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Beide Männer sollen geschossen haben

  • Ira Schaible und Wolfgang Jung (dpa)

  • Mi, 02. Februar 2022
    Panorama

Zwei mutmaßliche Wilderer stehen wegen tödlicher Schüsse auf Polizisten unter Mordverdacht / Noch laufen die Ermittlungen.

Polizisten bringen einen der Tatverdäc...icht Kaiserslautern aus dem Gebäude.    | Foto: Harald Tittel (dpa)
Polizisten bringen einen der Tatverdächtigen nach dem Haftprüfungstermin am Landgericht Kaiserslautern aus dem Gebäude. Foto: Harald Tittel (dpa)

. Nach den tödlichen Schüssen auf zwei junge Polizisten in der Pfalz sprechen die Ermittler von einem "verstörenden" Verbrechen: Die mutmaßlichen Mörder wollten offenbar Jagdwilderei vertuschen. Seit Dienstag sind die 32 und 38 Jahre alten Saarländer wegen Verdachts auf gemeinschaftlichen Mord und Wilderei in Untersuchungshaft. Der Ältere habe sich nicht zur Sache geäußert; der Jüngere die Wilderei eingeräumt sowie Polizeikontrolle und Schüsse geschildert. Er bestreitet jedoch, selbst geschossen zu haben.

"Im Moment gehen wir davon aus, dass mindestens zwei Waffen verwendet wurden", sagte Oberstaatsanwalt Stefan Orthen auf einer Pressekonferenz in Kaiserslautern. "Und wir gehen auch davon aus, dass diese zwei Waffen von den beiden Beschuldigten genutzt wurden, also, dass jeder geschossen hat." Bei den Verdächtigen wurde ein großes Waffenarsenal sichergestellt. Hinweise auf eine politisch motivierte Tat oder etwa Verbindungen in die sogenannte Reichsbürgerszene gibt es nach Angaben der Ermittler nicht. Ein Haftgrund sei auch eine mögliche Fluchtgefahr, die wirtschaftlichen Verhältnisse seien "alles andere als geordnet", die sozialen Verhältnisse "eher brüchig".

Die beiden Verdächtigen seien nicht vorbestraft. Der 38-Jährige sei der Polizei aber früher bereits wegen Jagdwilderei und Verkehrsunfallflucht aufgefallen, sagte Kriminaldirektor Frank Gautsche. Zudem werde im Saarland im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren gegen ihn ermittelt – es gebe womöglich weitere Ermittlungsverfahren, zu denen noch keine Details genannt wurden. Der 32-Jährige war der Polizei wegen Betrugsdelikten bekannt. Es gebe Hinweise, dass beide gewerblich und professionell gewildert hätten. Den beiden Männern drohe lebenslange Haft wegen gemeinschaftlichen Mordes, sagte Orthen. Auf die – den Ermittlungen zufolge – vertuschte Straftat, besonders schwere Wilderei, stünden drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe.

Nach der Pressekonferenz wird nun auch klarer, was genau am frühen Montagmorgen geschah: Die 24 Jahre alte Polizeianwärterin und der 29-jährige Oberkommissar waren als Zivilstreife unterwegs, um ein Eigentumsdelikt aufzuklären. Um kurz nach 4 Uhr teilten sie per Funk mit, unabhängig davon "dubiose Personen" festgestellt zu haben, deren ganzer Kofferraum eines Kastenwagens voller Wild sei. Kurz darauf, gegen 4.20 Uhr, hätten sie gefunkt: "Komm schnell, die schießen, die schießen, komm schnell." Bei diesem letzten Funkspruch sei auch ein Schuss zu hören gewesen.

Zehn Minuten später fanden die zur Verstärkung herbei geeilten Polizisten ihre junge Kollegin tot vor dem Auto. Sie sei mit einem Schuss in den Kopf getötet worden und habe selbst ihre Waffe nicht mehr ziehen können. Sie habe womöglich eine Taschenlampe und die Papiere in der Hand gehalten. Der Polizist lag schwerst verletzt und nicht mehr ansprechbar hinter dem Auto an einer Böschung. Er sei von vier Schüssen getroffen worden, einer davon in den Kopf. Der 29-Jährige habe noch 14 Mal geschossen, nach bisherigen Erkenntnissen sei aber keiner der Verdächtigen getroffen worden. Die Täter seien mit dem Auto geflüchtet. Neben der erschossenen Polizistin seien aber der Führerschein und der Personalausweis des 38 Jahre alten Verdächtigen gefunden worden.

Vize-Polizeipräsident Heiner Schmolzi sagte: "Die Kollegin war kurz vor dem Abschluss, sie hätte im Mai ihren Dienst begonnen. Sie hatte alle Trainings, Schießtrainings, Einsatztrainings, Zugriffstrainings absolviert." Sie war also fast "eine fertige Polizistin", sagte er. Ihr Kollege sei "sehr anerkannt, erfahren, achtsam und aktiv" gewesen, so Schmolzi. Polizeipräsident Michael Denne sprach von einem "sehr sympathischen, sehr offenen Kollegen ".

Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) hatte der Haupttatverdächtige keinen gültigen Jagdschein und sei nicht berechtigt, Jagdwaffen zu besitzen. Die zuständige Behörde im Saarland habe seinen Antrag auf einen Jagdschein für 2020 abgelehnt. Der DJV zeigte sich entsetzt über den Doppelmord. "Die ungeheure Brutalität macht uns fassungslos", teilte DJV-Präsident Volker Böhning mit.

Ressort: Panorama

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