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Berlin

Ausgediente Telefonzellen werden zu Tanzflächen

Matthias Konzok
  • dpa &

  • Mi, 24. Februar 2016, 00:00 Uhr
    Panorama

Telefonzellen verlieren an Bedeutung. Manch ausgediente Telefonzelle wird kurzerhand umfunktioniert. Partygänger in Berlin können beispielsweise die "Telediskos" als Tanzfläche nutzen.

Gold statt gelb: Eine umfunktionierte „Teledisko“ in Berlin.   | Foto: dpa
Gold statt gelb: Eine umfunktionierte „Teledisko“ in Berlin. Foto: dpa
Es sind die wohl kleinsten Discos Berlins: An drei Orten in der Hauptstadt können Partygänger Telefonzellen als Tanzflächen nutzen. Die "Telediskos" seien eine Gegenbewegung zu den gewöhnlichen Ausgehzielen, erklärt Benjamin Uphues, einer der beiden Geschäftsführer der Teledisko GmbH. "In vielen Berliner Clubs ist die Musik so empathielos geworden und das ist bei uns eben anders."

In den mit Licht- und Musikanlage ausgestatteten Telefonzellen kann jeder Besucher gegen einen Betrag von zwei Euro sein Lieblingslied auswählen. Für vier Euro gibt es ein Foto dazu, für sechs Euro ein Video von der Mini-Party. Die Telefonzellenpartys hätten aber noch einen weiteren Vorteil, sagt Uphues: "Hier kann ich mir selbst aussuchen, mit wem ich tanzen möchte."

Zwei "Telediskos" stehen seit 2014 im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg auf dem bei Touristen beliebten RAW-Gelände und im Nachtclub "Kater Blau". Die dritte Zelle hat keinen festen Standort und kann von Veranstaltern gebucht werden. Anfangs seien die Mini-Discos nur selten genutzt worden, doch mittlerweile erfreuten sie sich großer Beliebtheit, erzählt Uphues.

Die "Teledisko" ist unterdessen nicht die einzige Möglichkeit, stillgelegten Telefonzellen eine neue Funktion zu verleihen. Auch in Südbaden – beispielsweise im Freiburger Stadtteil Ebnet oder in Denzlingen – dienen alte Kabinen inzwischen als offenes Bücherregal. Lesefreunde können dort Bücher kostenlos mit nach Hause nehmen, sie entweder behalten oder wieder zurückbringen. Ebenso können sie eigene Bücher für andere zur Verfügung stellen.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl öffentlicher Fernsprecher in Deutschland stark zurückgegangen. Derzeit sind der Deutschen Telekom zufolge bundesweit etwa 30 000 öffentliche Telefone in Betrieb. Vor zehn Jahren gab es nach Zahlen der Bundesnetzagentur noch 110 000 Exemplare, im Jahr 2013 noch rund 48 000. Zahlen zur Entwicklung in den Ländern gibt es nicht.

"Grundsätzlich passen wir unseren Bestand an Telefonzellen fortlaufend dem Bedarf bei den Bürgern an", heißt es bei der Telekom. Der Bedarf freilich ist seit dem Handy-Boom nicht mehr allzu hoch: Die Bundesnetzagentur zählte zuletzt mehr als 113 Millionen SIM-Karten, die unter anderem in Mobiltelefonen stecken.

Der Telekom zufolge bleiben die öffentlichen Fernsprecher "überall dort, wo es auch wirtschaftlich Sinn macht", in Betrieb, etwa an Bahnhöfen oder Flughäfen. Die Telekom kontaktiert die Kommunen, wenn sie kaum genutzte Telefonhäuschen abbauen will: Mit den kommunalen Spitzenverbänden sei vereinbart worden, die Orte anzusprechen, "wenn auf deren Gebiet extrem unwirtschaftliche öffentliche Fernsprecher mit einem Umsatz von weniger als 50 Euro im Monat stehen." Der Umsatz sei ein "klares Indiz" dafür, dass in der Bevölkerung der Wunsch nach einer Grundversorgung an dieser Stelle offensichtlich nicht mehr bestehe.

Moderne Telefonzellen sollen inzwischen mit Mehrwert punkten: Es gibt Geräte, mit denen Nachrichten aufs Handy geschickt werden können oder die als Hotspots für die Internetnutzung dienen.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 24. Februar 2016: PDF-Version herunterladen

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