Kita-Plätze
Ärger über teure Kitas: Wie bleibt die Kinderbetreuung bezahlbar?
Viele Städte und Gemeinden haben Finanzprobleme. Fast alle Kommunen in Südbaden haben deshalb die Kitagebühren deutlich angehoben. Wie teuer aber darf Kinderbetreuung für Familien sein?
So, 2. Nov 2025, 7:00 Uhr
Südwest
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
																					Viele Städte und Gemeinden in Südbaden verlangen im neuen Kitajahr deutlich höhere Elternbeiträge: Die Aufschläge fallen unterschiedlich aus, mal sind es gut sieben Prozent, anderswo schon zehn, teilweise auch 20 Prozent. Wer für sein Kind einen Ganztagsplatz in der Krippe braucht, kann bis zu 7000 Euro im Jahr zahlen – das Geld fürs Mittagessen kommt noch dazu. Zwar ist das Grummeln der Eltern weit verbreitet – in Chatgruppen, in Online-Petitionen, rund um die Gemeinderatssitzungen. Aber kein Gemeinderat ließ sich bisher umstimmen. Man könne es sich nicht leisten, auf höhere Beiträge zu verzichten, heißt es aus vielen Kommunen. Die Argumente sind überall ähnlich: gestiegene Kosten für Personal oder Energie. Zugleich sinken die Einnahmen etwa bei der Gewerbesteuer. So gehören Eltern zu den Ersten, die die schlechte Kassenlage der Kommunen zu spüren bekommen.
Baden-Württemberg gehört schon lange zu den teureren Pflastern bei der Kita-Betreuung: In NRW sind die Elternbeiträge zwar vergleichbar hoch, dafür aber sind die letzten zwei Jahre kostenlos. Auch im oft bemühten Vergleich mit Bayern ist der Südwesten eher hochpreisig: In München kostet es monatlich 196 Euro, wenn das Kind täglich sieben Stunden in der Krippe ist. Dafür ist in Baden-Württemberg in der Regel kein Platz zu bekommen.
Elternbeiträge schwanken je nach Wohnort stark
Wie viel Geld die Eltern für die Betreuung ihrer Kinder überweisen müssen, hängt letztlich vom Wohnort ab: Ein Betreuungsplatz bis zu sieben Stunden am Tag für unter Dreijährige kostet in Freiburg 348 Euro monatlich, in Bad Krozingen müssen schon 471 Euro im Monat gezahlt werden. Und in Grenzach-Wyhlen, wo die Gebühren nach Einkommen gestaffelt sind, werden in der höchsten Stufe (ab 94.000 Euro Jahreseinkommen der Familie) 623 Euro fällig.
Wegen der kräftigen Erhöhung hatte es in der Gemeinde an der Schweizer Grenze zuletzt Elternproteste gegeben. Zuvor hatte der Gemeinderat die Beiträge für einige Einkommensstufen um 13 Prozent und ab einem Einkommen von 94.000 Euro sogar um 30 Prozent angehoben.
Auch die Stadt Kenzingen steht wegen der steigenden Betreuungspreise unter Rechtfertigungsdruck. In einem offenen Brief rechnete Bürgermeister Dirk Schwier zuletzt vor: Ein Krippenplatz koste die Stadt 2646 Euro im Monat. Davon übernehme das Land nur 1150 Euro, aus dem städtischen Haushalt kommen 931 Euro. Für Familien mit einem Kind liegt der Elternanteil – unabhängig vom Einkommen – bei 565 Euro. Wie die meisten Orte in Südbaden verzichtet Kenzingen auf eine einkommensabhängige Staffelung – der Aufwand gilt als zu hoch. Lieber nutzt man das Württembergische Modell, bei dem Familien mit mehreren Kindern unter 18 weniger für den einzelnen Platz zahlen.
