Sicherheitstechnik

Debatte um mehr Videokameras in Städten in Baden-Württemberg

Videoüberwachung an Bahnhöfen und Plätzen – ob mit oder ohne KI – ist umstritten: Während die CDU mehr Sicherheit verspricht, warnt der Datenschützer vor Eingriffen in Grundrechte.  

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Ein Beamter steht im Führungs- und Lag...nheim vor einer Wand mit Bildschirmen.  | Foto: Uwe Anspach (dpa)
Ein Beamter steht im Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Mannheim vor einer Wand mit Bildschirmen. Foto: Uwe Anspach (dpa)

Verlässt man in Mannheim den Hauptbahnhof und läuft zum Marktplatz, durchquert man eines der am besten überwachten Viertel in ganz Baden-Württemberg. Überwachungskameras verfolgen jeden Schritt, denn die Straßenzüge gelten als Brennpunkt für Kriminelle. Auch Tübingen will seinen Busbahnhof überwachen lassen, um Graffitisprayer abzuschrecken oder schwere Straftaten zu verhindern – zum Ärger des obersten Datenschützers, der mit einer Klage droht. Denn die Kriminalitätsbelastung am Busbahnhof hebt sich nicht deutlich vom restlichen Stadtgebiet ab – und das sei auch später nicht zu erwarten, betont der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Tobias Keber.

CDU will das Polizeigesetz ändern

Für die CDU kann das kein Kriterium mehr sein. Sie will, dass nicht die Statistik entscheidet, ob ein Ort überwacht wird, sondern das Rathaus. "Wir wollen das Polizeigesetz so ändern, dass unsere Kommunen überall dort, wo sie es für notwendig halten, KI-gestützte Videoüberwachung einsetzen können", sagt CDU-Landes- und Fraktionschef Manuel Hagel. Die Systeme sollen etwa Alarm auslösen, wenn Absperrungen überwunden werden. In einer Menschenmenge sollen sie erkennen können, ob sich Personen unnormal verhalten oder ob es zu einer Schlägerei kommt. "Mit KI wird nicht alles gefilmt, aber es wird das Richtige erkannt", erklärt Hagel. Moderne Technik dürfe in der Debatte nicht ausgeschlossen werden: "Wenn wir jede technische Möglichkeit wegen Sorgen und Bedenken von vorneherein beiseiteschieben, bringen wir die innere Sicherheit nicht voran."

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) argumentiert beim Busbahnhof in seiner Stadt mit Vandalismus und häufigen Situationen, "die von einem Teil der Menschen, die dort als ÖPNV-Nutzende passieren müssen, als bedrohlich wahrgenommen werden und das subjektive Sicherheitsgefühl einschränken", wie es in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat heißt.

Mehr als jeder Zweite fühlt sich sicherer

Eine Umfrage aus Mannheim, die das Innenministerium in Auftrag gegeben hat, stützt das: Demnach wird der Einsatz der 70 Kameras in der Quadratestadt von über 80 Prozent der Befragten befürwortet. Laut Ministerium haben 58 Prozent angegeben, sie fühlten sich zudem mit den Kameras subjektiv sicherer als ohne. Das ist auch Hagels Linie: "Viele Menschen haben Angst, wenn sie an öffentlichen Orten sind. Wir wollen aber, dass lebendige Orte sichere Orte sind."

Videokameras sind aber kein Allheilmittel gegen die Angst im Bahnhofsviertel oder in der Fußgängerunterführung, sagt Rita Haverkamp von der Uni Tübingen. "Sie sind vielmehr oft eine Beruhigungspille, die nicht unbedingt wirkt", sagt die Professorin für Kriminalprävention und Risikomanagement. Menschen könnten sich beim Anblick von Kameras sicherer fühlen. Andere hingegen könnten noch mehr fürchten, in Gefahr zu sein, weil sie erst durch die Schilder und Kameras auf das Risiko hingewiesen würden.

In England lässt der Einfluss der Kameras auf das Sicherheitsempfinden schon nach

Es gebe zudem einen Gewöhnungseffekt, auf den auch Studien aus Großbritannien hinwiesen, sagt Haverkamp. Dort gibt es bereits etliche Überwachungskameras. So viele, dass der Einfluss auf das Sicherheitsempfinden nachlasse und eine bessere Videoüberwachung gefordert werde. Videoüberwachung könne daher nur ein Baustein sein in einem ganzen Paket von Maßnahmen, sagt die Professorin. Sehr effektiv sei etwa auch eine gute Beleuchtung.

Schlagworte: Rita Haverkamp, Manuel Hagel, Tobias Keber

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