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Zischup-Interview

"Aktuelle Trends einbinden"

  • Alessia Haug, Klasse 8.1, Evangelisches Montessori-Schulhaus (Freiburg)

  • Fr, 28. April 2023
    Schülertexte

In der Ausstellung "tierisch!" im Museum der Kulturen Basel geht es um das Verhältnis von Mensch und Tier. Kuratorin Beatrice Voirol erzählt, wie sowas geht und warum sie Ethnologin geworden ist.

Spielzeugtiere: mal zum Kuscheln, mal zum Aufziehen, mal zum Reiten Foto: Sonja Zellman
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Vom Pudel zum Hausschwein, vom Elefanten bis zur heiligen Kuh – in verschiedenen Kulturen haben unterschiedliche Tiere verschiedene Bedeutung für den Menschen. Für Beatrice Voirol spielten Tiere keine sehr große Rolle, bis sie die Ausstellung "tierisch!" geplant hat. Sie fand es sehr spannend, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Zischup: Frau Voirol, wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen und was fasziniert Sie daran?
Voirol: Nach der Schule habe ich mir überlegt, was ich studieren möchte, und ich fand Ethnologie eine gute Lösung, weil ich so viele Interessen hatte. Denn Ethnologie – das ist Kultur, Politik, Wirtschaft, Sprache. Und gereist bin ich sowieso gerne, insofern war das für mich die perfekte Lösung.

Zischup: Welcher Bereich macht Ihnen am meisten Spaß?
Voirol: Es macht mir unheimlich viel Spaß, Ausstellungen vorzubereiten, weil das immer vielfältig ist und man dabei in ein neues Thema eintaucht. Natürlich gefällt mir mein regionaler Schwerpunkt – das ist der Pazifik –, weil ich dort gerne bin und mich dort inzwischen gut auskenne. Ich mache auch gerne Projekte mit Herkunftsgemeinschaften im Pazifik.

Zischup: Was macht man in Ihrem Beruf noch, außer Ausstellungen vorzubereiten, darüber zu erzählen und im Museum zu sein?
Voirol: Ich habe jetzt beispielsweise ein Projekt mit einer kleinen Insel in Französisch-Polynesien, dort will man mit Objekten, die wir hier im Haus haben, eine Ausstellung machen. Oft ist es so, dass wir Objekte haben, aber die Herkunftsgemeinschaft hat keine Objekte mehr. Das heißt, irgendwann wurden Inseln und Länder – meist von Europäern – fast leergeräumt. Die Leute vor Ort haben daher keine Beziehung mehr zu ihrer Geschichte und zu ihrer Kultur. Deshalb ist es gut, wenn wir zusammenarbeiten können. Es ist gut, dass Gegenstände zirkulieren können und so an verschiedenen Orten angeschaut werden können.

Zischup: Macht Ihnen die Arbeit mit den Menschen mehr Spaß oder das Organisieren?
Voirol: Beides macht mir sehr viel Spaß.

Zischup: War die Ausstellung "tierisch!" ein persönliches Thema für Sie?
Voirol: Ehrlich gesagt eher nicht, aber ich fand es unglaublich spannend, weil Ethnologie auch bedeutet, dass man sich mit dem Anderen beschäftigt, also mit etwas, das man nicht kennt. Und bei den Tieren war das so ähnlich. Das sind auch Lebewesen, die ich nicht kenne. Daher ist das auf einer abstrakten Ebene genau das, was ich vorher auch schon mit Menschen gemacht habe, und daher finde ich das sehr spannend.
Zischup: Gibt es nach der "tierisch!"-Ausstellung hier im Museum der Kulturen Basel wieder etwas, wo Sie auch mithelfen, oder arbeiten Sie dann an einem anderen Projekt?
Voirol: Nein, ich habe dann erst in drei Jahren wieder eine Ausstellung. Das heißt aber, dass ich mindestens zwei Jahre vorher anfange, dafür zu arbeiten.

Zischup: Gibt es manchmal Momente, in denen Sie keine Lust auf Ihren Job haben?
Voirol: Nein, eigentlich nicht.

Zischup: Würden Sie sagen, dass der Job Sie erfüllt und Sie sich vorstellen können, ihn noch länger zu machen?
Voirol: Ja, auf jeden Fall.

Zischup: Wir sind ja jetzt durch die verschiedenen Teile der Ausstellung gelaufen, welcher Raum gefällt Ihnen persönlich am besten?
Voirol: Mir persönlich gefällt am besten der Blick in die Ausstellung, dass man einerseits das Pudelbild sieht und andererseits die geschlachteten Schweine. Ich finde, das zeigt die Gegensätze des Themas sehr gut auf: die Haustiere und die Nutztiere.

Zischup: Wie kamen Sie auf die Ideen mit den Filmen und den Youtube-Videos?
Voirol: Ich versuche immer, auch aktuelle Trends in die Ausstellungen einzubringen. Denn Ethnologie bedeutet nicht, dass ich mit der Sammlung, die wir haben, nur rückwärtsgewandt arbeite, sondern dass ich auch mit offenen Augen durch die Gegenwart gehe und schaue, was Menschen beispielsweise abends zu Hause machen, wenn sie entspannen wollen. Dann sehe ich: Aha, sie schauen Katzenvideos. Und ich frage mich: Warum schauen sie diese, was macht es mit den Menschen? So kommt man auf Inhalte, welche dann die Menschen in der Ausstellung auch wieder abholen können.

Zischup: Am Anfang haben Sie über das Pudelbild geredet. Dort sieht man verschiedene Menschen eines Pudelvereins mit ihren Tieren. Haben Sie das Bild aus einem bestimmten Grund ausgewählt?
Voirol: Ja, weil ich finde, dass man dem Pudel immer ein bisschen Unrecht tut. Pudel sind eigentlich nicht die wohlbehüteten Hunde, wie sie hier dargestellt werden. Sie sind sehr intelligente und sehr tolle Hunde, mit denen man unterwegs sein kann. Das Bild dagegen transportiert diese Idee von verhätschelten Haustieren. Die Personen sind auch sehr dezent in Pastellfarben angezogen, was den Effekt nochmal verstärkt.

Zischup: Wie bereiten Sie sich auf Ausstellungen vor? Machen Sie bei Führungen Unterschiede bei Kindern und bei Erwachsenen?
Voirol: Ja, ich passe das schon an, aber ich habe eine Grundstruktur für den Aufbau der Ausstellung. Aber die Schwerpunkte, die ich setze, sind sehr unterschiedlich. Ich hatte auch schon Kinder hier, die sich für Hirsche interessierten, dann habe ich nur zu Hirschen was erzählt. So gibt es immer wieder verschiedene Herangehensweisen. Das macht das Ganze für mich so spannend.

Beatrice Voirol ist Ethnologin und Kuratorin. Sie leitet die Abteilung Ozeanien im Museum der Kulturen Basel und hat die aktuelle Ausstellung "tierisch! Keine Kultur ohne Tiere" federführend geplant und gestaltet.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 28. April 2023: PDF-Version herunterladen

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