Kitagebühren werden zum Wahlkampfthema
Die Gemeinden, das ist vielerorts zu spüren, schauen nun auf die Landespolitik. Schon jetzt ist auffällig: Der Ärger über die erhöhten Gebühren wird ein Thema vor der Wahl im März 2026. Vorgeprescht waren die Sozialdemokraten mit einem Antrag im Stuttgarter Landtag. Sie fordern die Abschaffung aller Kitagebühren, mindestens aber ein letztes kostenloses Kitajahr. Dass die SPD für den Vorschlag, der deutliche Zusatzkosten für das Land bedeuten würde, keine Mehrheit finden würde, war schon vor der Abstimmung klar. Vielmehr wollte man vor der Wahl ein populäres Thema setzen. Die SPD-Argumente: Kitagebühren wirkten wie eine Steuer nur für Familien. Und trotz sozialer Staffelung würden einkommensschwache Familien überdurchschnittlich belastet.
Die aktuellen Regierungsparteien – Grüne und CDU – wollen da nicht mitgehen. Auch sie versprechen Eltern zwar etwas Abhilfe – wählen statt eines Alles-kostenlos-Versprechens aber eher den Mittelweg: "Die Wut vieler Eltern ist nachvollziehbar", sagt Saskia Frank, Kita-Expertin der grünen Landtagsfraktion. Hohe Gebühren könnten gerade Mütter davon abhalten, erwerbstätig zu bleiben oder ihre Arbeitszeit zu erhöhen, sagt sie. Die Finanzierung zwischen Bund, Land und Kommunen brauche deshalb ein "Update", das Familien stärker entlastet, sagt die Grünen-Politikerin. Der ganz große Sprung sei aber nicht drin. "Ein sinnvoller Einstieg wäre ein verpflichtendes und damit gebührenfreies letztes Kita-Jahr", sagt Frank.
Parteien versprechen den Familien Entlastung
Ein letztes beitragsfreies Kitajahr verspricht auch die CDU: Das werde man "in der kommenden Legislatur in Angriff nehmen", sagt CDU-Fachpolitiker Andreas Sturm. Für eine Kita ganz ohne Gebühren gebe es in absehbarer Zeit zu wenig Spielraum, meint er, zumal das Land den Kommunen dann wohl die Elternbeiträge von landesweit mehr als 880 Millionen Euro ausgleichen müsste. Insgesamt, rechnet Sturm vor, gebe das Land bereits mehr als 2,35 Milliarden Euro für die frühkindliche Bildung aus.
Die AfD spricht davon, dass Kita-Plätze für über Dreijährige einschließlich Verpflegung beitragsfrei sein müssten. Außerdem müsse gelten: "Wenn das Land Aufgaben definiert, muss das Land auch für die Kosten geradestehen", meint Hans-Peter Hörner, stellvertretender bildungspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion.
Lässt sich etwas gegen die steigenden Ausgaben tun?
Für die FDP im Landtag ist der SPD-Wunsch von der kostenlosen Kita dagegen "ein teures und populistisches Versprechen", so Dennis Birnstock, FDP-Experte für frühkindliche Bildung. Die Liberalen wollen lieber die steigenden Kosten unter Kontrolle halten – das sei möglich durch weniger Bau- und Brandschutzauflagen, einfachere Genehmigungen, weniger Dokumentationspflichten und mehr Digitalisierung, meint Birnstock.
Auch die Kommunen pochen darauf, nicht nur über die Einnahmen, sondern auch über die Kosten für die Kinderbetreuung zu diskutieren: Der Gemeindetag – der die kreisangehörigen Gemeinden vertritt – wirbt für das gerade erst eingeführte Konzept Kita-Flex.
Dieses ermöglicht den Kitas in Baden-Württemberg, von dem bisherigen Standard abzuweichen und etwas weniger Fachkräfte einzusetzen. Dass das in schwierigen Zeiten möglich sein sollte, davon ist der Gemeindetag überzeugt. Das Land habe schließlich eine der besten Fachkraft-Kind-Quoten in ganz Deutschland.
