Trockenheit
Winterdürre: Frankreich und Italien erleben ein neues Wetterphänomen
Waldbrände im Februar, Flusspegel im Rekordtief, Inseln, die sich zu Fuß erreichen lassen. Frankreich und Italien erleben ein neues Wetterphänomen: die Winterdürre.
jmm, dpa & AFP
Do, 2. Mär 2023, 8:38 Uhr
Panorama

Im Cornières-Massiv, einem Ausläufer der Pyrenäen, gehen mitten im Winter Stecheichen, Aleppo-Kiefern und wilde Olivenbäume ein – alles Bäume, die als besonders widerstandsfähig gelten. Kommt es zu Waldbränden, kann sich das Feuer rasend schnell ausbreiten. Bereits im Februar sind nahe Perpignan 60 Hektar Vegetation abgebrannt – ein extrem früher Zeitpunkt für einen Waldbrand.
"Der Po, die Quelle unserer Landwirtschaft in Norditalien, ist auf einem Rekordtief."Francesco Giardina
Wasser war in Frankreich bisher immer in Fülle vorhanden. Das Land ist durchzogen von mächtigen Flüssen wie der Loire, der Seine und der Rhone. Die Alpen und die Pyrenäen bringen die Wolken zum Abregnen. Präsident Emmanuel Macron stellt die Bürger nun auf andere Verhältnisse ein: "Die Zeiten der Überfülle sind vorbei", sagte er am Wochenende. "Das Land muss es mit dem Wasser so halten wie mit der Energie." Am Mittwoch rief die Regierung die Präfekten in den Regionen zu "außerordentlichen Maßnahmen" auf: In einigen südlichen Departements ist das Bewässern von Gärten und Sportstadien, das Auffüllen von Swimmingpools oder das Autowaschen verboten – eine für die Zeit des Jahres bisher nie da gewesene Beschränkung. Im südfranzösischen Departement Var hat die Gemeinde Callian bereits für die kommenden fünf Jahre den Bau neuer Swimmingpools wegen des Wassermangels verboten. "Diese Lebensweise beruht auf Überfluss und unerschöpflichem Wasser", sagte der Bürgermeister.10.000 Becken zum Speichern von Regenwasser sind geplant
Auch in Norditalien sind die Wasserstände der Flüsse und Seen so niedrig wie nie. "Der Po, die Quelle unserer Landwirtschaft in Norditalien, ist auf einem Rekordtief, an manchen Stellen liegt der Pegel drei Meter unter dem Normalstand", sagt Landwirtschaftsexperte Francesco Giardina. Nach einem extrem trockenen Sommer hatten die Bauern auf die Regen- und Schneefälle im Winter gehofft, damit sich die Wasserspeicher wenigstens etwas füllen. Auch Gardasee und Lago Maggiore weisen derzeit gerade einmal 39 Prozent ihres Normalstandes in dieser Jahreszeit auf. Am Westufer bei Manerba di Garda kann man derzeit sogar zu Fuß die Isola dei Conigli erreichen, bei normalem Wasserstand ist das unmöglich. In Venedig liegen in kleineren Kanälen die Gondeln auf dem Trockenen.
Neben der Landwirtschaft sind auch Wasserkraftwerke betroffen. Wegen des Wassermangels können einige Kraftwerke in der Region Trentino nicht laufen. Die Stauseen im Trentino sind nur zu 34 Prozent gefüllt. Italiens Politik hat eigentlich erkannt, dass gehandelt werden muss. Schon die bis Oktober amtierende Regierung unter Mario Draghi stellte Mittel bereit für den Bau von 10.000 Becken zum Speichern von Regenwasser. 3,2 Milliarden Euro wurden dazu bis in das Jahr 2030 veranschlagt.