch beim Florett geblieben.
Zischup: Wie hat Fechten Ihr Leben beeinflusst?
Eiermann: Beim Fechten lernt man sich zu wehren. Wenn ich mit dem Fahrrad von Friesenheim nach Lahr gefahren bin, hatte ich das Florett in der Hand, und wenn einer gekommen wäre – zuschlagen. Durch das Fechten kam ich auch zum Friesenkampf und beherrschte somit viele Sportarten. Meine drei Kinder haben auch gefochten und waren sogar deutsche Meister im Friesenkampf. Außerdem musste ich mich für den Fechtsport fit halten. Ich gehe im Sommer jeden Tag schwimmen. Als Trainerin im TV Lahr kann ich bis heute mein Wissen weitergeben.
Zischup: Und warum sollte man fechten?
Eiermann: Fechter sind die besten Autofahrer (schmunzelt)!

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 18. Dezember 2015: PDF-Version herunterladen

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