Weltweit vernetzt, trotzdem allein

Jugendliche Smartphone-Nutzer haben viele Freunde – nur glücklicher und sozialer macht sie das noch lange nicht.  

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Hübsch aufgereiht: Smartphones in der ...enzimmer des Walter-Eucken-Gymnasiums   | Foto: Ingo schneider
Hübsch aufgereiht: Smartphones in der Handy-Garage in einem Klassenzimmer des Walter-Eucken-Gymnasiums Foto: Ingo schneider

Zu Beginn der ersten Stunde am Walter-Eucken-Gymnasium kommt das Handy erst einmal in die Garage. Die Handy-Garage ist ein schmales Regal an der Wand. Aurora Quetzal Rosas Müller, Schülerin der Klasse G9 des Walter-Eucken-Gymnasiums in Freiburg, beschreibt, wie junge Menschen ihr Smartphone nutzen.

In unserer Schule müssen alle Schüler vor Beginn des Unterrichts ihre Handys in die Handy-Garage legen. Jeder Schüler hat sein eigenes Fach, beschriftet mit seinem Namen. Zu Beginn des Kurses überprüft der Lehrer, wer sein Handy dort deponiert hat und wer nicht. Wenn einer der Schüler sein Handy nicht dort untergebracht hat, fragt der Lehrer, wo es ist, da jeder ein Handy hat und es selten ist, dass ein Schüler sein Handy vergessen hat. Ich merke dann jedes Mal, wie wichtig mir das Handy geworden ist, und habe das Gefühl etwas Wichtiges vergessen zu haben, wenn ich aus dem Haus gehe und merke, ich habe es nicht dabei.

Die Weltbevölkerung beträgt rund 7,6 Milliarden Menschen. Laut den aktuellen Zahlen von Zenith Mobile Advertising Forecast besitzen im Jahr 2018 weltweit 66 Prozent der Menschen ein Smartphone. 2016 waren es nur 58 Prozent. Über das Handy und die sozialen Netzwerke sind die Menschen weltweit miteinander vernetzt. Es ist ein Teufelskreis. Je mehr Menschen über ein Handy verfügen, umso mehr andere Menschen benötigen auch eines. Das geht so weit, dass man soziale Kontakte nur noch über ein Handy herstellt.

Wir können jeden Tag Menschen beobachten, die ihre Handys im öffentlichen Verkehr oder auf öffentlichen Straßen benutzen. Nicht selten sieht man Paare, die, statt sich zu unterhalten, über ihr Handy in sozialen Netzen aktiv sind. In einem von PLOS – einem wissenschaftlichen Journal der Public Library of Science – veröffentlichten Artikel wird gezeigt, dass Menschen die Dauer, die sie sich mit ihrem Handy beschäftigen, nicht einschätzen können. In einer Studie, an der 22 Jugendliche teilnahmen, wurde gefragt, wie viel Zeit sie schätzungsweise für ihr Handy an einem Tag verwenden. Gleichzeitig wurden den Jugendlichen eine App auf ihren Handys installiert, um die Zeit der Nutzung aufzuzeichnen. Das Ergebnis war, dass die tatsächliche Handynutzung doppelt so viel Zeit beanspruchte wie von den Jugendlichen dafür kalkuliert worden war.

In einer anderen Studie wird geschätzt, dass Jugendliche bis zu neun Stunden täglich mit Medien verbringen. Von dieser Zeit entfallen rund 30 Prozent auf soziale Netzwerke. Daraus lässt sich schließen, dass es heute für junge Menschen sehr wichtig ist, über soziale Netzwerke mit Freunden und Bekannten in Kontakt zu treten. Eine Studie, die im American Journal of Preventive Medicine veröffentlicht wurde, ergab jedoch, dass Menschen sich sozial um so isolierter fühlen, je mehr Zeit sie in sozialen Netzwerken verbringen.

Selbst wenn wir mit Freunden ausgehen, machen wir Bilder, um sie zu veröffentlichen. So teilen wir das, was wir machen, in sozialen Netzwerken mit. Der Soziologe Robin Dunbar fand heraus, dass der Mensch nur 150 Freunde in seinem Freundeskreis kognitiv verarbeiten kann. Nur so kennt er die Geschmäcker, Vorlieben und Qualitäten seiner Freunde und interessiert sich auch für sie. In sozialen Netzwerken erhöht sich die Zahl der sogenannten Freunde oft um ein Vielfaches, was bedeutet, dass die meisten Freunde aus sozialen Netzwerken den Menschen in Wirklichkeit nichts bedeuten.

In sozialen Netzwerken wird das Wort Freund auf eine falsche Art und Weise benutzt. Es macht uns glauben, man habe Freunde, obwohl das so nicht stimmt. Soziale Netzwerke tun alles, damit wir, ihre Benutzer mehr Zeit in ihnen verbringen, aber können sie das soziale Leben des Menschen tatsächlich ersetzen?

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