Wenn Objekte Geschichte zeigen

Kuratorin des Jüdischen Museum schildert per Live-Videostream die Hintergründe von Exponaten.
. "Museumsobjekte erzählen die Geschichte der jüdischen Gemeinde Emmendingen", so war ein rund einstündiger Vortrag von Monika Rachel Raija Miklis, Kuratorin des jüdischen Museum Emmendingen und Schriftführerin des Vereins Jüdische Geschichte und Kultur Emmendingen überschrieben, den sie via Zoom hielt. Zugeschaltet waren 21 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter auch Zuschauer aus Israel und den USA.
Der Vortrag von Monika Rachel Raija Miklis ist auch Bestandteil einer Reihe von Veranstaltungen, die bundesweit in diesem Jahr stattfinden, denn seit nachweislich rund 1700 Jahren leben Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland. Es ist also ein Vortrag der Erinnerung und des Neuanfangs. Dabei sollen die von ihr explizit ausgewählten Museumsobjekte selbst sprechen und erzählen, wie sie ihren Weg in das Jüdische Museum in Emmendingen gefunden haben.
Es sind Exponate sowohl aus der Dauerausstellung als aus Wechselausstellungen. Eines der ältesten Objekte aus der Weil-Vitrine ist etwa ein Siegelring aus Silber aus dem 18. Jahrhundert, der aus dem Besitz der Familie Weil-Günzburger stammt. Israel Günzburger (1774-1846) aus Schmieheim war der erste sogenannte Schutzjude in Emmendingen, der Sarah Weil (1779-1847) heiratete. Der Siegelring begab sich so auf den Weg von Emmendingen über Basel nach Zürich und über Basel zurück nach Emmendingen. Eine weitere bedeutende Persönlichkeit innerhalb der israelitischen Gemeinde Emmendingen war der langjährige Gemeindevorsteher Heinrich Weil (1845-1924), der 1910 vom damaligen Herzog von Baden für seine langjährigen Verdienste um die israelitische Gemeinde Emmendingen mit dem Zähringer Löwenorden ausgezeichnet und von der israelitischen Gemeinde mit einem Jugendstilpokal aus Silber geehrt wurde. Auch dieser Jugendstilpokal legte die gleiche Strecke zurück wie der Siegelring.
Ein weiteres Exponat ist natürlich die Staufer-Medaille, die den Weg von Stuttgart nach Emmendingen machte, als die damalige Ministerin im Staatsministerium, Silke Krebs, dem Ehepaar Ute (1950 bis 2015) und Klaus Teschemacher (1940 bis 2018) die Auszeichnung samt Urkunde überreichte. Sie wurden 2012 ausgezeichnet, da beide tatkräftig geholfen haben, das jüdische Leben in Deutschland aufblühen zu lassen und auch den Grundstein der jüdischen Gemeinde in Emmendingen 1995 legten.
Weils Gebetsbuch zeigt Brandspuren der Verwüstung
Am 10. November 1938 wurde die jüdische Synagoge auf dem Schlossplatz von den Nazis zerstört. Der letzte Vorsteher der jüdischen Gemeinde vor der Shoa, dem nationalsozialistischen Völkermord, war Leopold Weil. Ein Gebetbuch aus dem Jahr 1913 zeigt "Brandspuren der Verwüstung". Es stammt aus dem zerstörten Gemeindehaus und enthält eine Widmung von Fritz Steinle aus den 1960-er Jahren: "Dieses jüdische Gebetbuch habe ich am späten Abend nach der Zerstörung der heiligen Synagoge – November 1938 – in dem wüst demolierten Gemeindehaus gefunden u. als trauriges Andenken mit heim genommen. Heute gebe ich es meinem lieben ehemaligen Schulkameraden wieder zurück. Emmendingen, den 21. August 196?, Fritz Steinle." Die letzte Ziffer ist nicht mehr lesbar. Dieses Gebetsbuch gelangte am 14. Mai 1940 mit der USS Washington im Gepäck von Leopold Weil in die USA und kam als Schenkung von Peggy Kabakow (Margaret Ingred), der Tochter von Leopold Weil, wieder nach Emmendingen in die Hände von Klaus Teschemacher, der das Gebetsbuch in die Bibliothek des Simon-Veit-Hauses stellte. Noch ist das Jüdische Museum geschlossen. Die Freude wird sicher groß sein, wenn es wieder besichtigt werden kann. Im Eingangsbereich hängt ein Wandteppich mit der hebräischen Inschrift: "Gesegnet sind die Kommenden".
Info: Der Verein Jüdische Geschichte und Kultur Emmendingen lädt am Sonntag, dem 21. Februar zu einer Lesung via Zoom ein. Der Schriftsteller Thomas Meyer liest aus seinem neuen Roman "Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin" aus dem Jahr 2019.