Kunst

Ausstellung über den Künstler und Architekten Otto Strohmeyer im Lahrer Stadtmuseum

Dem Lahrer Architekten und Künstler Otto Heinrich Strohmeyer wird eine Ausstellung im Lahrer Stadtmuseum gewidmet. Die BZ beschreibt, was "Stroh" so besonders machte.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
1/2
Sie hoffen auf einen baldige Eröffnung der Ausstellung (von links): Kulturamtsleiterin Cornelia Lanz, Christopher Schmitt (Kurator der Ausstellung), Museumsleiterin Gabriele Bohnert und Bürgermeister Guido Schöneboom. Foto: Christoph Breithaupt
"Wer war Stroh?" Das fragt eine Ausstellung im Stadtmuseum Tonofenfabrik, die Ende November eröffnet worden wäre, wenn nicht Corona dazwischengekommen wäre. Nun ist die Ausstellung zwar fertig – aber außer Pressevertretern konnte sie noch niemand sehen. Die Frage, wer Otto Heinrich Strohmeyer war, den Freunde kurz "Stroh" nannten, muss indes nicht bis zur Eröffnung ungeklärt bleiben.


Mit seinem von ihm selbst als bieder empfundenen Namen hat der 1895 in Lahr geborene Otto Heinrich Strohmeyer gern auch mal gespielt. Mal nannte er sich Ottheinrich Strohmeyer, ein andermal fügte er dem doppelten Vornamen den Doppelnamen "Strohmeyer-Platenius" hinzu. Doch seine Freunde nannten ihn schlicht und markant: "Stroh".

Die verschiedenen Namen spiegeln eine vielseitig begabte und umfassend gebildete Persönlichkeit wider. 1895 in Lahr geboren als Sohn des Rechtsanwalts Heinrich Strohmeyer und dessen Ehefrau Cornelia Strohmeyer, geborene Platenius, wuchs Heinrich Strohmeyer in der Schillerstraße auf. Der Junge lernte Klavier, Orgel und Cello, zeichnete und fotografierte, sammelte naturkundliche Objekte und schrieb kleine Gedichte. Heinrich, so der Rufname des Jungen, besuchte das Scheffel-Gymnasium und legte 1913 das Abitur ab. Der Vater hätte ihn gern als Nachfolger in seiner Kanzlei gesehen, doch der 18-jährige wollte seine künstlerische Begabung ausleben und ging nach Paris. Der Ausbruch aus der Bürgerlichkeit endete jedoch bald. Der Vater reiste ihm nach, man einigte sich auf einen Kompromiss: Im Architekturstudium an der Technischen Hochschule in München konnte Stroh seine künstlerischen Fähigkeiten einbringen und – später noch unterstrichen durch den Titel "Regierungsbaumeister" – den Ansprüchen des Vaters gerecht werden.

Seine Handschrift zeigt sich auf der Nordseeinsel Sylt

In München studierte Stroh nicht nur, sondern schloss sich auch der Neuen Münchner Secession an. Er mietete ein Atelier und führte ein Doppelleben als Bohemien und Referendar am Landbauamt München und später als Assistent für Statik an der Technischen Hochschule. Von 1915 an wurden viele von Strohmeyers expressionistischen Zeichnungen in der Anti-Kriegs-Zeitschrift "Die Aktion" gedruckt, die ihm 1917 sogar eine Sonderausgabe widmete. Wegen der zunehmenden Radikalisierung der Redaktion um Franz Pfemfert beendete Strohmeyer 1920 die Mitarbeit. Die Künstlerkreise hatten ihm zudem sein bürgerliches Zweitleben übelgenommen.

1922 starb der Vater, beeinflusste den Lebensweg des Sohnes jedoch weiter. Strohmeyer nutzte die Verbindungen zu einem ehemaligen Studienkollegen des Vaters, Carl Wilhelm Petersen, dem späteren Ersten Bürgermeister Hamburgs. Er lernte in dessen Haus, in dem auch gemeinsam musiziert wurde, viele einflussreiche Hamburger kennen und bekam eine Stelle als Statiker beim bekannten Architekten Fritz Höger, dem Erbauer des Chile-Hauses. Von 1926 bis 1939 war Strohmeyer als selbständiger Architekt für einige markante Mietshäuser in Hamburg zuständig und entwarf für wohlhabende Hamburger Bürger Einfamilienhäuser in Kampen auf Sylt. Die strengen Bauvorschriften, die den Charakter des Nobel-Ferienorts bis heute prägen, gehen unter anderem auf Überlegungen von Strohmeyer zurück.

Ideen für Wohnungsbau, der nicht an Rendite orientiert ist

Die Kriegsjahre verbrachte Strohmeyer als Mitarbeiter der Marine-Bauverwaltung, weder im Widerstand noch in aktiver Unterstützung der Nazis. In der Nachkriegszeit wirkte er beim Wiederaufbau der schwer zerstörten Stadt Hamburg mit und entwarf einen Generalbebauungsplan, bei dem er großen Wert darauf legte, dass auch in mehrgeschossigen Bauten und Hinterhöfen genug Licht in die Wohnungen fällt. In zwölf Forderungen beschreibt er bis heute gültige und bis heute unerfüllte Vorstellungen eines grünen, menschengerechten, nicht an der Rendite ausgerichteten Wohnungsbaus.

1963 ging Strohmeyer in den Ruhestand. Zum Abschied aus Hamburg gab es eine große Sonderausstellung mit seinem Lebenswerk, bevor er – zusammen mit seiner dritten Ehefrau – nach Freiburg übersiedelte. Von dort aus intensivierte er seine Kontakte nach Lahr, in diese Zeit fällt auch sein Vorschlag, am Alten Rathaus eine Sonnenuhr zu installieren. Diese verbindet Strohmeyers astrologische und astronomische Begeisterung mit gestalterischer Zurückhaltung. 1967 starb Otto Heinrich Strohmeyer in Freiburg. Sein Grab auf dem Lahrer Bergfriedhof existiert nicht mehr.

Viele Talente und ein großes Netzwerk

Wenn die Lahrer im kommenden Jahr die Ausstellung besichtigen können, dann wird ihnen dieser "Stroh" jedoch nicht nur als Sohn der Stadt, Künstler und Architekt vorgestellt, sondern vor allem als faszinierende, geradezu schillernde Persönlichkeit mit vielseitigen Interessen. So entwickelte er eine sehr systematische Notenschrift, deren Vorteile er in Vorträgen vorstellte. Er begeisterte sich für übernatürliche Erscheinungen ebenso wie für Mathematik und Physik, und war ein hervorragender Netzwerker, der Franz Marc und Thomas Mann persönlich kennenlernte und mit Paul Klee musizierte. Keines seiner vielen Talente brachte ihn ganz nach vorne in die erste Reihe. Vielleicht ist es genau das, was ihn besonders macht.
PDF-Version herunterladen Fehler melden

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel