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Die Diktaturen sind auf dem Vormarsch

  • dpa

  • Fr, 11. Februar 2022
    Ausland

Wegen der Pandemie werden weltweit Freiheiten zurückgenommen – mit Folgen für die Demokratie / Bericht zeichnet düsteres Bild.

Demokratie auf dem Rückzug, Diktaturen auf dem Vormarsch: Einer aktuellen Studie zufolge leben immer weniger Menschen in freien und fairen Staatsformen. Grund ist vor allem die Corona-Pandemie, wie die britische "Economist"-Gruppe in ihrem am Donnerstag veröffentlichten "Demokratieindex" betont. "Die Pandemie hat zu einem beispiellosen Entzug der bürgerlichen Freiheiten sowohl in entwickelten Demokratien als auch in autoritären Regimen geführt", hieß es.

Das liege an Lockdowns und Reisebeschränkungen sowie zunehmend an Corona-Pässen als Bedingung für die Teilnahme am öffentlichen Leben. Die Pandemie habe zur Normalisierung von Notstandsbefugnissen geführt, Bürgerinnen und Bürger würden an eine enorme Ausweitung der Staatsgewalt in weiten Bereichen des öffentlichen und persönlichen Lebens gewöhnt, so die Studie. Die Pandemie habe in vielen Ländern zu einer tiefen gesellschaftlichen Spaltung geführt.

Demnach lebten 2021 noch 45,7 Prozent der Weltbevölkerung in irgendeiner Form einer Demokratie. Das waren noch einmal deutlich weniger als 2020 mit 49,4 Prozent. In einer "vollständigen Demokratie" lebten sogar nur 6,4 Prozent, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (8,4 Prozent). Die USA sind auf eine "mangelhafte Demokratie" herabgestuft worden etwa wegen Unregelmäßigkeiten bei Wahlen und weil Millionen Bürger nicht als Wähler registriert worden seien. Weit mehr als ein Drittel der Menschen leben nach den Untersuchungskriterien in einer Diktatur – 37,1 Prozent, die meisten in China. Das bedeutetet ein leichtes Plus zu 2020. Der Anteil der autoritär regierten Staaten ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen.

Vor allem China spiele eine unrühmliche Rolle, so die "Economist"-Gruppe. "China ist nicht demokratischer geworden, während es reicher geworden ist. Im Gegenteil, das Land ist unfreier geworden", hieß es. Menschenrechtler klagen über zunehmende Überwachung sowie die Repression von Regierungskritikern, Andersdenkenden und Minderheiten.

Die chinesische Führung nutze die Pandemie als Beweis, dass ihr politisches System dem liberalen westlichen Demokratiemodell überlegen sei, schrieben die Autoren. Es komme nun auf die Reaktion an. "Die tatsächliche Herausforderung für den Westen wird nicht sein, China davon abzuhalten, eines Tages die dominante globale Macht zu sein." Dies sei ohnehin fast unvermeidlich. Es gehe darum, diesen Prozess so zu steuern, dass Krieg vermieden und Demokratie sowie "das Beste aus dem Erbe der westlichen Aufklärung" erhalten blieben. Die USA und ihre Verbündeten müssten ihre politischen Systeme "verjüngen" und so ein erstrebenswertes Gegenmodell zu China anbieten.

Ressort: Ausland

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