Reformherbst
Bürokratieabbau und "Aktivrente": Was die Koalition plant
Wie will die Koalition die Wirtschaft stärken, Rente und Krankenversicherung stabilisieren? Vorschläge zu Bürokratieabbau, "Aktivrente" und Sozialstaatsreform bieten reichlich Diskussionsstoff.
Anne-Beatrice Clasmann (dpa)
So, 7. Sep 2025, 12:41 Uhr
Politik Inland
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Berlin (dpa) - Die schwarz-rote Koalition hat einen Herbst der Reformen ausgerufen. Wie die verschiedenen Vorschläge, die dazu in diesen Tagen von CDU, CSU und SPD kommen, zu einem Gesamtkonzept werden sollen, muss sich erst noch erweisen.
Die Zeit drängt. Denn die deutsche Wirtschaft steckt in einer Dauerkrise. In den vergangenen beiden Jahren ist Europas größte Volkswirtschaft geschrumpft. Die Zahl der Arbeitslosen steigt und liegt aktuell bei 6,4 Prozent. Gleichzeitig bleiben viele Stellen unbesetzt. 2026 erwarten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ein Mini-Wachstum zwischen 0,8 und 1,3 Prozent. Finanzierungsprobleme führen zu einer Debatte über notwendige Reformen des Sozialstaats, zu denen im Koalitionsvertrag nur wenig Konkretes zu finden ist.
- Aus dem Haus von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) soll bald ein Entwurf für die sogenannte Aktivrente kommen, auf deren Einführung zum 1. Januar 2026 sich die Koalition geeinigt hat. Ziel des Vorhabens ist es, Rentnerinnen und Rentner durch einen steuerlichen Vorteil zu motivieren, im Rentenalter weiterzuarbeiten. Nicht alle sind überzeugt. "Die Politik drückt auf Gas und Bremse zugleich", sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, Steffen Kampeter, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Einerseits solle die "Aktivrente" längeres Arbeiten fördern, gleichzeitig belohne die abschlagsfreie Frühverrentung aber den vorzeitigen Ausstieg. Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) sagte dem RND: "Die Regelung kostet Milliarden, löst aber keins der vorhandenen Probleme."
- Die SPD würde Gutverdienende gerne stärker besteuern. Die Union verweist hier auf den Koalitionsvertrag, wo davon nicht die Rede ist. Kanzleramtsminister Thorsten Frei warnt in der "Rheinischen Post" davor und verweist auf mittelständische Unternehmen. "Die Debatte über eine höhere Einkommensteuer am oberen Ende ist eine verkürzte Debatte. Sie vermittelt den Eindruck, als ginge es da nur um reiche Privatpersonen", sagt der CDU-Politiker. Und fügt hinzu: "Etwa drei Viertel aller deutschen Unternehmen zahlen als Personengesellschaften Einkommensteuer. Wenn wir etwas nicht brauchen, dann ist es, wirtschaftliche Tätigkeit stärker zu besteuern."
- Anfang des Monats hat sich eine Kommission zur Sozialstaatsreform konstituiert, die bis zum Jahresende Vorschläge zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Sozialstaats erarbeiten soll. Ihr gehören Vertreter von Bund, Länder und Kommunen an. Dabei liegt der Fokus aber nicht auf Leistungen, die aus Beiträgen finanziert werden, sondern auf steuerfinanzierten Leistungen wie etwa Wohngeld oder Kinderzuschlag. Aus Sicht von Grünen-Chefin Franziska Brantner liegen dafür schon fertige Vorschläge des unabhängigen Normenkontrollrats (NKR) auf dem Tisch. Der NKR hatte kurz vor der Bundestagswahl im Februar erklärt, große Fortschritte könnten beispielsweise durch mehr Digitalisierung, Automatisierung und Bündelung bei der Bearbeitung von Sozialleistungen erzielt werden. Hier sollten vorhandene Daten zwischen den Behörden von Bund, Ländern und Kommunen digital ausgetauscht werden. Die einzelnen Leistungen könnten ebenso gebündelt werden wie die Zuständigkeit dafür.
- Nach dem öffentlichen Streit um die geplante Reform des Bürgergelds, das durch eine neue Grundsicherung ersetzt werden soll, warten nun alle gespannt auf einen entsprechenden Entwurf von Bas. Dabei geht auch um die Frage, wie Menschen wieder in Arbeit gebracht werden können und welche Sanktionen denjenigen drohen, die sich weigern, eine zumutbare Tätigkeit aufzunehmen.
© dpa-infocom, dpa:250906-930-5170/2