UNTERM STRICH: Wenn die Genossen nur rot sehen
Die Werbung der SPD für das 9-Euro-Ticket ging daneben / Von Michael Saurer.
Insofern kann man die SPD in Mainz verstehen. Offenbar suchten die Genossen nach einem schönen Bildmotiv für eine Werbekampagne auf den Sozialen Netzwerken für das 9-Euro-Ticket, stießen dabei auf diesen feschen roten und modern aussehenden Zug und bebilderten die Kampagne damit. Dumm nur, dass es sich dabei ausgerechnet um einen russischen Regionalzug gehandelt hat. Nun soll die SPD – oder zumindest einige prominente Personen aus der früheren Führungsriege – ja ein ganz besonderes Verhältnis zu Russland haben. Dass dies bei der Bildauswahl eine Rolle gespielt hat, ist eher unwahrscheinlich, zumal die Mainzer den Tweet auch ganz schnell zurückgezogen haben, nachdem sie auf den Fauxpas aufmerksam gemacht wurden.
Beim Reisebuch-Verlag Michael Müller ging das nicht mehr, da war der Zug – Verzeihung für das Wortspiel – bereits abgefahren. Denn der Verlag hatte den umfassenden Reiseführer "Deutschlands schönste Reiseziele. Mit dem 9-Euro-Ticket quer durch das Land" bereits gedruckt. Samt dem gleichen rot-weißen Triebwagen russischer Provenienz auf dem Cover.
Auch der SPD-Parteivorstand griff übrigens bei einer Kampagne für das 9-Euro-Ticket daneben und bebilderte den Tweet mit einer Aufnahme der Rhätischen Bahn im Schweizerischen Graubünden. Ist halt, so wie die russische Lok, auch rot. Ein Bild der neuen Höllentalbahn – schwarz-gelb – hätte einfach nicht ins politische Portfolio der Genossen gepasst. Und die klassischen Doppelstockwagen der Deutschen Bahn wären zwar rot, aber eher ein Sinnbild für chronische Überfüllung und Unpünktlichkeit. Was in Bezug auf das 9-Euro-Ticket wenigstens die Realität widergespiegelt hätte.