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Wanda in Appenweier: Ein Festival der Liebe

Peter Disch
  • Di, 09. Juni 2015
    Rock & Pop

Die österreichische Beatband Wanda hat in Appenweier ein überschäumend lebensfreudiges und mitreißendes Konzert gegeben.

Marco Michael Wanda in seiner Lieblingsjacke.  | Foto: Till Neumann
Marco Michael Wanda in seiner Lieblingsjacke. Foto: Till Neumann
Anno 1986 hatte die neuseeländische Indie-Pop-Band The Chills in ihrer Heimat einen Hit. Der Song ist eine Liebeserklärung an ein Kleidungsstück. "I Love My Leather Jacket"– "Ich liebe meine Lederjacke" – heißt das Lied. Es ist ein trauriges. Die Jacke hatte Bandleader Martin Phillipps geerbt. Der drei Jahre zuvor gestorbene Chills-Schlagzeuger Martyn Bull hatte sie ihm testamentarisch vermacht. Sie zu tragen – und zwar immer, wie es im Text heißt – war für Phillipps Herzensangelegenheit, Ausdruck von Haltung und Lebensgefühl zugleich.

Auch Marco Michael Wanda aus Wien muss ein inniges Verhältnis zu seiner Lederjacke haben. Zwar trägt er keine dieser schweren schwarzen Motorradfahrerdinger, sondern ein Modell, wie es die Herrenabteilungen von Bekleidungshäusern mit langer Tradition und ebensolchem Mode-Verständnis bis heute vorhalten. Aber ohne sie geht es auch bei ihm nicht. Auf den meisten Promo-Fotos seiner Band Wanda hat er sie an. Auch beim Konzert am Freitag im Foyer der Schwarzwaldhalle Appenweier zieht er sie nicht aus, sondern das Ganze durch – und das bei tropischen Abendtemperaturen nach einem Sonnentag mit 32 Grad Celsius. Einziges Zugeständnis: Als die Band nach 45 Minuten zum halbstündigen Zugabenblock zurückkommt, hat er immerhin sein selbstverständlich langärmliges weißes Hemd bis zum Hosenbund aufgeknöpft. Der Rücken der rehbraunen Jacke hat derweil großflächig die Farbe von Rosskastanien angenommen.

Nicht minder erhitzt dürfte dreimal die Hälfte des Publikums gewesen sein. Vom Hüpfen, vom Mitsingen, vom Tanzen bei diesem mitreißenden Konzert. Warum Wanda neben den Kollegen von Bilderbuch dafür verantwortlich sind, dass Österreichs Pop auch außerhalb der Heimat wieder wahrgenommen wird, hat der Auftritt in Appenweier aufs Schönste gezeigt: Dem Überschwang dieser Hymnen auf das Leben kann man sich kaum entziehen. Lieder wie "Bologna", "Auseinandergehen ist schwer" oder "Meine beiden Schwestern" lösen selbst beim ersten Hören diese spezielle Mischung aus breitem Grinsen und "Ach, ist das schön"-Seufzern aus, wie es nur guter Pop kann.

Wobei Wanda im Grunde eine Beatband sind. Ihre Songs sind geschult an den Sechzigern und der refrainstarken und melodiösen englischen Musik, die sich seither daraus entwickelt hat. Diese Lieder lösen auch in Appenweier eine Welle der Euphorie aus. An die scheint sich die Band, trotz aller Erfolge der vergangenen Monate, offenbar immer noch nicht gewöhnt zu haben. Marco Michael Wanda klatscht Schlagzeuger Lukas Hasitschka ab, Keyboarder Christian Hummer und Gitarrist Manuel Christoph Poppe feixen sich quer über die Bühne mitten im Song an.

So gerät das Konzert zum Festival der Liebe. Weil "Amore" ein zentraler Begriff der Lieder der Gruppe ist. Aber auch, weil Wanda lieben, was sie da tun. "Ich glaub, wir sind im richtigen Beruf", ruft Marco Michael Wanda, der Sänger mit dem Charme eines gewitzten Hallodris aus der Vorstadt, an einer Stelle des Auftritts in Appenweier. Dem ist nichts weiter hinzuzufügen.

Ressort: Rock & Pop

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 09. Juni 2015: PDF-Version herunterladen

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