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Russland

Alexej Nawalny drohen weitere zehn Jahre Haft

  • afp

  • Di, 15. Februar 2022, 20:22 Uhr
    Ausland

In der Strafkolonie Pokrow hat ein neuer Betrugsprozess gegen den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny begonnen. Zusätzlich zu seiner zweieinhalbjährige Haftstrafe wegen Betrugs drohen weitere zehn Jahre.

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Alexej Nawalny auf einem Foto, das vom Moskauer Stadtgericht zur Verfügung gestellt wurde. Foto: Uncredited (dpa)
Gegen den prominenten russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist ein neuer Strafprozess eröffnet worden. Die erste Anhörung in dem Betrugsverfahren fand am Dienstag in einem provisorischen Gerichtssaal in der Strafkolonie in Pokrow statt, in der Nawalny seit rund einem Jahr inhaftiert ist. Bei einer Verurteilung drohen ihm zehn zusätzliche Jahre Haft. Menschenrechtsorganisationen kritisierten das Vorgehen scharf.

Nawalny erschien im Gerichtssaal in einer Häftlingsuniform und mit kurzgeschorenem Haar. Begleitet wurde er von seinen Anwälten sowie Wachleuten. Wie auf einem Video aus dem Saal zu sehen war, nahm auch Nawalnys Frau Julia Nawalnaja an der Anhörung teil.

Die russischen Behörden hätten "Angst vor dem, was ich sagen werde", sagte Nawalny. Deshalb werde der Prozess hinter verschlossenen Türen in der Strafkolonie abgehalten. "Ich wurde in diesem Fall noch nicht schuldig gesprochen, aber sie lassen mich in der (Häftlings-)Uniform auftreten, damit die Großmutter, die mich im Fernsehen sieht, denkt: Nun ja, er ist ja sowieso im Gefängnis." Nawalny sitzt bereits eine zweieinhalbjährige Haftstrafe wegen Betrugs in der rund 100 Kilometer östlich von Moskau gelegenen Strafkolonie ab. In dem neuen Verfahren geht es um die angebliche Veruntreuung von Spendengeldern in Höhe von umgerechnet vier Millionen Euro durch Nawalny.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte den Prozess als Farce. Es handele sich um ein "Scheinverfahren, an dem statt Medien Gefängniswärter teilnehmen". Es sei "offensichtlich, dass die russischen Behörden sicherstellen wollen, dass Nawalny das Gefängnis so bald nicht verlassen wird".

Die Nawalny-Vertraute Maria Perwtschich warf den russischen Behörden vor, den Prozessbeginn absichtlich in der Woche "der größten Spannungen in der Ukraine-Krise" angesetzt zu haben. Ziel der Behörden sei es, Nawalnys Strafe drastisch zu verlängern, "während alle durch etwas Größeres abgelenkt sind", schrieb sie auf Twitter. Die Sprecherin des Kreml-Kritikers, Kira Jarmysch, rief Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, sich während seines Treffens mit Russlands Staatschef Wladimir Putin am Dienstag in Moskau für Nawalny einzusetzen.
Nawalny in Kirchzarten: "Wir hatten absolute Geheimhaltung vereinbart" (Januar 2021)

Auf Nawalny war im August 2020 ein Anschlag mit einem Nervengift aus sowjetischer Produktion verübt worden, den er knapp überlebte. Nach mehrmonatiger medizinischer Behandlung in Deutschland kehrte er im Januar 2021 nach Russland zurück, wo er umgehend festgenommen wurde. Nawalny macht den russischen Präsidenten Putin für seine Vergiftung verantwortlich. Der Kreml weist die Vorwürfe zurück. Seit seiner Inhaftierung gehen die russischen Behörden massiv gegen Nawalnys Unterstützer vor.

Ressort: Ausland

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