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Für Kinder

"Karlsson vom Dach" im Werkraum des Theaters Freiburg

  • Di, 21. Februar 2017, 00:00 Uhr
    Theater

Bei "Karlsson vom Dach" auf der Werkraum-Bühne des Theater Freiburg wird nicht entlang von Buch und Film erzählt, sondern als wildes Theaterspektakel mit viel Lärm und Musik.

Karlsson (Gesa Bering) und Lillebror (Benedikt Grubel)   | Foto: Maurice Korbel
Karlsson (Gesa Bering) und Lillebror (Benedikt Grubel) Foto: Maurice Korbel
"Ich bin ein schöner und grundgescheiter und gerade richtig dicker Mann in meinen besten Jahren." So vollmundig präsentiert sich Astrid Lindgrens Kinderbuchfigur in drei Romanen. Und weil dieser Karlsson auch sonst ein aufgeblasener Wichtigtuer und Besserwisser ist, entert er die Werkraum-Bühne im Freiburger Theater erst mal ganz alleine: "Mein Stück, meine Schauspieler, mein Text!", verkündet Gesa Bering herrisch am Mikrofon und lässt als exzentrische Regisseurin die anderen nach ihrer Pfeife tanzen. Das ist schon wieder so unverschämt, dass es Spaß macht.

Wie "Pippi Langstrumpf" ist auch "Karlsson vom Dach" eine Lindgrensche Allmachtsfantasie aus den braven 50er Jahren: ein anarchischer Antiheld, dessen Ego so groß ist wie sein Maul, in das er sich immer das größte Stück vom Kuchen stopft. Außerdem kann er mit seinem Rücken-Propeller über die Stockholmer Dächer flitzen und ist überzeugter Messie. Letzteres ist ein Angelpunkt für die Gemeinschaftsinszenierung von Benedikt Grubel, Michael Kaiser, Jan Paul Werge und Gesa Bering: Was dieser Karlsson so an Kram und Plunder in seinem Dachhäuschen gebunkert hat, bringt Ausstatterin Caroline Stauch nach und nach mit gigantischen, verrückten und tönenden Schrottmaschinen á la Jean Tinguely auf die Bühne.

Die ist anfangs noch ganz leer. Im Dämmerlicht lassen die Spieler Holzflügel an langen Seilen sausen, bis lauter Propellersound den Raum erfüllt. Dann stellt Karlsson die Charaktere vor: Ohne Kostüme und Requisite, dafür mit viel Witz und Wiedererkennungswert schlüpfen die Spieler in ihre Rollen, sind mal pubertäre Zickenschwester, mal leicht hysterische Mama oder Familienoberhaupt mit Papa-Sprüchen. Benedikt Grubel gibt den Lillebror: Sieben Jahre alt, etwas schüchtern, etwas einsam. Herzenswunsch: Ein eigener Hund als bester Freund. Stattdessen flattert ihm der dicke Karlsson durchs Kinderzimmerfenster, gibt an wie eine Tüte Mücken und macht seine Dampfmaschine kaputt. Karlssons einziger Kommentar dazu: "Das stört keinen großen Geist". – Ein Kotzbrocken! Da hätte man sich wirklich lieber einen Hund gewünscht.

Wie diese beiden konträren Figuren aneinander wachsen, wird in den folgenden siebzig Minuten sehr kreativ in Szene gesetzt: Statt klassischem Kindertheater kreieren die vier Performer Spiel-im Spiel-Situationen, bei denen sie Handlung und Figuren direkt vor den Augen der jungen Zuschauer entwickeln. Das ist teils zu episodenhaft, punktet aber durch Originalität und Lebendigkeit: Hier wird nicht entlang von Buch und Film erzählt, sondern als wildes Theaterspektakel mit viel Lärm und Musik. Letztere hat Jan Paul Werge komponiert, sie ist schräg wie ihre Instrumente: Ein geloopter Soundteppich aus Gartenschlauch-Trompete, Milchschäumer-Zitter, Schrott-Schlagzeug, Klavier, Akkordeon und mehr.

Zu sehen gibt es Schabernack und Höhenflüge Marke Karlsson: Mal veräppelt und vergrault er mit Lillebror den neuen Schwarm der Schwester, mal übertölpeln sie dusslige Diebe oder die gestrenge Babysitterin Bock, mal präsentiert er seine Mal-Maschine oder feiert spontan Geburtstag. Selten ist er nett, meistens furchtbar frech. Und das ist ansteckend: So bekommt Lillebror am Ende wirklich seinen Hund, hat viele Ängste verloren und einen Freund gewonnen. Karlsson sei Dank…
Weitere Termine unter http://www.theater.freiburg.de Ab 8 Jahren.

Ressort: Theater

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 21. Februar 2017: PDF-Version herunterladen

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