Kultur
Zufälle liefern die beste Inspiration – und kommen in der Pandemie zu kurz

Der eine stößt plötzlich auf Schostakowitsch, der andere in einem Schuhkarton auf eine neue Leidenschaft: Ein Lob des Zufalls - der wegen Corona auf Abstand bleibt. Ein Essay und fünf Anekdoten.
"Als Techniker bin ich gewohnt, mit den Formeln der Wahrscheinlichkeit zu rechnen. Ich brauche, um das Unwahrscheinliche als Erfahrungstatsache gelten zu lassen, keinerlei Mystik, Mathematik genügt mir."
Max Frisch hat in seinem Roman "Homo Faber" den Prototyp des Rationalisten geschaffen, eine Figur, der Leben und Welt am besten gefallen, wenn sie beherrschbar und planbar sind. Wie langweilig. Doch Fabers Leben wird in kürzester Zeit umgekrempelt – durch eine sorgfältig inszenierte Kette von Zufällen. Auf keinen davon hätte sich Faber freiwillig eingelassen, und doch lernt er sich völlig neu kennen.
"Es gibt keinen Zufall", heißt es an anderer Stelle bei Frisch, "es gibt nur, was einem zufällt." Nun kann man die Metaphysik getrost im Keller lassen und dieser Tage dennoch darüber ins Grübeln geraten, was wir eigentlich dem Zufall verdanken. Und was fehlt, wenn er ausgesperrt ist, weil wir zu Hause bleiben.
Der liebe Gott – nach Albert Einstein – mag womöglich nicht gerne würfeln. Das Leben hingegen schon. Gut so. Nach den langen Monaten der Kontaktbeschränkungen wird doch immer schmerzhafter bewusst, was der erzwungene Teilrückzug ins Private neben einem verkümmerten Sozial- und Kulturleben bedeutet: Damit einem etwas zufallen kann, muss man sich aussetzen. Aber das Leben hat derzeit viele Türen fest verschlossen.
Die besten Zufallsentdeckungen sind gefühlsecht. Alles andere ist Algorithmus Es gibt wenig, was uns so herausfordert und ungeahnt bereichern kann, wie der Zufall. Der zwingt oder lockt, sich auseinanderzusetzen, mit Menschen, Musik, Bildern, Büchern, um die man sonst einen Bogen gemacht hätte. Und auf die selbst die ausgefuchstesten Algorithmen von Spotify, Netflix, Youtube und Konsorten niemals gekommen wären in ihren immer erfolgreicheren Versuchen, unsere Wünsche zu erraten. Was das Leben auf dem Sofa derzeit noch komfortabel macht, wäre auf Dauer eine Verwüstung, eine Austrocknung der ...
Max Frisch hat in seinem Roman "Homo Faber" den Prototyp des Rationalisten geschaffen, eine Figur, der Leben und Welt am besten gefallen, wenn sie beherrschbar und planbar sind. Wie langweilig. Doch Fabers Leben wird in kürzester Zeit umgekrempelt – durch eine sorgfältig inszenierte Kette von Zufällen. Auf keinen davon hätte sich Faber freiwillig eingelassen, und doch lernt er sich völlig neu kennen.
"Es gibt keinen Zufall", heißt es an anderer Stelle bei Frisch, "es gibt nur, was einem zufällt." Nun kann man die Metaphysik getrost im Keller lassen und dieser Tage dennoch darüber ins Grübeln geraten, was wir eigentlich dem Zufall verdanken. Und was fehlt, wenn er ausgesperrt ist, weil wir zu Hause bleiben.
Der liebe Gott – nach Albert Einstein – mag womöglich nicht gerne würfeln. Das Leben hingegen schon. Gut so. Nach den langen Monaten der Kontaktbeschränkungen wird doch immer schmerzhafter bewusst, was der erzwungene Teilrückzug ins Private neben einem verkümmerten Sozial- und Kulturleben bedeutet: Damit einem etwas zufallen kann, muss man sich aussetzen. Aber das Leben hat derzeit viele Türen fest verschlossen.
Die besten Zufallsentdeckungen sind gefühlsecht. Alles andere ist Algorithmus Es gibt wenig, was uns so herausfordert und ungeahnt bereichern kann, wie der Zufall. Der zwingt oder lockt, sich auseinanderzusetzen, mit Menschen, Musik, Bildern, Büchern, um die man sonst einen Bogen gemacht hätte. Und auf die selbst die ausgefuchstesten Algorithmen von Spotify, Netflix, Youtube und Konsorten niemals gekommen wären in ihren immer erfolgreicheren Versuchen, unsere Wünsche zu erraten. Was das Leben auf dem Sofa derzeit noch komfortabel macht, wäre auf Dauer eine Verwüstung, eine Austrocknung der ...