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Private Fahndung

Umstrittene Software fotografiert nach Handyklau

Oliver Huber
  • Di, 24. Februar 2015, 12:35 Uhr
    Computer & Medien

Es sind keine vorteilhaften Bilder, sie wirken eher wie missglückte Selfies: Zwei Fotos zeigen eine junge Frau mit Brille. Sie soll ein Handy gestohlen haben. Im Internet sucht eine Freiburgerin nach der vermeintlichen Diebin.

Handy weg – was nun?  | Foto: Oliver Huber
Handy weg – was nun? Foto: Oliver Huber
Auf Facebook forderte die Besitzerin des Smartphones, die Frau auf den Bilden solle das Gerät zurückgeben. Auf dem Smartphone befinde sich eine Anti-Diebstahl-Software, die Fotos mache, wenn die PIN zu oft falsch eingegeben wird. Der Aufruf der jungen Frau wurde innerhalb kürzester Zeit mehr als 1300-mal auf Facebook geteilt. Dabei ist eine solche Fahndung auf eigene Faust rechtlich problematisch.

"Offenbar wurde auf dem Smartphone eine Software installiert, die Fotos macht, sobald der PIN-Code falsch eingegeben wird. Das Gerät versendet die Bilder dann und die Eigentümerin hat sie auf Facebook geteilt", sagt BZ-Redakteur und Technik-Experte Matthias Weniger. Die Besitzerin wolle so wohl Druck auf die vermeintliche Diebin aufbauen und hoffe, dass jemand die Frau erkennt. "Aus rechtlicher Sicht ist die Herstellung der Bilder mit dem Smartphone wohl unkritisch, die Veröffentlichung und Verbreitung aber wohl. Es handelt sich bei der Frau ja höchstens um eine Verdächtige. Ob sie das Gerät gestohlen oder gefunden hat, lässt sich ja nicht einwandfrei feststellen", so Weniger weiter.

Selbst wenn es kurios klingt: Auch Kriminelle haben das Recht am eigenen Bild. Theoretisch könnte die Betroffene gegen die Veröffentlichung und Verbreitung der Bilder rechtlich vorgehen. Im Fall von Facebook ist es zudem extrem schwierig, einmal veröffentlichte Bilder zu entfernen, wenn sie erst einmal geteilt wurden. Die Löschung auf der eigenen Pinnwand schlägt nämlich nicht ohne weiteres auf die geteilten Inhalte durch. So verliert selbst der Urheber leicht die Kontrolle über die Aktivitäten.

"Sobald ein gewisser Grad an Öffentlichkeit erreicht ist, ist die Fahndung von Privatpersonen im Internet unzulässig. Bei dem beschriebenen Fall ist diese Grenze eindeutig überschritten. Eine Fahndung in einer geschlossenen Gruppen von vielleicht fünf Personen, wäre rechtlich weniger problematisch", sagt Steffen Irmler von der Freiburger Polizei. Die Bereitschaft, quasi mit einem Mausklick an einer Verbrechensbekämpfung mitzuwirken, sei sehr groß, im Zweifelsfall aber nicht erlaubt.

Aktivierungssperre als Schutz

Vermutlich handle es sich in dem Freiburger Fall um ein Android-Gerät. Apple gehe beim Thema Diebstahlschutz andere Wege, so Weniger. Mit iOS-7 werde die Aktivierungssperre automatisch eingeschaltet. Die Sperre verhindert, dass ein Unberechtigter das Gerät auf den Werkszustand zurücksetzt und damit nutzen kann. Ohne die Eingabe des Passworts, der so genannten Apple-ID, bleibt das Handy weitestgehend unbrauchbar.

Solange es eingeschaltet ist, bleibt es über die iCloud auffindbar. "Es kann sehr genau geortet werden. Erst unlängst hat es in Freiburg eine Hausdurchsuchung wegen eines gestohlenen Tablet gegeben," so Weniger. Die Diebe hatten unter anderem ein Tablet und Smartphones in einem Haus im Neubaugebiet in Hugstetten gestohlen. Die Ortung der Geräte führte die Ermittler schließlich zum einem Haus in Freiburg. Nach einer Hausdurchsuchung konnten die Täter festgenommen werden.

