Parteitag
Was die AfD mit dem Land vorhat
Die AfD gibt sich geschlossen und siegessicher wie nie. Welche Ziele die Partei verfolgt - und warum ihr der Weg ins Staatsministerium trotzdem versperrt bleiben dürfte.
Nico Pointner (dpa)
Fr, 21. Nov 2025, 4:00 Uhr
Baden-Württemberg
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Stuttgart (dpa/lsw) - Am Sonntag will die Südwest-AfD ihr Wahlprogramm in Hechingen beschließen. Der Landesverband glaubt fest an einen Wahlerfolg. Der Weg ins Staatsministerium dürfte der Partei aber verwehrt bleiben. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie steht die AfD aktuell in den Umfragen?
Mitte Oktober lag die Partei bei einer Umfrage des Instituts Infratest dimap in der Sonntagsfrage bei 21 Prozent – ein Höchststand bei den Infratest-Erhebungen. Damit überholte sie erstmals in dieser Umfrage auch die Grünen (20 Prozent). Die CDU kam auf 29 Prozent. Bei einer Insa-Umfrage, die zeitgleich veröffentlicht worden war, kam die AfD auf 20 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Landtagswahl 2021 erreichte sie 9,7 Prozent der Stimmen.
Warum wird die AfD aller Voraussicht nach trotzdem nicht regieren?
Die Antwort ist schlicht: Weil keine andere Partei mit der AfD zusammenarbeiten will. CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel betonte in der Vergangenheit sogar, dass er nicht einmal einen Espresso "mit denen" trinken würde. Das Rennen um das Staatsministerium dürften so Hagel und Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir unter sich ausmachen.
Der einzige Weg für die AfD, doch den Ministerpräsidenten zu stellen, wäre also die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament - und das gilt, auch wenn sich die Partei im Umfragen-Aufwind befindet, als ausgeschlossen.
Warum würden derzeit so viele Menschen AfD wählen?
Es gibt verschiedene Erklärungen für das Umfragehoch. Die Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien ist groß. Die sich ausbreitende Wirtschaftskrise und steigende Lebenshaltungskosten machen vielen Menschen Angst. Streits und Debatten um Themen wie Rente oder Wehrpflicht in der schwarz-roten Koalition von Kanzler Friedrich Merz (CDU) tragen ihren Teil dazu bei. Im Bund liegt die AfD derzeit in Umfragen etwa gleichauf mit CDU/CSU. Die AfD profitiert von ihrem Protest-Narrativ – insbesondere bei Themen wie Migration. Und: Auch in anderen Ländern ist der Rechtspopulismus auf dem Vormarsch.
Außerdem professionalisiert sich die Partei: Im Südwesten etwa zeigt sich der Landesverband nach jahrelangen Grabenkämpfen derzeit geordnet und geschlossen.
Wie hat sich die AfD im Land verändert?
Früher gab es auf AfD-Parteitagen regelmäßig Tumulte, Grabenkämpfe wurden auf offener Bühne ausgetragen, im Saal herrschte mitunter Gebrüll und Chaos, Kampfabstimmungen. Denn: Im Hintergrund tobte jahrelang ein Machtkampf im Landesverband zwischen den Anhängern und Gegnern von Co-Bundesparteichefin Alice Weidel. Schließlich setzte sich das Weidel-Lager durch. Weidel-Gegner verließen die Partei.
Zur neuen Einigkeit trägt auch bei, dass der Landesverband Versammlungen und Parteitage nur noch mit Delegierten, nicht mehr mit einfachen Mitgliedern durchführt. In der Vergangenheit konnte bei der Südwest-AfD jeder teilnehmen und mitstimmen, der einen Parteiausweis hat - was die Organisation erschwerte und Abstimmungsergebnisse vor Ort unberechenbar machte. Von "Lastwagendemokratie" war die Rede. Nun dürfen nur noch Delegierte mitstimmen, nicht mehr das "einfache Fußvolk".
Wie ist die Partei personell aufgestellt?
Der Landesverband wird geführt von Bundestags-Fraktionsvize Markus Frohnmaier und dem Landtagsabgeordneten Emil Sänze. Die beiden können nach eigenen Worten gut miteinander. Frohnmaier wird nachgesagt, die Partei mit strikter Hand zu führen. Beim letzten Parteitag in Heilbronn wird er von knapp 400 Delegierten zum "Ministerpräsidentenkandidat" gewählt, bei nur einer Gegenstimme - ein Abstimmungsergebnis wie im chinesischen Volkskongress.
Wer ist eigentlich Markus Frohnmaier?
Frohnmaier gilt als einer der einflussreichsten Vertreter des rechten Flügels seiner Partei. Er ist Mitbegründer der mittlerweile aufgelösten AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative. Er gehörte zu den Erstunterzeichnern der "Erfurter Resolution", dem Gründungsmanifest des rechten "Flügels" um Björn Höcke. Der 34-Jährige stand wiederholt wegen seiner Kontakte zu russischen Politikern in der Kritik.
Geboren wurde Frohnmaier in Rumänien, ein schwäbisches Paar adoptierte ihn als Säugling, holte ihn aus einem Kinderheim. Frohnmaier wuchs im Kreis Böblingen auf. Er arbeitete sich von der Hauptschule zum Jura-Studium hoch, brach dieses allerdings ab - was ihm in der eigenen Partei immer wieder den Vorwurf des Berufspolitikers einbringt.
Seit 2017 sitzt er im Bundestag für die AfD. Er gilt als enger Vertrauter von Weidel, deren Sprecher er einst war. Er ist stellvertretender Vorsitzender und außenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Den Job in Berlin will er auch behalten, sollte er - was ziemlich sicher sein dürfte - nicht Regierungschef in Baden-Württemberg werden. Frohnmaier bezeichnet sich deshalb als "Ministerpräsidentenkandidat", nicht als Spitzenkandidat. Für den Landtag kandidiert er nicht.
Wohin will die AfD inhaltlich im Wahlkampf?
Trotz extremistischer Einstufung durch den Verfassungsschutz präsentiert sich die AfD als bürgerliche Partei und als konservative Alternative zur CDU. Die Rechtspopulisten wettern gegen die EU-Bürokratie, gegen die Schuldenpolitik des Bundes, gegen die E-Mobilität und fordern mehr Abschiebungen. Das Wahlprogramm soll am Sonntag in Hechingen beschlossen werden.
Im Mai hatte die Südwest-AfD bereits ein Sofortprogramm präsentiert. Inhalte: Eine Wiederbelebung der wirtschaftlichen Beziehungen des Landes zu Russland. Eine Abkehr von der Gemeinschaftsschule. Mehr Polizei im Südwesten und ein Volksentscheid zu irregulärer Migration. Hunderte Millionen Euro, die bislang in Klimaschutzmaßnahmen fließen, sollen umgelenkt werden in einen Energierabatt für Bürger und Unternehmen. Alle öffentlichen Unternehmen und Behörden des Landes sollen verpflichtet werden, für ihren Fuhrpark nur noch Autos aus dem Südwesten anzuschaffen.
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