Schokolade vs. Haferriegel

Streit ums Quadrat: Ritter Sport droht Schlappe vor Gericht

Quadratisch, praktisch - zu ähnlich? Ritter Sport sieht durch einen Riegel seine Marke verletzt und verklagt eine kleine Firma. Das Gericht ist nicht überzeugt - und schlägt eine andere Lösung vor.  

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Ritter Sport sieht nach eigenen Angaben seine dreidimensionale Marke bedroht. (Archivbild) Foto: Uwe Anspach/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Stuttgart/Mannheim (dpa) - Der Haferriegel des Mannheimer Unternehmens Wacker schmeckt süß, ist weich, mit Stücken von Kakaobohnen. Außerdem enthält er getrocknete Datteln, Vollkorn-Haferflocken und Haselnussmus. Auf der Verpackung steht "Monnemer Quadrat Bio". "Die Mannheimer Innenstadt ist ja in Quadraten angeordnet", erklärt Gründer Matteo Wacker. "Wir fanden die Idee einfach cool, zu sagen, es gibt ein Mannheimer Quadrat - also dieses Quadrat in der Innenstadt - zum Snacken." 

Die Verpackung des quadratischen Haferriegels erinnert allerdings an die der quadratischen Ritter-Sport-Tafel - obwohl sie kleiner als die klassische 100-Gramm-Version ist und die Seitenlaschen länger. Vor einem Jahr brachte das junge Familienunternehmen mit seinen rund 30 Mitarbeitern das Produkt auf den Markt. Im Januar erhielten Wacker dann Post vom Schokoladenhersteller.

Dreidimensionale Marke bedroht?

Das Unternehme aus dem schwäbischen Waldenbuch sieht seine Markenrechte bedroht. Eine Klage auf Unterlassung folgte im Sommer. Der Haferriegel verletzt nach Ansicht von Ritter Sport die seit 1996 für den Hersteller markenrechtlich geschützte Verpackung. "Diese dreidimensionale Verpackungsform ist eine der bekanntesten Marken Deutschlands und zentrales Wiedererkennungsmerkmal", sagt eine Sprecherin. Ritter Sport verlangt dem Landgericht Stuttgart zufolge unter anderem, dass Wacker die bislang verwendete Verpackung nicht weiter nutzen und bereits ausgelieferte Ware zurückrufen soll.

"So eine Klage ist natürlich extrem belastend", erzählt Wacker. 2017 hat der Wirtschaftsinformatiker mit seiner Frau Melanie die Firma mit der Marke "bleib wacker" gegründet. Die Idee dahinter: Möglichst unverarbeitete Lebensmittel herzustellen. Mittlerweile habe das Unternehmen mehr als 120 Produkte im Angebot - von Fertigsuppen bis Fruchtriegel. 

Das "Monnemer Quadrat Bio" wird bei Ulm hergestellt, in Mannheim abgepackt und von dort ausgeliefert. Am Anfang verkaufte Wacker nach eigenen Angaben 12.000 der Haferriegel in rund zwei Monaten - vor allem online. Mittlerweile sei die Produktion wegen des Rechtsstreits zurückgefahren worden. Zum Umsatz der GmbH macht Wacker keine Angaben. Das Unternehmen sei profitabel.

Ritter-Sport-Verpackung ist geschützt

Die Basis für die Klage: Für die Alfred Ritter GmbH & Co. KG ist beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Art Blanko-Verpackung registriert. Neutral ohne Aufdruck, aber mit den typischen Seitenlaschen und der Längsnaht zum Knicken auf der Rückseite, wie das Amt bestätigt. Später ließ Ritter Sport neben der klassischen 100-Gramm-Tafel auch noch die "Minis" eintragen. 

Ritter Sport hat auch schon in der Vergangenheit seine Markenrechte vor Gericht verteidigt. Mit dem Konkurrenten Milka stritt sich das Unternehmen bis in die höchste Instanz - und siegte im Jahr 2020 vor dem Bundesgerichtshof. Dabei ist Ritter Sport nicht die einzige Schokolade in quadratischer Verpackung auf dem Markt: Der Hersteller Hosta hat schon lange eine Kokosschokolade namens Romy auf dem Markt - quadratisch in der großen 200-Gramm-Variante. Bei dieser Marke verweist Ritter Sport auf Bestandsschutz: Romy sei schon auf dem Markt gewesen, als die quadratische Verpackungsform geschützt wurde.

