Interview

Badeunfälle vermeiden: Welche Gefahren werden unterschätzt und welche Alarmzeichen gibt es?

Zwei heiße Tage, zwei Tote: Das ist die Bilanz des Auftakts der Badesaison in der Region. Ludwig Schulz von der DLRG erklärt im Interview, warum es eine Risikogruppe gibt und wie man sich schützt.  

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Die Einsatzkräfte des DLRG sind bereit für die Badesaison.  | Foto: Endrik Baublies
Die Einsatzkräfte des DLRG sind bereit für die Badesaison. Foto: Endrik Baublies

BZ: Herr Schulz, bereits an den ersten heißen Tagen des Jahres gab es in der Region zwei tödliche Badeunfälle, in Staufen und Neuenburg-Steinenstadt. Generell steigt die Zahl. Wie bereitet sich das DLRG auf die Badesaison vor?

Wir versuchen, die Zahl der bewachten Badestellen konstant zu halten. Wir achten darauf, dass unsere Leute gut ausgestattet und ausgebildet sind. Was wir ansonsten machen, ist, den alarmbasierten Wasserrettungsdienst noch stärker zu ertüchtigen. Das bedeutet, Rettungsmittel bereitzustellen und uns mit Material, moderneren Geräten, Drohnen und Wasserortungshunden auszustatten. Aber das ist die zweite Stufe. Die erste Stufe ist, dass die Leute vor Ort Unfälle verhindern, indem sie gefährliche Situationen frühzeitig erkennen. Das ist unsere große Stärke, dass wir präventiv eingreifen können. In den bewachten Bereichen passiert wenig.

"Ertrinken findet vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen oft sehr leise statt. "Ludwig Schulz

BZ: Was gibt es für Anzeichen dafür, dass sich jemand in Gefahr befinden könnte?

Ertrinken findet vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen oft sehr leise statt. Es gibt typische Haltungen bei Betroffenen, sie sind aufrecht, nicht liegend im Wasser, der Kopf ist nach hinten gebeugt, die Arme meist ausgestreckt. Es gibt aber natürlich auch Fälle, in denen Menschen zum Beispiel wegen eines Krampfs um Hilfe rufen. Bei Jugendlichen sind Alkohol, Feiern und Mutproben häufige Risikofaktoren.

BZ: Häufen sich die Unfälle, weil immer mehr Menschen nicht gut schwimmen können?

Das ist ein Problem, das wir im Auge haben. Besonders besorgt sind wir, wenn wir lesen, dass über die Hälfte der Kinder am Ende der Grundschulzeit nicht sicher im Wasser ist. Die Fähigkeit, schwimmen zu können, ist das beste Mittel gegen Ertrinken. Wichtig ist, dass Eltern wissen, dass ein Seepferdchen noch keinen sicheren Schwimmer ausmacht. Kinder können sich zwar eine Zeit lang über Wasser halten, der Maßstab für sicheres Schwimmen ist aber das Schwimmabzeichen in Bronze.

Ludwig Schulz  | Foto: DLRG
Ludwig Schulz Foto: DLRG

BZ: In Staufen ist ein als Schwimmer bekannter Mann in einem nur etwa zwei Meter tiefen See ertrunken. Welche Gründe kommen da noch in Frage?

Es gibt immer wieder Fälle von Selbstüberschätzung, vor allem am Anfang der Saison. Viele halten sich für unsinkbar, wie die Titanic. Unabhängig davon spielen auch Temperaturunterschiede eine Rolle. Wenn es draußen extrem heiß ist und etwa eine Kreislauferkrankung vorliegt, kann das Probleme verursachen. Gut abkühlen ist deshalb sehr wichtig. Die Ursachen sind vielschichtig. Aber es gibt eine Risikogruppe: Es ist auffällig, wie hoch der Anteil an Männern über 50 ist, die jährlich ertrinken. Wir appellieren immer wieder an die Leute, erstmal langsam zu machen, sich keine zu weiten Strecken zuzutrauen und die eigene Fitness zu überprüfen, sich nicht in riskante Situationen zu bringen – vor allem nicht in Fließgewässern.

BZ: Welche Gefahren haben Badegäste nicht unbedingt auf dem Schirm?

Fließgewässer sind wegen der Strömung generell gefährlich, das zeigen die Zahlen bundesweit. An Schifffahrtsrouten, wie es sie auf dem Oberrhein gibt, sollte man nicht schwimmen. Gleich danach kommen die Seen. Da gibt es unterschiedliche Risiken: trübes Wasser, in dem man den Grund nicht sieht, Geländeabbrüche in Baggerseen, dass es plötzlich tief wird.

BZ: Gibt es Badeseenmythen, die sich hartnäckig halten, aber gar nicht stimmen? Können Fische zum Beispiel gefährlich werden?

Von Fischen geht im Wasser keine Gefahr aus. Selbst ein großer Wels schwimmt weg und lacht höchstens über unsere Schwimmqualität.

Badeunfälle in Baden-Württemberg

Bundesweit sind im vergangenen Jahr laut Statistik der DLRG 411 Menschen ertrunken, darunter 14 Kinder. 76 Prozent der Ertrunkenen waren männlich. 2023 lag die Zahl bei 380 Todesfällen, 2022 bei 355. In Baden-Württemberg wurden 2024 mit 48 vier Todesfälle mehr verzeichnet als im Vorjahr. Drei Menschen starben in Freiburger Seen.

BZ: Und wenn wirklich mal etwas im Wasser passieren sollte und von der DLRG niemand da ist, was ist zu tun?

Immer zuerst den Notruf absetzen. Wichtig ist es auch, die Eigensicherung zu beachten. Wer eine Person vor dem Ertrinken retten will, bringt sich schnell selbst in Gefahr. Man sollte immer versuchen, der Person etwas zu werfen, woran sie sich festhalten kann. Das kann ein Stock sein oder eine Luftmatratze, die hat am Baggersee meistens jemand dabei. So lässt sich verhindern, dass man selbst mit in die Tiefe gezogen wird.

Ludwig Schulz, 61, ist Leiter der Geschäftsstelle des Landesverbands Baden der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Karlsruhe.

Schlagworte: Ludwig Schulz, Ludwig Schulz BZ

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