Freiwilligendienst in Frankreich

"Das hat mich gerührt"

Die Arche in der Bretagne ist ein Ort, an dem Behinderte mit Betreuern leben. Doch wie ist es für einen Betreuer dort? Zischup-Reporterin Selina Seidel interviewt Veronika Didden (25), die dort ein halbes Jahr gearbeitet hat.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Veronika Didden half ein halbes Jahr behinderten Menschen im alltäglichen Leben  | Foto: dpa
Veronika Didden half ein halbes Jahr behinderten Menschen im alltäglichen Leben Foto: dpa
Zischup: Du hast in der Arche gearbeitet. Wie bist du darauf gekommen?
Veronika: Eine Freundin von mir, die selber schon öfters dort gearbeitet hat, hat mir viel von der Arche in Frankreich erzählt. Aufgrund dieser Erzählungen sowie der Tatsache, dass ich vor nicht allzu langer Zeit mein Studium beendet und danach Lust hatte, mal etwas ganz anderes zu tun, habe ich mich dafür entschieden, selber ein halbes Jahr in dieser Arche zu arbeiten.

Zischup: In der Arche ist es ja so, dass man mit Behinderten zusammenlebt. Wie war das für dich so?
Veronika: Das Zusammenleben mit den behinderten Menschen habe ich als eine große Herausforderung, aber auch Bereicherung erlebt. Gerade am Anfang gab es einige Situationen, in denen ich Hemmungen, Ängste und auch Ekel überwinden musste, zum Beispiel beim Windeln wechseln. Aber daran habe ich mich schnell gewöhnt. Und es gab ja auch so viele schöne Momente, die für jegliche Mühe entlohnt haben. Gerade die behinderten Menschen haben mich so unglaublich herzlich, ehrlich und unkompliziert in der Arche empfangen und aufgenommen. Das hat mich sehr gerührt.

Zischup: Wie sah ein typischer Tagesablauf in der Arche aus?

Veronika: Ich habe in einem Heim mit sieben behinderten Menschen sowie einigen anderen Assistenten gelebt. Der Tag begann um acht Uhr mit Wecken, Waschen und Anziehen der Behinderten, natürlich nur von denen, die unsere Hilfe brauchten. Es gibt drei Bewohner, die komplett gepflegt werden müssen. Die anderen vier sind mehr oder weniger autonom. Von halb neun bis zehn gibt es Frühstück. Danach wird das Haus geputzt. Um halb eins gibt es Mittagsessen. Das Essen wird aus der großen Communité-Küche geliefert, in der auch vier behinderte junge Frauen mit ein bis drei Assistenten arbeiten. Von 14 bis 16 Uhr wird in den Ateliers gearbeitet . Wir Betreuer sind auch oft für zwei oder mehr Stunden zur Mithilfe im Atelier eingeteilt. Dort werden Kerzen, Schmuck und so weiter hergestellt. Wenn wir nicht im Atelier mithelfen, sind wir meistens bei den drei Behinderten die komplett gepflegt werden müssen . Nach dem Arbeiten gibt’s noch eine Kaffepause . Um 19.30 gibt es dann Abendessen, welches durch uns Betreuer vorbereitet wird. Danach wird gemeinsam die Küche aufgeräumt . Dann werden die drei Schwerstbehinderten ins Bett gebracht. Ab 21 Uhr: gemütliches Beisammensein im Wohnzimmer mit den anderen Assistenten und Behinderten.

Zischup:Gab es Aufgaben, die du bisher noch nicht kanntest? Waren sie einfach oder schwierig?
Veronika:Die Pflege und Betreuung der drei Vollpflegefälle in unserem Haus war für mich eine völlig neue Erfahrung. Einfach war dies in keiner Weise. Aber ich war damit ja nie alleine und konnte immer sagen, wenn mir etwas zu viel wurde. Unsere Hausverantwortliche sowie die anderen Assistenten waren immer sehr verständnisvoll.

Zischup:Gibt es Ereignisse, an die du dich noch lange erinnern wirst?
Veronika:Es gibt viele Ereignisse, die ich so schnell nicht vergessen werde. Ein besonders intensiver Moment war der, als einer der Bewohner, der an diesem Tag irgendwie schlecht gelaunt und bockig war, neben mir saß, während ich Klavier spielte. Von Minute zu Minute wurde er entspannter, zufriedener und ausgeglichener. Bereits nach kurzer Zeit sang er munter zu meiner Klaviermusik, lachte und sagte schließlich etwas, das ich nie vergessen werde: "Merci musique!"

Zischup:Wie waren die sechs Monate ohne Familie und Freunde?
Veronika:Gerade am Anfang gab es so viele neue Eindrücke und so viele Dinge zu lernen, nicht zuletzt die Sprache, dass ich gar nicht viel Zeit hatte, meine Familie und Freunde zu vermissen. Und auch sonst war die gesamte Zeit in der Arche sehr gut ausgefüllt mit Arbeit und Aktivitäten. Dennoch gab es aber auch Momente, in denen ich Heimweh hatte und alle vermisst habe. Es kamen mich aber auch Freunde und meine Schwester besuchen.

Zischup: Vor kurzem bist du wieder zurück nach Deutschland gekommen. Warst du froh oder wärst du gerne noch länger geblieben?
Veronika:Der Abschied von der Arche und vor allem von meinem Haus ist mir nicht leicht gefallen. So nach sechs Monaten baut man schon eine sehr intensive Beziehung zu den Menschen dort auf. Andererseits bin ich aber auch froh, wieder zurück zu sein. Wieder hier zu sein, finde ich im Moment ein bisschen besser.

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel