Zischup-Schreibwettbewerb Frühjahr 2015
Die alltägliche Selbstoptimierung des Menschen
Das Internet schluckt unsere Daten und gibt sie andernorts preis. Nicht gut, findet Johanna Meier. Sie geht in die Klasse 9b des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Schopfheim und gehört zu den Gewinnern des Zischup-Schreibwettbewerbs. Ein temporeicher Text, der sich nicht nur gut liest, sondern auch über die Gefahren des Internets aufklärt.
Johanna Meier, Klasse 9b, Theodor-Heuss-Gymnasium & Schopfheim
Do, 2. Jul 2015, 10:26 Uhr
Schreibwettbewerb Zischup
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Rund fünf Minuten später richte ich mir mein Frühstück und gebe die Daten in meine Ernährungs-App ein, damit ich nicht zu viele Kalorien am Tag zu mir nehme. Plötzlich erscheint auf meinem Handy eine Erinnerung: "8 Uhr Sitzung in Lörrach". Kurz vor 7.30 Uhr gehe ich aus dem Haus und steige in mein Auto. Um zielgerichtet zu fahren, gebe ich die Sitzungsadresse in mein Handy-Navigationsgerät ein und fahre los.
Nach einem anstrengenden Arbeitstag fahre ich nach Hause und habe überhaupt keine Lust zu kochen. Bei meinem Internet-Lieferanten bestelle ich einfach eine Pizza Salami. 15 Minuten später ist sie da und ich gebe, bevor ich sie esse, die Kalorienanzahl in mein Handy ein. Die Apple-Watch leuchtet auf und vibriert kurz: "Deine heutige Aktivitätszeit ist noch weit von deinem Tagesziel entfernt!", steht da. Ich stöhne auf und beschließe, eine Runde Joggen zu gehen. Als ich nach 10,3 Kilometer wieder zu Hause ankomme, lade ich meine Joggingroute sofort online hoch, um sie im sozialen Netzwerk zu teilen. Ich gehöre heute zu den Top Fünf. Ich bin stolz auf mich. Am Abend nach dem Abendessen hole ich eine Packung Chips, setze mich auf die Couch und gebe wie bei jedem Essen die Daten für die Kalorienanzahl in mein Handy ein. Es piepst und zeigt an, dass ich meinen Tagesbedarf an Kalorien überschritten habe. Mit einem Seufzen esse ich enttäuscht von mir selber die Chips auf. 15 Minuten später leuchtet die Apple-Watch auf, vibriert kurz: "Ihr sportliches Tagesziel wurde erreicht. Super gemacht!" Kurz vor 21 Uhr gehe ich in mein Schlafzimmer, stelle erneut meinen Wecker, ziehe meine Apple-Watch aus und beginne zu schlafen.
Am nächsten Morgen klingelt mein Handy-Wecker wieder um sechs Uhr. Nach dem Duschen ziehe ich mich wieder an, und meine Apple-Watch leuchtet auf und vibriert kurz: "Ein neuer Start in den Tag, leg los mit deinen täglichen Aktivitäten!" Als ich mein Frühstück gerichtet habe und die Daten der Kalorien wieder in mein Handy getippt habe, bekomme ich eine Nachricht: "Gestern war kein guter Tag, achte heute gezielter auf das, was du zu dir nehmen möchtest!"
20 Minuten später steige ich in mein Auto und möchte die Adresse meines Kunden in mein Handy-Navigationsgerät eingeben. Ständig erscheinen Vorschläge für Ziele:zis "Sitzung Lörrach" oder "Marina daheim". Nach der Arbeit piepst mein Handy und auf dem Monitor erscheint eine Nachricht von dem gestrigen Internet-Lieferanten: "Deine Pizza Salami heute nur für 4 Euro!" Am späten Abend gehe ich noch eine Runde im Park laufen. Auf einmal sehe ich meine Freundin und rufe ihr zu: "Hey Anne, was ist das denn für ein Zufall?" Sie antwortet: "Hallo. Nein ich habe dich geortet, weil ich dir unbedingt etwas erzählen wollte."
Mit einem Klick bestätigen wir unsere Zustimmung dafür, dass unsere Daten gesammelt werden dürfen. Für uns Menschen ist es mittlerweile normal, dass Menschen und Geräte so viel über uns wissen. Es ist ein praktisches Verfahren, das immer wieder als Vorteil präsentiert wird und doch zur totalen Kontrolle führt. Unbemerkt werden all unsere Daten gesammelt und weiterverarbeitet. Die Unternehmen verkaufen dann die personalisierte Werbung. Für einen normalen Bürger ist dies momentan noch keine große Sache, doch was ist, wenn unsere Krankenkassen unsere Ernährung über die Gesundheits-App prüfen oder Banken unser Konsumverhalten checken und uns unserer persönlichen Freiheit berauben? Wollen wir das wirklich?
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