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Antarktis

BZ-Interview mit Meeresforscher Froese

Sophia Hesser
  • Sa, 29. Oktober 2016
    Panorama

BZ-INTERVIEWmit Rainer Froese über die antarktische Schutzzone.

Rainer Froese  | Foto: privat
Rainer Froese Foto: privat

FREIBURG/KIEL. Ein Gebiet in der Antarktis, viermal so groß wie Deutschland, wurde zur Meeresschutzzone erklärt. Dort darf nicht mehr gefischt werden. Sophia Hesser hat mit dem Meeresforscher Rainer Froese über die Bedeutung des Rossmeeres und des neuen Schutzgebiets gesprochen.

BZ: Herr Froese, warum wurde ausgerechnet ein Bereich der Antarktis zur Meeresschutzzone erklärt?
Froese: Beide Pole, also Arktis und Antarktis, sind sehr stark vom Klimawandel bedroht. Das Eis geht dramatisch zurück und das ganze Nahrungsnetz verändert sich.

BZ: Kann die Einrichtung eines Schutzgebiets die Auswirkungen des Klimawandels an den Polen denn mildern?
Froese: Ja, denn dann kann dort zumindest keine Fischerei mehr stattfinden. Ich bin der Meinung, dass man die Gewässer um die Antarktis komplett für die Fischerei sperren sollte. Im Rossmeer war der Eingriff durch Menschen ins Ökosystem am größten. Die Zahl der Orcas hat bereits abgenommen.

BZ: Welchen menschlichen Einfluss gab es denn?
Froese: Im Rossmeer gab es eine überwiegend russische Fischerei auf den Riesen-Antarktisdorsch, auch antarktischer Seehecht genannt – ein Fisch, der bis zu zwei Meter groß wird. Außerdem fischt man den Krill, eine Schwebegarnele, die pflanzliches Plankton frisst und selbst von Pinguinen, Walen, Weddellrobben und anderen gefressen wird. Ohne oder mit zu wenig Krill würde das Ökosystem zusammenbrechen. Es gibt leider Pläne, die Fischerei auf Krill zur größten Fischerei der Welt auszubauen. Das wäre eine Katastrophe für das Ökosystem.

BZ: Was ändert sich denn durch die Bezeichnung "Schutzzone" tatsächlich?
Froese: In drei Vierteln des Gebietes darf keine Fischerei mehr stattfinden. Im Rest des Gebietes darf sie weiterlaufen – mit Einschränkungen. Ein Schlupfloch könnte darin bestehen, dass die Fischerei zu Forschungszwecken erlaubt bleibt. Das klingt harmlos, allerdings deklariert Japan seinen Walfang als Forschungsfischerei. Man kann also hoffen, dass Walfang in diesem Schutzgebiet nicht zugelassen wird, auch nicht zu Forschungszwecken.

BZ: Welche Tiere leben in der Antarktis?
Froese: Von dem Beschluss profitieren sehr viele Tiere, die man kennt. Das fängt an bei der Garnele Krill, geht weiter mit Pinguinen, wie Kaiserpinguinen. Es gibt auch Orcas und Pottwale, Sturmvögel, Seehunde, Seeleoparden und Weddellrobben. Gerade die Orcas und Pottwale stellen eine Konkurrenz zur Fischerei dar. Denn die großen Fische, auf die es die Fischerei abgesehen hat, werden von den Walen gefressen. Es gibt auch ein vielfältiges und buntes Leben am Boden des Meeres. Da gibt es Schwämme, Krustentiere, Manteltiere und Seesterne. Die Antarktis ist also ein sehr vielfältiges Ökosystem.
BZ: Das Meer ist groß – wie viel Prozent sind denn schon eine Schutzzone?
Froese: Es gibt viele Schutzzonen, auch in Europa. Auf dem Papier sieht das gut aus, aber wirklich geschützt wird wenig. Man schätzt, dass global etwa drei Prozent der Meere Schutzzonen sind, dass aber tatsächlich nur weniger als ein Prozent der Meere geschützt werden.

Rainer Froese, 65, ist Meeresforscher am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 29. Oktober 2016: PDF-Version herunterladen

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