Glosse

Ausgeradelt in Paris

Frankreichs Hauptstadt hat ein veritables "Vélib-Gate" – die Fahrräder an den Verleihstationen taugen nichts mehr. Und das Unternehmen, das es richten sollte, schafft es nicht.  

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Leihräder in Paris – sogenannte Velib.  | Foto: ImageForum
Leihräder in Paris – sogenannte Velib. Foto: ImageForum
"Dann nehmen wir eben die Metro", meint David fatalistisch und macht sich auf zur U-Bahn-Station Porte d’Orléans. An drei Verleihstationen am Südrand von Paris hat es der junge Mann versucht, doch nirgends konnte er ein "Vélib" auslösen. "Vélib", zusammengezimmert aus "vélo" (Rad) und "liberté" (Freiheit), stand seit 2007 für praktisches Vorwärtskommen in der überfüllten Metropole. An 1200 Stationen im Zentrum und vielen Vororten warteten fast 20 000 Fahrräder – graue, schwere Vehikel, aber ein Renner nicht nur beim jungen urbanen Publikum. Rasch folgten Radwege, das Netz überzieht die ganze Stadt. Und noch Ende 2017 wurde durchschnittlich jede Sekunde ein Stahlross aus den automatischen Andockplätzen geklinkt.

Heute liegt das "Vélib"-System weitgehend flach. Ausgeradelt – nicht einmal jede zweite Station ist in Betrieb, und nicht alle davon funktionieren. Pariser Medien sprechen von "Vélib-Gate", von Fiasko, Chaos und Blamage, der Berliner Flughafen lasse grüßen. Dabei hat Paris doch die Liebe fürs Rad entdeckt. So sehr, dass viele private Radverleiher dem städtischen Betrieb Konkurrenz machten. Die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo entschied sich für einen neuen, privaten Betreiber. Und der versprach sehr, sehr viel. Besseres Material, hübschere Räder, neue Stromnetze, freie Fahrt für Paris.

Doch es kam anders: Stromausfälle, Computerabstürze, mosernde Messieurs, meckernde Mesdames, jede Menge Stillstand. Anne Hidalgo hat zudem eine erste Vertragsstrafe in Höhe von drei Millionen Euro für das erste Quartal 2018 angeordnet. Längst liegt der Fall vor Gericht.

Die Pariser Kunden, die jährlich bis zu einhundert Euro für "Vélib" zahlen, sind trotz einer versprochenen Entschädigung auf die Barrikaden gegangen und rufen die Revolution aus. Das macht man dort so in Paris, seit 1789 funktioniert das. Was seit dem Jahr 1900 ebenfalls funktioniert, ist die Metro. 220 Kilometer Strecke, 303 Stationen, 4,2 Millionen Nutzer. Nur leider eben kein Radweg da unten.
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