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Die einfachste Sprache der Welt

  • Jakob Fitzke, Klasse 9c, Scheffel-Gymnasium (Lahr)

  • Fr, 18. Dezember 2020
    Schülertexte

Esperanto ist eine künstliche Sprache, die entwickelt wurde, um die Welt zu verändern / Ein Überblick.

Auch Asterix-Comics gibt es auf Esperanto.   | Foto: Friso Gentsch
Auch Asterix-Comics gibt es auf Esperanto. Foto: Friso Gentsch

I think I spider! Das denken sich viele, wenn sie das Gefühl haben, in dem ganzen Denglisch überhaupt nichts mehr zu verstehen. Niemand sagt mehr Mobiltelefon zu Handy beziehungsweise Smartphone, Klapprechner zu Laptop und Rechenmaschine zu Computer. Aber was ist daran eigentlich so schlimm? Wir nähern uns so einer Weltsprache an, was eigentlich nur Vorteile hätte. Es gäbe keine Verständnisprobleme mehr, die Welt würde sich einander annähern und dadurch würden vielleicht auch weniger Kriege geführt werden. Diese Idee gab es auch schon, bevor sich Englisch so durchgesetzt hat.

Es begann mit Ludwik Lejzer Zamenhof. Er wurde im Jahr 1859 als Sohn einer jüdischen Familie in der polnischen Stadt Białystok geboren. Er studierte zuerst in Moskau und dann in Warschau Medizin und wurde Augenarzt. Er selbst sah sich als Russe und Atheist. Zamenhof war ein großes Sprachtalent: Schon als Kind konnte er Russisch, Jiddisch, Polnisch, Deutsch, Französisch, Griechisch, Latein, Englisch und Hebräisch größtenteils fließend sprechen. Er dachte oft über kommunistische Werte und eine Weltsprache nach und setzte sich eines Tages hin, um Letztere zu erfinden.

Nach mehreren Prototypen brachte er dann schließlich um 1887 in mehreren Ländern eine Broschüre über eine Sprache heraus, die er "Internationale Sprache" nannte. Er selbst bezeichnete sich als "Doktor Esperanto" (übersetzt ins Deutsche heißt Esperanto so viel wie Hoffender), weil er seinen Ruf als Arzt nicht verlieren wollte. Dieses Pseudonym entwickelte sich dann etwas später zum Namen der Sprache: Esperanto. Die Idee von Esperanto ist, eine möglichst leicht lernbare Sprache zu sein, die jeder sprechen können sollte. Sie soll keiner Nation angehören, damit sie auch neutral bleibt. Außerdem soll sie den Zusammenhalt der Welt fördern.

Wie ging es dann weiter mit Esperanto?
1887 wird die Broschüre herausgebracht, 1888 wird der erste Esperanto-Klub gegründet, weiter erscheint die erste Zeitschrift auf Esperanto – "La Esperantisto".1905 findet der erste Esperanto-Weltkongress statt und Zamenhof verzichtet auf die Rechte an der Sprache. Ein Jahr später wird der erste deutsche Esperanto-Bund gegründet. 1908 findet der erste Weltkongress in Deutschland statt. Wegen der Machtübernahme der Nazis werden 1933 alle Esperanto-Gruppen zerschlagen, Esperanto wird verboten und Sprechende verfolgt. In Russland passiert unter Stalin das gleiche. 1946 wird der deutsche Esperanto-Bund wieder gegründet, 1966 wird der erste Film auf Esperanto ausgestrahlt, ein Schwarz-Weiß-Film namens "Incubus". 1970 wird das erste deutsche Esperanto-Wörterbuch, die "Plena Ilustrita Vortaro", herausgegeben. 1988 wird die "International Academy of Science", eine Schule in San Marino, in der nur Esperanto gesprochen wird, gegründet. Die Esperanto-Literatur von William Ault wird 1999 zum ersten von insgesamt drei Malen für den Literaturnobelpreis nominiert. Herzberg im Harz wird 2007 zur Esperanto-Stadt. Und 2011 wird "Muzaiko", der erste 24 Stunden sendende Radiosender auf Esperanto, gegründet. Seit 2012 übersetzt die Google-Übersetzung auch Esperanto. Durch Duolingo lernen seit 2020 rund 10 000 Menschen pro Jahr Esperanto. Auch lernu.net ist ein bekannter Weg, Esperanto zu lernen. Heute gibt es um die eine Million Esperanto-Sprecher und tatsächlich auch um die 1000, die Esperanto muttersprachlich sprechen: Sie wurden auf Esperanto erzogen und lernten dann erst auf der Straße ihre eigentliche Landessprache.

