Zischup-Schreibwettbewerb Frühjahr 2015

Alles neu macht das Netz

Die Welt ist eine Bühne. Das Internet macht sie dazu. Hannah Mues, Schülerin der Klasse 9b des Theodor-Heuss-Gymnasiums und Gewinnerin des Zischup-Schreibwettbewerbes, beschreibt in ihrem Text sehr eindrücklich, wie das Netz zum Rollenspiel verleitet. Der Text ist nicht nur gut geschrieben, er enthält auch viele kluge Gedanken.  

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"Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler. Sie treten auf und gehen wieder ab, sein Leben lang spielt man eine Rolle." Dies sagte William Shakespeare schon vor knapp fünfhundert Jahren, und das trifft heute mehr denn je zu. Schuld daran ist auch das Internet.

Jeder Mensch spielt verschiedene Rollen. Wir wollen immer wieder neue Rollen ausprobieren, jemand anderes sein. Und dafür ist das Internet der perfekte Ort! Dort können wir sein, wie wir wollen, und mit Leuten zusammen sein, die sind wie wir. Denn das ist im Netz viel einfacher als im realen Leben. Dort gibt es tausende Menschen, die sich für die gleichen Themen interessieren, die ähnlich denken und dieselben Einstellungen haben. Anders als im realen Leben, wo es viel schwerer ist, Gleichgesinnte zu finden. Im Netz können wir ganz wir selbst sein – oder eben jemand ganz anderes. Wie wir wollen.

Aber es gibt auch noch so viele andere Gründe, warum wir im Internet sind – um uns zu informieren zum Beispiel oder um mit Freunden in Kontakt zu bleiben. So kommt es, dass das Netz kaum noch aus unserem Alltag wegzudenken ist. Doch wir vergessen dabei schnell, wie stark uns das Internet beeinflusst. Es bestimmt über so viele Aspekte unseres Lebens – angefangen bei unserer Kleidung bis hin zu unseren politischen Einstellungen. Das kann gut sein, aber eben auch nicht.

Gerade für Jugendliche, die häufig noch das tun, was alle anderen auch machen, kann das Netz einen gefährlichen Einfluss haben, zum Beispiel durch gewaltverherrlichende Videos. Wer kennt das nicht: Allen Freunden gefällt ein Bild auf Facebook, also klickt man auch auf den Like-Button. Schließlich will man kein Außenseiter sein.

Das Internet ist Vorbild und gleichzeitig auch Quelle von Aufmerksamkeit. So posten wir nur das, was besonders spannend ist. Das, was Aufmerksamkeit erregt. Das, was die anderen hören wollen. Aber das Netz ist auch unser Spiegel, der uns, wie der bösen Stiefmutter bei Schneewittchen, zeigt, was wir vor allem sein wollen. Wir treten also in die Fußstapfen von anderen. Gehen vorgefertigte Wege und verlieren uns dabei selbst. So werden wir zu der Rolle, die wir spielen, denn wir wollen dazu gehören. Anders sein und trotzdem gleich.

Durch dieses Streben nach Aufmerksamkeit und Beliebtheit wird "mittel" zu "nicht gut genug" und der Drang, etwas Besonderes sein zu wollen, zum Lebensmittelpunkt. Um mithalten zu können, erfinden manche sogar außergewöhnliche Geschichten oder sogar ein ganz neues Leben. So steigern sie sich immer weiter in ihre neue Rolle hinein. Und zwar so lange, bis ihnen ihre Rolle zur Last wird und sie sich zurückziehen müssen – und das nicht nur in der virtuellen Welt.

Wenn ich über so etwas nachdenke, kann ich nicht anders, als mich zu fragen, wie es sein kann, dass in einer so fortgeschrittenen Gesellschaft wie der unseren Likes als Parameter für Beliebtheit und Selbstachtung dienen. Und das obwohl wir die Menschen, die sie machen, häufig nicht mal kennen. Wahrscheinlich interessiert diese nicht einmal, wer wir wirklich sind.

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