Versandapotheken

Versandapotheke durfte mit Prämien locken

Eine niederländische Versandapotheke versprach im Grunde: Rezept einlösen, Bonus sichern. Der Bundesgerichtshof hat geprüft, ob solche Angebote in Deutschland erlaubt waren.  

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Medikamente kann man auch im Internet bestellen. (Symbolbild)  | Foto: Peter Kneffel/dpa
Medikamente kann man auch im Internet bestellen. (Symbolbild) Foto: Peter Kneffel/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Karlsruhe (dpa) - Eine im EU-Ausland ansässige Versandapotheke durfte Kunden in Deutschland vor mehr als zehn Jahren Bonusprämien auf rezeptpflichtige Medikamente gewähren. Die bis Ende 2020 hierzulande geltenden Regelungen zur Arzneimittelpreisbindung seien für Versandapotheken mit Sitz in anderen EU-Ländern nicht anzuwenden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Sie hätten gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoßen. (Az. I ZR 74/24)

Das Unternehmen DocMorris, dessen inzwischen integrierte Tochter Tanimis Pharma in dem Fall betroffen war, kündigte an, aufgrund des Urteils seinen Kunden ab sofort wieder einen finanziellen Bonus zu gewähren. "Wir haben unseren Kunden stets Rezept-Boni zu unseren Lasten gewährt und werden dies nun auch wieder tun", sagte Konzernchef Walter Hess laut Mitteilung. Die durchschnittliche Zuzahlung von Patienten pro Packung habe sich seit 2019 um zehn Prozent auf 3,30 Euro erhöht. "Der Bonus reduziert diese Belastung."

BGH setzte Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs an

Das Urteil des ersten Zivilsenats bezieht sich konkret auf Regelungen des Arzneimittelgesetzes in einer bis 14. Dezember 2020 gültigen Fassung. Der BGH setzte Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an. Dieser hatte für Maßnahmen, die wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung wirken, Hürden aufgestellt. Eine Neuregelung im Sozialgesetzbuch beziehe sich nur noch auf gesetzlich Versicherte, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) bedauerte das Urteil. "Vorbehaltlich der Prüfung der schriftlichen Entscheidungsgründe gehen wir aber davon aus, dass es bei der durch das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz eingeführten sozialrechtlichen Preisbindung bleibt", teilte ABDA-Präsident Thomas Preis mit. "Im Fünften Sozialgesetzbuch ist die Preisbindung gesetzlich festgelegt." Sollte die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Zweifel gezogen werden, wäre die Politik gefordert, schnellstmöglich Lösungen mit uns zu erarbeiten.

Gerichte waren bisher auf Seite des Bayerischen Apothekerverbands

Die Versandapotheke Tanimis Pharma mit Sitz in den Niederlanden hatte 2012 Kunden den Angaben nach beim Einlösen eines Rezepts einen Bonus von drei Euro pro Medikament bei höchstens neun Euro pro Rezept versprochen. Prämien habe es auch für Menschen gegeben, die per Formular oder Telefonat an einem Arzneimittelcheck teilnahmen. 

Der Bayerische Apothekerverband sah darin einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht und die Arzneimittelpreisbindung - und klagte. In den Vorinstanzen in München hatte er damit noch Erfolg gehabt.

Strittige Frage jahrelang ungeklärt

Für verschreibungspflichtige Medikamente ist die Preisbildung - anders als bei rezeptfreien - gesetzlich geregelt. Der Grundgedanke: Die betroffenen Arzneimittel sollen in jeder Apotheke zum gleichen Preis angeboten werden. Das solle die Apotheken vor ruinösem Wettbewerb und die Patienten vor einer Übervorteilung schützen, erklären die Apothekerverbände.

Umstritten war seit Jahren, ob die Preisbindung auch für Versandapotheken im EU-Ausland gilt - oder ob das gegen den freien Warenverkehr der EU verstößt. Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte entschieden, die Preisbindung sei nicht unionsrechtswidrig. Der Gesetzgeber habe davon ausgehen können, dass die Regelung ein geeignetes Mittel sei, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu sichern. Das OLG gab der Klage des Verbands daher statt.

Der BGH verwies allerdings auf die Maßstäbe des EuGH. Der Kläger habe keine ausreichenden Daten oder andere "harte Fakten" vorgelegt zum Beleg, dass ohne die Arzneimittelpreisbindung eine flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht aufrechterhalten werden könne und deshalb die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet sei, erläuterte Richter Koch.

Da der Senat im Ergebnis auf Basis der alten Regelung also keinen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sah, kommt es dem Urteil zufolge nicht darauf an, ob die gewährten Boni gegen eine inzwischen in Kraft getretene Neuregelung im Sozialgesetzbuch verstoßen. Es fehle an der Wiederholungsgefahr, sagte Koch. Schon deshalb sei die Klage abzuweisen.

© dpa‍-infocom, dpa:250717‍-930‍-807635/3

Schlagworte: Richter Koch, Thomas Koch, Walter Hess

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