Student findet Dieb auf eigene Faust

Großes Glück hatte auch ein 26 Jahre alter Student aus Freiburg. Ihm war ebenfalls sein Handy gestohlen worden. Die Ortungsfunktion zeigte ihm das Gerät schließlich in einem Gebäudekomplex im Freiburg Stadtteil Haslach an. Der junge Mann macht sich auf eigene Faust auf die Suche. Er klingelte kurzerhand an den betreffenden Wohnungstüren und fragte nach. Schon nach der dritten Tür landete er mit seiner Methode einen Volltreffer. "Hat mein Sohn etwa schon wieder Handys geklaut?", antwortete eine erstaunte Mutter auf seine Nachfrage. Der 15-Jährige rückte das Handy schließlich heraus. Die Ortungsfunktion ist also ein starker Hebel zum Auffinden gestohlener Handys – auch wenn dieser Fall nicht unbedingt zum Nachahmen zu empfehlen ist.

Ist die Sicherheitsfunktion aktiviert?

Per Fernbedienung sind verschiedene Funktionen möglich, bis hin zur Löschung aller privaten Daten auf dem Handy. Auch eine andere SIM-Karte helfe den Dieben bei Apple-Produkten nicht. Anders sieht die Sache bei Android-Geräten aus. Hier muss eine entsprechende Sicherheitsfunktion zunächst aktiviert werden. Auch biete die Sperre keinen 100-prozentigen Schutz.

Jedes Gerät – Apple und Android - besitzt eine 15-stellige Identitätsnummer. Über die Tastenkombination *#06# lässt sich diese sogenannte IMEI-Nummer abrufen. Auch auf der Verpackung ist die Nummer vermerkt. "Doch kaum jemand kennt die Nummer und hat sie im Falle eines Diebstahls zur Hand. Politiker fordern schon länger eine zentrale Sperrdatei, in der die IDs gestohlener Handys gesammelt wird, doch diese gibt es bislang nicht", sagt Weniger. Zusammen mit einer Software ("Kill Switch") könnten die gestohlenen Handys per Knopfdruck aus der Ferne unbrauchbar gemacht werden.

Zugriff auf private Daten verhindern

Beim Diebstahl eines Handys raten Experten grundsätzlich, die Karte beim Mobilfunkanbieter sperren zu lassen. Dafür ist die IMEI-Nummer des Handys hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich. Durch die Sperrung wird verhindert, dass Diebe mit dem Handy teure Mehrwertnummern anrufen und dadurch eine hohe Rechnung verursachen.

"Der Diebstahl sollte außerdem immer bei der Polizei angezeigt werden. Es gibt durchaus Ermittlungsansätze", sagt Polizeisprecher Dirk Klose aus Freiburg. Einige Netzanbieter und Versicherungen schreiben eine entsprechende Anzeige vor. Auch der Polizei sollte die IMEI-Nummer genannt werden. Grundsätzlich sollte das Handy mit einer vierstelligen PIN oder ähnlichem gesichert werden. Ist das nicht der Fall, sollten zügig alle Passwörter von Apps und anderen Anwendungen geändert werden. So haben die Diebe keinen Zugriff auf E-Mails, Soziale Netzwerke und privaten Daten in der Cloud.

Für diejenigen, die nicht sicher sind, ob ihr Handy wirklich gestohlen wurde, lohnt sich auch der Gang ins Fundbüro. Kommunen, Verkehrsbetriebe oder die Deutsche Bahn sammeln verlorene Gegenstände. Bei der Bahn können Besitzer auch per Onlinedatenbank nach ihrem Mobiltelefon fahnden. Das Unternehmen sucht außerdem selbst anhand der IMEI-Nummer nach den Besitzern.

* Name von der Redaktion geändert
BZ-Veranstaltung zum Thema

Matthias Weniger hält am 24. Februar um 19.30 Uhr einen Vortrag zum Thema "Wie wird das Smartphone sicher?" In diesem Zusammenhang werden verschiedene Sicherheitsmethoden für Apple- und Android-Besitzer verständlich vorgestellt. Ort ist das BZ-Haus in der Bertoldstraße 7 in Freiburg. Ticketinfos gibt es über die Telefonnummer 0761/496-8888.

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Ressort: Computer & Medien

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 27. Februar 2015: PDF-Version herunterladen

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