Schwaben befürchtet Markenkollision

Obwohl es sich bei dem Produkt aus Mannheim um einen Haferriegel handelt, befürchtet Ritter Sport eine Markenkollision. Bei Schokolade und Müsliriegeln handelt es sich der Sprecherin zufolge um ähnliche Waren, die von der gleichen Zielgruppe zum selben Anlass gegessen würden. Problematisch sei neben der Verpackung aber die Verwendung des Wortes "Quadrat" im Produktnamen.

Wacker hält dagegen. Anwältin Tamara Moll teilte mit, dass sich der Haferriegel grundlegend von klassischer Tafelschokolade unterscheide. "Es handelt sich nicht nur um verschiedene Warenarten, sondern auch um unterschiedliche Zielgruppen und Konsumanlässe." 

Ritter Sport droht Schlappe in erster Instanz

Nun trafen die beiden Parteien zum ersten Mal vor Gericht aufeinander. Dort ging es im Wesentlichen um zwei Fragen: Besteht für Kunden die Gefahr, die beiden Produkte zu verwechseln? Und haben die Mannheimer den Ruf von Ritter Sport gezielt ausgenutzt, um davon zu profitieren? 

Nach der vorläufigen Einschätzung der zuständigen Kammer des Landgerichts Stuttgart ist beides nicht der Fall. Verbraucher könnten zwischen Haferriegeln und Tafelschokolade unterscheiden, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Kochendörfer. Außerdem handle es sich bei der Verpackung von Wacker nicht "um die fleischgewordene Formmarke der Klägerseite". Zum jetzigen Zeitpunkt überzeuge die Argumentation der Beklagtenseite mehr, sagte Kochendörfer. Daher tendiere man dazu, die Klage abzuweisen. 

Gericht bringt Vergleich ins Spiel

Falls es tatsächlich dazu kommt, dürfte die Sache aber noch lange vom Tisch sein. Ritter-Sport-Anwalt Andreas Schabenberger widersprach der Auffassung der Kammer deutlich - und kündigte an, den Rechtsstreit fortzusetzen, falls Wacker an der quadratischen Form festhält.

Richter Kochendörfer rief die beiden Parteien daher zu einem Vergleich auf. Egal, wie die Kammer entscheide: Die Gegenseite werde in Berufung gehen, sagte er. Der Rechtsstreit könnte sich über Jahre hinziehen. Vielleicht ließe sich bei der Gestaltung der Verpackung eine Lösung finden, um das abzuwenden. 

Ob es dazu kommt, war zunächst nicht abzusehen. Bereits vor der Klage hatte es Gespräche über Änderungen an der Verpackung gegeben - ohne Ergebnis. "Die Kammer ist auf unserer Seite", sagte Wacker. Man wolle keinen langen Rechtsstreit führen. Es widerstrebe ihm aber, einen Vergleich zu schließen, der das Produkt komplett verändere - nur, um das Verfahren schnell zu beenden. 

Einigen sich Ritter Sport und Wacker?

"Meine Frau und ich haben ein sehr ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden", sagte Wacker. Man sei davon überzeugt, dass man nichts Unrechtes tue. Da könne man nicht einfach klein beigeben. Für Wacker wäre eine Fortsetzung nicht ohne Risiko: Bis zur dritten Instanz könnten die Prozesskosten für das Unternehmen nach eigenen Angaben bei um die 80.000 Euro liegen. Viel höher könnten aber mögliche Schadensersatzforderungen sein. Außerdem gäbe es Kosten für Rückruf und Vernichtung der Ware. 

Anwalt Schabenberger zeigte sich in diesen Punkten gesprächsbereit: Ritter Sport gehe es hauptsächlich um die Änderung der Verpackung. Auf andere Ansprüche - zum Beispiel auf Schadenersatz - wäre man bereit, zu verzichten. Wacker sagte nach der Verhandlung, dass man in Ruhe über einen Vergleich beraten werde. Zeit, sich zu einigen, haben die Parteien bis zum 13. Januar. Dann will das Landgericht seine Entscheidung verkünden.

© dpa‍-infocom, dpa:251118‍-930‍-306177/2

Schlagworte: Matteo Wacker, Ritter-Sport-Anwalt Andreas Schabenberger, Thomas Kochendörfer

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