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Heimkommen

Steffen Disch lebt und kocht gerne in Freiburg

Ulrike Ott
  • Di, 22. Dezember 2020, 18:30 Uhr
    Verlagsthema

     

Verlagsthema Er ist ein Meister am Herd: Steffen Disch hat in angesehenen Restaurants in Berlin und München gekocht und die Küchen der Welt bereist, bevor er sein Glück in der Heimat fand.

Foto: Raben/Horben
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Steffen Disch war schon immer Koch aus Passion. Um noch mehr berufliche Erfahrungen zu sammeln, zog es ihn auch zunächst weg aus dem Breisgau. In sehr renommierten Restaurants in Berlin, München und zuletzt im Kleinwalsertal. Er war aber auch ein kulinarischer Weltenbummler. Kaum hatte er einmal ein paar Wochen oder Monate freie Zeit am Stück, packte er seinen Rucksack und machte sich auf: nach Australien, USA, Südafrika und vor allem nach Asien. Immer auf der Suche nach Geschmack, Aromen und Ideen für seine eigenen Kreationen am Herd.

Vor rund 16 Jahren ist er zurückgekommen in seine südbadische Heimat. Nicht etwa, weil er ausgeprägtes Heimweh gehabt hätte. Nein. Aber ganz bewusst und – das war wohl der Hauptgrund – voller Freude auf die neue Selbstständigkeit. Die bot sich damals nämlich in Horben an. In der kleinen Gemeinde – privilegiert gelegen quasi über den Dächern von Freiburg – konnte das Bobbele den Raben übernehmen.

Das ist ein Gasthaus, das schon mehrere hundert Jahre auf dem Buckel hat und mit seinen rustikalen Mauern der Inbegriff ist von Schwarzwälder Tradition, von Behaglichkeit und südbadischer Gastfreundschaft. Behutsam und mit viel Respekt vor der historischen Substanz wurde das geschichtsträchtige Gebäude renoviert. Seinen besonderen Charme hat es dabei behalten, und auch für die Feinschmecker wird seither eine Karte gestaltet, die sich an Regionalität und Nachhaltigkeit orientiert und davon zeugt, dass sich der Küchenchef seiner Wurzeln durchaus bewusst ist. Weiderind gibt es beispielsweise, Saibling oder gebackenes Landei. Die Produkte stammen, so gut es geht, aus der Gegend, die Rezepturen scheinen einfach und sind doch raffiniert. Die Menüs passen in die Region, sollen jedoch wandlungsfähig sein und Weltoffenheit präsentieren.

So gibt es neben innovativ Badischem auch Gerichte mit exotischen, meist asiatischen Elementen. Und das allesamt auf Top-Niveau – seit 2007 gehört Steffen Disch in den Kreis der Jeunes Restaurateurs d’Europe (JRE), hat aber auch andere Weihen. Seit 2013 ist er mit dem begehrten Michelin-Stern ausgezeichnet, was zahlreiche Feinschmecker hoch nach Horben lockt. Wobei es natürlich auch entspannt zugeht in dem Ort, der ländliche Idylle zu Füßen des Freiburger Hausbergs Schauinsland fast schon bilderbuchhaft in Szene setzt. "Ich lebe gerne in meiner Schwarzwälder Heimat", sagt Disch überzeugend und frei von Gefühlsduselei.

Er reflektiert dabei allerdings nicht so sehr auf Erinnerungen an Kindheit und Jugendjahre, sondern darauf, dass der Freizeitwert in der Region so unglaublich hoch ist. Freiburg als Stadt, die reizvolle und vielfältige Landschaft im Umland, die Produzenten und Winzer mit ihren Produkten, Feldberg und Co. sowie die Alpen nah zum Skifahren und überhaupt die Lage im Südwestzipfel der Republik mit den Einflüssen der Nordwestschweiz und dem Elsass. Auch Italien mit den kulinarischen Besonderheiten ist nicht weit. "Es fehlt uns nur das Meer, alles andere gibt es doch", meint Disch.

Für den 48-Jährigen, der als Kind eigentlich Pilot werden wollte und dann doch im Freiburger Vorzeigehaus Colombi bei Alfred Klink eine Kochlehre machte, hat sich die Entscheidung, mit seiner Familie wieder im genussfreudigen Südbaden zu leben, mehr als richtig erwiesen. Lediglich München oder Hamburg als ebenfalls attraktive Städte wären für ihn noch in Frage gekommen, jetzt sei halt doch Freiburg daraus geworden. "Der Raben hat den Ausschlag gegeben", fügt er an.

Bei aller Begeisterung für die hierzulande hohe Lebensqualität ist herauszuhören, dass dem 48-Jährigen der Blick über den Tellerrand ein wichtiger ist. Dazu passt auch sein neues Restaurant, das er im vergangenen Sommer in der Freiburger Innenstadt eröffnet hat. In einem denkmalgeschützten Gemäuer direkt neben der Markthalle ist der Sternekoch eine sehr viel stärker als im "Raben" ausgeprägte Symbiose aus regionaler Küche und asiatischen Gerichten eingegangen. Das zeigt sich schon am Namen: Das Lokal heißt nämlich Kuro Mori. Das ist japanisch und bedeutet "Schwarzer Wald". Sozusagen Schwarzwald meets Asien oder besser noch Sashimi trifft auf Horbener Ziegenfrischkäse, Wasabi auf Rauke. Schwarzwälder Miso (das ist eine auf japanischen Rezepturen basierende Gewürzpaste) wird verkauft. Disch schwärmt von der asiatischen Küche mit ihren frischen leichten Gerichten und den exotischen Gewürzen. Auf seinen Reisen nach Asien habe ihn die Küche dort stark beeindruckt. Im Kuro Mori will er ungezwungenes Essen anbieten, in dem nicht klassische Menüs im Vordergrund stehen, sondern Speisen in Zwischengerichtsportionen, damit mehrere probiert werden können. Ein junges Team brutzelt und rührt in einer offenen Küche in den Töpfen.

Sinnbildlich für das Miteinander von Schwarzwald und Asien sind drei große Gemälde im Eingangsbereich des Restaurants. Riesige Rehe im japanischen Kimono sind darauf zu sehen. Originell ist das und passt zum Ambiente mit hohen Steinmauern und der Lichtkuppel über einer begrünten Wand. Das Restaurant könnte durchaus auch einer Großstadt entliehen sein. Steffen Disch ist gerne nach Südbaden zurückgekehrt, will aber die Welt im Blick behalten. Und weiterhin gut kochen. Badisch, deutsch und international.
Wer sich jetzt überlegt, nach Südbaden zurück zu kehren, kann sich hier nach den passenden Stellenangeboten umschauen.

Ressort: Verlagsthema

Dossier: Heimkommen

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 24. Dezember 2020: PDF-Version herunterladen

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