Behandlungsverbot
5750 Euro ist ein Frauenleben wert
Anna Schmitz (Stegen)
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5750 Euro ist ein Frauenleben wert. Nehmen wir an, jemand hinterzieht in hohem Maße Steuern. Der Schaden, messbar in Zahlen, kostet den Täter oder die Täterin zur Strafe mehrere Millionen. Oder gleich eine Freiheitsstrafe.
Ein Arzt missbraucht vier Frauen, möglicherweise deutlich mehr. Zu Schaden kommen deren Würde, Selbstbewusstsein und Vertrauen. Es folgen Herzklopfen, Panikattacken und heftige psychische Folgen. Ein Trauma, das sich in Zahlen nicht messen lässt.
Mit dem nächsten Schnupfen zum Arzt gehen, sich vom eigenen Partner zärtlich in den Arm nehmen lassen oder ein Café inmitten fremder Menschen besuchen, das ist eigentlich völlig "normal". Doch was ist noch normal im Leben einer Frau, die von ihrem Arzt sexuell missbraucht wurde? Diese Frauen zahlen den Preis, und zwar lebenslang. Der Arzt zahlt 23.000 Euro – geteilt durch bislang vier Frauen – und bekommt eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. 5750 Euro ist das Frauenleben also wert. Zumindest dann, wenn ein charismatischer Mann mit einst guter Gesinnung sich nicht bloß entschuldigt, sondern sehr entschuldigt. Das muss man ihm lassen.
Apropos lassen in Zeiten des Ärztemangels: Der Arzt darf nach diesem Urteil fünf Jahre lang keine Frauen zwischen 14 und 67 Jahren behandeln. Kinder, Frauen ab 68 und Männer jeglichen Alters fallen demnach aus dem sexuellen "Beuteschema"?
Kinder sind obendrein meist in Begleitung ihrer Eltern unterwegs, das bietet zusätzlich Schutz vor sexuellen Übergriffen. Und in fünf Jahren heißt es dann für alle Frauen: Herzlich willkommen zurück bei dem Arzt ihres Vertrauens! Oder wie soll man das verstehen?
Wenn die Gleichung lautet: Mutwillige Zerstörung eines Menschenlebens minus Reue gleich ein paar tausend Euro und nicht mal ein sofortiges Berufsverbot, dann wird es höchste Zeit, dass die Frauen und Männer in dem Ort das einzig richtige tun: Sie sollten laut werden, gesellschaftlichen Widerstand bieten und diesem Mann den Rücken kehren. Ausnahmslos.
Anna Schmitz, Stegen