"Der Orgasmus als göttliches Zeichen"
BZ-INTERVIEW mit dem Autor und Islamwissenschaftler Navid Kermani über die Gründe für die verlorene Erotik im Islam.
Ausschweifungen im Harem, sexuelle Abhandlungen in theologischen Werken, Sinnlichkeit in der Dichtung – in der islamischen Kunst und Kultur wimmelt es vor erotischen Darstellungen. Doch durch den Einfluss des Salafismus wurde die Körperlichkeit in der islamischen Welt zusehends aus dem öffentlichen Leben verbannt. BZ-Redakteur Michael Saurer sprach mit dem Islamwissenschaftler und Schriftsteller Navid Kermani über die Ursachen, die Folgen – und die brennende Sehnsucht der ersten Liebe. Über die hat Kermani einen Roman geschrieben.
BZ: Herr Kermani, Sie schreiben in Ihrem Roman "Große Liebe" über die Erlebnisse eines 15-Jährigen, der sich in eine ältere Schulkameradin verliebt. Erinnerungen an Ihre eigene Jugend?
Kermani: Es ist nur insofern eine persönliche Erinnerung, als jeder Mensch ein erstes Mal verliebt war. Und ich greife mit dem Buch die Tradition der Liebesdichtung auf, wie sie bis in die Moderne üblich war: die Darstellung der jugendlichen Verliebtheit und nicht die der lebenslangen Ehe. Die Literatur des ...