Elternsprüche im Faktencheck
Verklebt Kaugummi wirklich den Magen?
Manchmal behalten Eltern mit Belehrungen recht. Sie haben mehr Lebenserfahrung und damit den einen oder anderen guten Tipp parat. Zuweilen liegen sie mit ihren Weisheiten aber auch total daneben.
dpa
Mo, 18. Sep 2023, 20:51 Uhr
Panorama
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Behauptung: Verschluckte Kaugummis verkleben den Magen.
Bewertung: Falsch.
Fakten: Manchmal passiert es schneller als gedacht: Ein Kaugummi wandert versehentlich die Speiseröhre hinunter. Ein Gerücht besagt, dass es dann den Magen verkleben könnte. Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselstörungen (DGVS) gibt Entwarnung: "Die Kaugummis kleben nicht im Mund an den Zähnen und beim Schlucken nicht in der Speiseröhre oder den Magenwänden fest. Auch nicht nachfolgend im Dünn- und Dickdarm", sagt Medizinerin und DGVS-Sprecherin Birgit Terjung.
Aber wieso nicht? Schließlich kleben Kaugummis auch unter Schultischen – und aus Haaren sind sie ohnehin nicht leicht herauszukriegen. "Die Schleimhäute im gesamten Verdauungstrakt sind mit einem Flüssigkeitsfilm überzogen, der dies verhindert", erklärt Terjung.
Die verdaulichen Bestandteile werden durch Säure und Enzyme abgebaut – und verkleben nicht den Magen. Die unverdauliche sogenannte Kaugummibase, die die Süßigkeit so klebrig und gummiartig mache, werde mit dem Stuhlgang ausgeschieden.
Behauptung: Absichtliches Schielen kann für immer bleiben.
Bewertung: Falsch.
Fakten: Kinder ziehen gerne mal Grimassen – dazu gehört auch das Schielen mit den Augen. Aber wer wirklich davon betroffen ist, kann das nicht einfach so steuern. Das Schielen ist eine meist beständige oder immer wieder auftretende Fehlstellung eines Auges oder beider Augen, wie der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) schreibt. Die Augen schauen dabei nicht in die gleiche Richtung. Schielen sei nicht nur ein Schönheitsfehler, sondern oft mit einer schweren Sehbehinderung verbunden.
"Eine vorübergehende, absichtliche, bewusste, meist angestrengte Schielstellung führt zu Doppeltsehen, aber im Allgemeinen nicht zu bleibenden Schäden", sagt Augenarzt Horst Helbig vom Universitätsklinikum Regensburg. Außerdem sei das Babyschielen mit wechselnder Augenstellung in den ersten sechs Lebensmonaten ohnehin häufig. Wenn die Kinder aber danach weiter schielen, sollten sie Helbig zufolge schnellstmöglich zu einem Augenarzt – damit sich keine irreversiblen Sehschwächen ausbilden.
Damit wir räumlich sehen können, müssen beide Augen auf dieselbe Stelle schauen. Dem BVA zufolge entsteht dabei in beiden Augen jeweils ein geringfügig unterschiedliches Bild. Diese beiden Bilder schmelzen dann im Gehirn zu einem einzigen Seheindruck zusammen.
Bei schielenden Menschen treffen die Sehachsen nicht auf dieselbe Stelle. "Der Unterschied der beiden Bilder, den die Augen liefern, wird zu groß. Sie können im Gehirn nicht mehr richtig zur Deckung kommen", schreibt der Verband. Dadurch ist keine räumliche Wahrnehmung möglich und die Betroffenen sehen störende Doppelbilder.
Behauptung: Lesen im Dunkeln macht die Augen kaputt.
Bewertung: Stimmt.
Fakten: Trotz Bettzeit will die Tochter noch nicht schlafen gehen – das Kapitel in ihrem Buch ist einfach zu spannend. Sie kriecht also heimlich mit einer Taschenlampe unter die Bettdecke. Dabei soll das Lesen bei Dunkelheit oder schlechtem Licht die Augen verderben. An dem Mythos scheint etwas dran zu sein. "Lesen bei schlechtem Licht im Kindesalter gilt als Risikofaktor für die Entwicklung beziehungsweise Verstärkung einer Kurzsichtigkeit", sagt Augenmediziner Helbig.
In einer Studie der Queensland University of Technology aus dem Jahr 2014 kommen die Forscherinnen und Forscher zu folgendem Schluss: Kinder, die sich länger im Freien bei hellem Licht aufhalten, haben bessere Augen als jene, die das weniger häufig tun. Diese sind dann öfter kurzsichtig.
Behauptung: Wer schief sitzt, bekommt einen Buckel.
Bewertung: Falsch.
Fakten: Kinder und Jugendliche lümmeln ganz gern. Lässiges beziehungsweise schiefes Sitzen oder Stehen sieht nun mal cooler aus als eine gezwungene, aufrechte Haltung. Aber kommt tatsächlich davon ein schiefer Rücken – oder gar Buckel? Nein, sagt Bernd Kladny, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie. "Ich glaube, sie müssen sehr lange und viel schief sitzen, um einen Buckel zu bekommen. Das kommt nicht davon, wenn sie mal einen Nachmittag schief an den Hausaufgaben sitzen."
Um Rückenprobleme vorzubeugen, sei nicht unbedingt eine perfekte Körperhaltung wichtig. Vielmehr komme es auf ausreichende Bewegung im Alltag an, sagt Kladny. "Der Mensch ist eben ein Lauftier, kein Faultier." Es brauche Muskulatur zur Stabilisierung der Wirbelsäule – und dafür ist Bewegung wichtig. Von der Idee allein der richtigen Sitz- und Stehhaltung im Sinne eines geraden Rückens müsse man Abstand nehmen.
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