Account/Login

Von einem Tod zum anderen

  • Shaimaa Fallaha, Klasse 8a, Schulzentrum Oberes Elztal (Elzach)

  • Fr, 30. April 2021, 12:09 Uhr
    Schülertexte

Zischup-Autorin Shaimaa Fallaha flüchtete vor einem Krieg und musste in einem Boot auf dem Mittelmeer um ihr Leben fürchten

Der Vater von Zischup-Autorin Shaimaa Fallaha. Foto: privat
1/2

Sicherheit bedeutet, in Frieden leben zu dürfen. Eine, die weiß, wovon sie schreibt, ist die 16-jährige Shaimaa Fallaha. In ihrem Bericht, der im Rahmen des Zischup-Projektes entstanden ist, beschreibt sie ihre Flucht von Syrien nach Deutschland.

Als ich neun Jahre alt war, musste ich mein Heimatland verlassen, denn dort herrscht Krieg. Wir sind eine große Familie, genau sieben Personen. Mein Vater hatte sich im Juni 2014 dazu entschlossen, alleine in die Türkei zu flüchten, um Arbeit und Wohnung finden zu können. Nachdem ihm das gelungen war, sind auch wir in die Türkei geflüchtet. Meine Mama, meine Geschwister und ich wurden mit dem Auto in die Türkei gefahren. Es war sonnig und sehr heiß.

Nach einem Jahr hat mein Vater beschlossen, nach Europa zu flüchten. Er wusste nicht genau, in welches Land er flüchten wollte. Für ihn waren Sicherheit und Frieden wichtig. Er wollte mit meinen zwei Geschwistern mit dem Boot nach Griechenland fahren. Leider hielt das Boot jedoch mitten im Meer an und schien zu sinken. Mein Vater hatte große Sorge und Angst um meine Geschwister. Mein kleiner Bruder war zwei Jahre alt und meine Schwester war sechs Jahre alt. Es gab viele Menschen in dem Boot, mehr als 70 Personen. Sie schrien herum und hatten Angst zu sterben.

Nach sechs Monaten ist dem Rest meiner Familie – meinem Zwillingsbruder, meiner Mutter, meinem kleinen Bruder und mir – das Gleiche passiert. Mein Gefühl war unbeschreiblich, es war seltsam, als wäre ich von einem Tod zu einem anderen geflohen. Ich wusste nicht, ob ich sterben oder überleben würde. Man durfte sich in der Zeit in dem Boot nicht bewegen, damit es sich nicht ins Meer umkippen konnte. Die Koffer der Leute lagen auf meinen Beinen und das Knie einer Frau wurde genau auf mein Herz gedrückt. Ich konnte fast nicht atmen. Ich versuchte, ihr Knie wegzuschieben.

Der Unterschied zwischen meinem Fluchtweg und dem meines Vaters ist, dass seiner viel länger war, aber in kürzerer Zeit, und meiner dauerte so lange, aber mit kurzem Weg. Ihn hat die türkische Polizei gerettet und mich die türkischen Fischer. Wir waren nass und uns war richtig kalt. Man brachte uns zu einer türkische Polizeistation. Mit dem Boot gelangten wir nach Griechenland, dann wurde die griechische Grenze geschlossen und mein Vater war schon ein Jahr in Deutschland, weil ihn die deutsche Polizei dort in eine Flüchtlingsunterkunft gebracht hatte. Im April 2016 lebten wir in einem Lager im griechischen Kavala in den Bergen, dort gab es giftige Schlangen. Wir hatten große Angst vor denen. Im November 2016 sind wir nach Thessaloniki umgezogen und lebten in einem schönen Hotel, aber das Essen schmeckte mir nicht so, denn eigentlich bin ich gesundes und leckeres Essen gewöhnt.

In der Fluchtzeit konnte ich fast zwei Jahre nicht zur Schule gehen, aber ich hatte die Möglichkeit, im Internet zu lernen. Wir haben Geld gespart und wurden im Jahr 2017 mit dem Flugzeug nach Deutschland geflogen. Seit dem 30. März 2017 lebe ich nun in Deutschland. Wir sind in einem schönen Dorf in der Nähe von Freiburg untergekommen. Ich habe Freunde, gehe endlich zur Schule, verfolge mein Ziel und meine Hobbys und bin glücklich, weil ich in einem sicheren Land bin.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 23. April 2021: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel