Radbranche

"Unser Sortiment ist so klein, wie es noch nie war"

Ingo Gottschalk vom Freiburger Fahrradladen "Die Radgeber" spricht im Interview über den Fahrradmarkt im Fokus der Corona- und Energiekrise.  

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Ingo Gottschalk im Laden „Die Radgeber“ Foto: Privat Genehmigung zu den Fotos liegt vor.
Das Fahrrad: Ein Verkehrsmittel, welches in den letzten Jahren oft im Gespräch war, und es immer noch ist. Zwischen dem Klimawandel und der Corona-Krise hat sich der Fahrradmarkt stark verändert. Die Nachfrage nach Rädern als krisensicheren Fortbewegungsmitteln und auch als Sportgerät ist während der Pandemie rasant gestiegen. Insbesondere E-Bikes sind gefragter denn je. Gleichzeitig belasteten die Einschränkungen nicht nur den Verkauf, sondern auch die Produktion und die Lieferketten von Neurädern und Ersatzteilen, sodass der verstärkten Nachfrage ein sehr eingeschränktes Angebot gegenüberstand. Diese Lage hat sich bis heute nicht entspannt, viele Läden und Händler warten immer noch auf Lieferungen aus dem letzten Jahr. Die Preise steigen schnell.

Ingo Gottschalk, ein Mitarbeiter aus der Freiburger Fahrradwerkstatt "Die Radgeber", Habsburgerstraße 9, äußert sich in einem Interview über dieses Thema.

Zischup: Haben Sie die Situation mit Corona im Laden direkt mitbekommen?

Gottschalk: Ja, natürlich haben wir das gemerkt. Wären wir nur Einzelhandel gewesen und hätten ausschließlich Fahrräder verkauft, dann hätten wir wahrscheinlich länger nicht verkaufen dürfen. Dadurch, dass wir aber in unseren beiden Läden jeweils eine angeschlossene Werkstatt haben, mussten wir eigentlich gar nicht schließen. Unsere Läden waren in den zwei Jahren der Pandemie effektiv nur zirka zwei Wochen geschlossen. Das erste Jahr 2020 war wirtschaftlich noch das Bessere. Und das zweite Jahr lief auch noch ganz gut, weil die Nachfrage nach Fahrrädern und Reparaturen rasant in die Höhe gegangen ist. Wir haben die ganze Zeit wahnsinnig viel zu tun gehabt. Ab der Mitte des zweiten Jahres, also 2021, hat man dann schon deutlich gemerkt, dass Ersatzteile gar nicht mehr so leicht zu haben waren, auch solche, die man für die Fahrradreparatur ständig braucht, wie zum Beispiel die Ritzel oder die Kette. Teilweise war die Liefersituation so, dass gar nichts mehr ging. Es gibt tatsächlich Sachen, die wir immer noch nicht nachgeliefert bekommen haben, aber insgesamt hat es den Betrieb nicht komplett ausgebremst.

Zischup: Haben sich die Kosten von Bauteilen und Fahrrädern stark verändert?

Gottschalk: Generell war der Trend auch schon vorher. Die Pandemie-Situation hat eigentlich den Fahrradmarkt nur durch das Fehlen von Fahrrädern belastet. Die Teile sind vorher auch schon immer teurer geworden. Billiger wird nie etwas. Die Entwicklung hat sich durch Corona nur einfach immer schneller fortgesetzt.

Zischup: Gab es oft zu viele Anfragen und mussten Sie neue Leute einstellen?

Gottschalk: Wir haben nicht aufstocken müssen. Es sind Leute gegangen und gekommen in der Zeit. Aber wir mussten nicht extra neue Mitarbeiter einstellen. Es war aber ein ganz anderer Betrieb: Weil der Fahrradverkauf anfangs so eingeschränkt war, haben wir wahnsinnig viele Reparaturen gemacht. Also haben auch Mitarbeiter mitrepariert, die eigentlich nur im Verkauf arbeiten. Im zweiten Jahr, als das mit den Fahrradverkäufen rasant in die Höhe gegangen ist, waren die Reparaturen nicht mehr so wahnsinnig angesagt.

Zischup: Haben Sie von den Lieferproblemen in der Pandemie direkt etwas mitbekommen?

Gottschalk: Von den Lieferproblemen haben wir viel mitbekommen. Zuerst betraf es die Ersatz- und Bauteile, die manchmal nicht produziert wurden oder den Weg hierher nicht gefunden haben, und später waren es auch die Neuräder. Ich hab von einem Fahrradhersteller gehört, der eine ganze Tiefgarage mit tausenden von Rädern voll hatte. Diese waren eigentlich schon fertig montiert, nur die Kurbeln haben gefehlt. Deshalb konnten sie die Räder nicht verkaufen, und diese Räder fehlen uns auch im Laden. Unser Sortiment ist so klein, wie es noch nie war. Das hat man also deutlich gemerkt.

Zischup: Können Sie sich vorstellen, dass die jetzige Kriegssituation durch die steigenden Gas- und Benzinpreise die Lage noch weiter verschärfen wird?

Gottschalk: Ich kann mir gut vorstellen, dass die Nachfrage nach Rädern stetig steigen wird. Wir selber sind nicht im E-Bike-Bereich tätig. Wir machen eher Reise- und Stadträder. Aber ich glaube, auch insgesamt steigt die Nachfrage immer weiter. Aber da der Markt jetzt begrenzt ist, werden die Sachen, die uns eigentlich schon zugesagt worden sind, jeden Monat noch weiter nach hinten herausgeschoben. Das heißt, wir haben letztes Jahr Fahrräder für diese Saison bestellt, welche vielleicht erst im nächsten Jahr kommen. Bei den Großhändlern müssen wir jetzt vorbestellen für übernächstes Jahr. Das heißt, wir müssen abschätzen, was wir wohl 2024 verkaufen werden. Das lässt sich letztlich nur schätzen.

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