Weltgeschichte, persönlich genommen

Die 12. Klasse der Freiburger Waldorfschule Rieselfeld fährt zum Theatertreffen nach Berlin.  

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Szene aus „das bin ich nicht“  | Foto: Elena Stenzel
Szene aus „das bin ich nicht“ Foto: Elena Stenzel
Hanna Drieling und Myriam Brosemer machen nicht den Eindruck, als wären sie besonders aufgeregt. Dabei ist die Reise, die den beiden 18-jährigen Waldorfschülerinnen bevorsteht, durchaus etwas Besonderes. Nur acht Produktionen aus ganz Deutschland sind zum einwöchigen Theaterfestival der Jugend (2. bis 10. Juni) nach Berlin eingeladen – und die Szenencollage "das bin ich nicht" von Drieling, Brosemer und ihren Mitschülern an der Waldorfschule Freiburg-Rieselfeld ist mit dabei.

Ein Theaterstück zu erarbeiten, gehört zum Unterrichtsstoff jeder 12. Klasse einer Waldorfschule dazu. "Anders als beim Projekt in der 8. Klasse gibt es Gelder von der Schule und es wird ein Regisseur von außen gesucht", erklärt Ursula Kimmig, Klassenbetreuerin der 12. Die 23 Schülerinnen und Schüler haben sich für Caspar-Maria Russo entschieden. Der aus Hamburg stammende, in Freiburg lebende Germanistikstudent war ebenfalls auf einer Waldorfschule und ist mit seinen 22 Jahren fast im gleichen Alter wie die Schüler. Auch aus dem Grund haben sie sich wohl für ihn entschieden: "Seine frische Art hat uns gefallen. Und wir wollten ein politisches Projekt", erzählt Hanna Drieling. Russo kam mit einem selbstgeschriebenen Stück zu den Jugendlichen, das thematisch vom erstarkenden Rechtspopulismus in Deutschland beeinflusst wurde – das jedoch nicht eins zu eins umgesetzt wurde. "Wir haben immer wieder daran herumgeschraubt", erzählt Russo, "auch noch in der Probenzeit". "das bin ich nicht" ist eine Collage geworden, die Ausschnitte aus Peter Weiss’ 1965 uraufgeführtem Stück "Die Ermittlung" enthält – aber ebenso Texte von Russo und Facebook-Kommentare: Auschwitz, Höcke, Hass, Hitler, Flüchtlingsheime, Trump – all diese Begriffe und Namen stehen im Programmheft des Festivals.

In der Waldorfschule waren Stück und Premiere nicht unumstritten, erinnert sich Ursula Kimmig. "Die Lehrerschaft war gespalten". Doch die Schülerinnen und Schüler setzten sich gemeinsam mit ihrem Regisseur durch – und vor allem: Sie wuchsen an dieser Aufgabe. "Die Klasse ist zusammengewachsen, es war oft sehr emotional", erinnert sich Myriam Brosemer. Liest man die Jurybegründung, dann gibt es kaum einen Zweifel, dass die Reise nach Berlin ein Erfolg wird: "Man geht voller Hoffnung aus dem Abend, weil man Jugendlichen begegnet ist, die die Weltgeschichte persönlich nehmen und mit den Mitteln des Theaters dafür kämpfen, dass die Welt eine bessere wird." Auch die Begegnung mit anderen jungen Theaterspielern, die Teilnahme an Workshops und Diskussionen wird die Schülerinnen und Schüler weiterbringen.

"das bin ich nicht" wird am 6. Juni um 20 Uhr in Berlin aufgeführt.
Mehr unter: http://www.berlinfestspiele.de

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