Stadtgeschichte
Vom Provisorium zum Politikum: Die bewegte Geschichte des Löffingens Pflegeheims
Löffingen feiert das 40-jährige Bestehen des Altenpflegeheims St. Martin. Einst als Leprosenhaus gegründet, hat es eine bewegte Geschichte hinter sich
Mi, 28. Mai 2025, 11:00 Uhr
Löffingen
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"Es war die richtige Entscheidung." Dieses Resümee zog der damalige Bürgermeister Norbert Brugger 2013 bei der Aufstellung einer Informationstafel vor dem Altenpflegeheim St. Martin. Was er damit meinte, erklärt sich aus der Geschichte der Einrichtung. Einst als Leprosenhaus gegründet, später als Siechenhaus und Armenhaus betrieben, begann ab 1874 zunächst der provisorische Krankenhausbetrieb am heutigen Standort, ehe 1881 das Löffinger Krankenhaus offiziell eröffnet wurde. Als diese Ära nach 102 Jahren unter zahlreichen Protesten endete, ließ sich der Gemeinderat auf das "Zukunftsmodell" Altenpflegeheim ein. Angesichts des demografischen Wandels und der damit verbundenen steigenden Nachfrage nach Heimplätzen war dies die richtige Entscheidung. Am Freitag und Samstag, 30. und 31. Mai, kann das 40-jährige Bestehen des Altenpflegeheims gefeiert werden.
Bereits 1330 findet sich laut Heimatforscher Rudolf Gwinner im Stadtarchiv die erste Erwähnung eines Leprosenhauses. Diese Einrichtung diente dazu, Menschen, die an Lepra erkrankt waren, abzusondern und zu versorgen. Dank einer Spende von Pfarrer Georg Müller in Höhe von 1000 Gulden konnte die Stadt im Jahr 1605 ein Sondersiechenhaus für Arme außerhalb des Stadtrings, in der Hohlgasse, erstellen. Dieses Haus bot den Armen und Kranken der Stadt eine Unterkunft und medizinische Versorgung. 1768 verschwindet die im Volksmund gebräuchliche Bezeichnung Leprosenhaus. Fortan spricht man von einem Armenhaus. Dessen Einäscherung 1796 durch französische Soldaten hinterließ zunächst eine Lücke in der Fürsorge für die Armen und Kranken der Stadt. "Von 1804 bis 1836 ist in den alten Aufzeichnungen ein städtisches Spital im unteren Tor zwischen dem heutigen Gasthaus Sonne und der Scheffelapotheke erwähnt", erklärt Gwinner.
Im Jahr 1871 gründen Mitglieder des Löffinger Arbeitsvereins einen Unterstützungsverein für erkrankte Handwerksgesellen und Dienstboten, deren Verwaltung ein Jahr später die Stadt Löffingen übernimmt. 1873 wird der junge Verein aufgelöst: Bargeld und Inventar gehen an die Stadt, die mit dem Betrieb eines provisorischen Krankenhauses im Bereich des jetzigen Altenheims startet. 1874 genehmigt das badische Innenministerium den Löffinger Krankenhausfonds und 1881 auch den Betrieb eines Krankenhauses. Die erste Operation nahm Dr. Gilly im Jahr 1896 in Löffingen vor. Beträchtliche Schenkungen von Löffinger Familien ermöglichten wohl auch die zahlreichen Erweiterungen und Modernisierungen des Krankenhauses in der Zeit zwischen 1890 und 1923. Krankenschwestern der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Freiburg übernahmen die Krankenpflege und die Hausverwaltung. 1957 wurden in die Modernisierung und in einen großen Anbau 500.000 Mark investiert, an den Kosten beteiligten sich die Gemeinden Bachheim, Dittishausen, Göschweiler, Reiselfingen, Rötenbach, Seppenhofen, Unadingen und Unterbränd mit 68.000 Mark. Das Löffinger Krankenhaus mit seinen dann 55 Betten war weit über die Grenzen hinaus bekannt, was vor allem dem Können der Mediziner Otto Geiss (1958 bis 1972) und Kurt Gothe (1972 bis 1983), aber auch der Geburtsabteilung mit der beliebten Hebamme Emma Kienzle zu verdanken war.
Von 1974 bis 1980 gab es erneut mehrere Modernisierungen, ehe 1981 das zuständige Ministerium, die AOK und der Landkreis Druck auf die Stadt Löffingen ausübten, das Krankenhaus zu schließen. Gründe dafür waren der Neubau des Kreiskrankenhauses in Donaueschingen, zudem gab es bereits Pläne für den Bau eines Krankenhauses in Titisee-Neustadt.
Trotz der Gründung einer Bürgerinitiative, die sich mit Demonstrationszügen durch das Städtle und Plakataktionen vor Gesundheitsministerin Annemarie Griesinger gegen die Schließung wehrte, konnte das Krankenhaus nicht gerettet werden. Selbst das medienwirksame Anketten des Grünen-Landtagsabgeordneten Helgo Bran (er kandidierte neben Bürgermeister Dieter Mellert für das Amt des Bürgermeisters) 1983 an ein Krankenhausbett half nichts. Daraufhin wurden verschiedene Zukunftsmodelle entworfen. Die mutige und vorausschauende Idee eines Altenpflegeheims hatten schließlich der SPD-Fraktionsvorsitzende Josef Bayer mit Ernst Frey. Am 31. März 1983 wurde das Krankenhaus geschlossen, und bereits 1985 nahm das Altenpflegeheim den Betrieb auf. Träger des Altenpflegeheims ist immer noch der Stiftungsrat des Krankenhausfonds.