Einfache Grammatik und keine Ausnahmen

Die Grammatik von Esperanto ist sehr einfach aufgebaut, es gibt nur 16 Regeln. Sie basiert sehr stark auf Endungen. Das Wort "lernejoj" zum Beispiel lässt sich in vier Teile teilen: "lern-" bedeutet das Themengebiet "Lernen", "ej" bedeutet "Ort", "o" bedeutet Substantiv und "j" bedeutet, dass das Wort im Plural ist. Also haben wir "Lern-Orte", was man mit "Schulen" gleichsetzen kann. Es gibt anstatt "o" (Substantiv) auch noch andere Suffixe, zum Beispiel "a" für Adjektiv. "lerneja" heißt übersetzt zum Beispiel so viel wie "schulisch". So kann man sich auch andere Wörter herleiten. Wenn man zum Beispiel "städtische Schule" auf Esperanto übersetzen will, braucht man für das "städtisch" nur zu wissen, was "Stadt" bedeutet. Wenn man das "o" durch ein "a" ersetzt, hat man schon das Adjektiv: "urba", also "urba lernejo".

Ganz ähnlich kann man auch Verben bilden: Wenn man den Stamm "lern" für alles, was mit lernen zu tun hat, kennt, ist das einzige, was man machen muss, ein "i" daran zu hängen, um den Infinitiv "lernen" zu erhalten. Wenn man jetzt "ich lerne" übersetzt, muss man erstmal wissen, was "ich" heißt, nämlich "mi", und dann braucht man nur ein "as" hinter das "lern" zu hängen, schon hat man "mi lernas" und damit "ich lerne" auf Esperanto.

Mit diesem Wissen kann man dann schon den ersten längeren Satz übersetzen: "Cu vi lernas por la lernejo?": "Cu" bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie "ob", wird aber oft als Anfang für einen Ja/Nein-Satz benutzt: "Cu vi dormas" bedeutet "Schläfst du". "Vi lernas": "du lernst", "vi" ist genauso wie "mi" (ich), nur für "du". "Por" heißt "für", "la" bedeutet "der", "die" oder "das". Also: "Lernst du für die Schule?"

Ein anderer wichtiger Teil der Grammatik ist der Akkusativ: "Mi lernas gin." ("gi" bedeutet "es"). Das "n" hinter dem "gi" heißt, dass es im Akkusativ (Wen oder Was?) steht. Also: "Ich lerne es". Das, was die Grammatik von Esperanto allerdings so besonders macht, ist, dass es überhaupt keine Ausnahmen gibt. Sogar "esti" (deutsch "sein") wird genau so wie alle anderen Verben behandelt.

Zamenhof hat die meisten Wörter aus dem Französischen, Deutschen oder anderen romanischen Sprachen entlehnt. Aus dem Französischen kommen zum Beispiel "fari" (deutsch "tun"/französisch "faire") oder "aeti" (deutsch "kaufen"/französisch "acheter"). Aus dem Deutschem entlehnt sind unter vielen anderen Wörtern zum Beispiel "lampo" (Lampe), "noto" (Note) oder auch unser vorheriges Beispiel "lerni" (lernen).

Das einzige mehr oder weniger Unlogische an Esperanto sind die Akzente, die auf einigen Buchstaben sitzen. Zamenhof konnte sie auf seiner polnischen Schreibmaschine ohne Probleme schreiben, auf modernen Tastaturen geht das aber nicht mehr. Die Akzente verleihen dem Buchstaben eine Art Zischlaut.

Esperanto will sprachliche Barrieren überwinden

Es gibt mehrere 100 Esperanto-Organisationen und deutlich mehr als 1000 Esperanto-Klubs. Am bekanntesten ist die UEA (Universala Esperanto Asocio, die Allgemeine Esperanto-Gemeinschaft), sie veranstaltet jedes Jahr einen Esperanto-Kongress, bringt Bücher heraus und vertritt die Esperanto-Bewegung unter anderem vor der Unesco, den Vereinten Nationen und dem Europäischen Rat. Außerdem hat so gut wie jedes Land seine eigene Esperanto-Organisation und viele Unterorganisationen. In Deutschland sind die zwei bekanntesten Organisationen die GEA (Germana Esperanto-Asocio, Deutsche Esperanto-Gemeinschaft) und die DEJ (Deutsche Esperanto-Jugend). Auch in der Stadt Freiburg gibt es einen Esperanto-Klub: Die Esperanto-Grupo Friburgo (Esperanto-Gruppe Freiburg). Allerdings treffen sich die meisten Organisationen gerade nur noch per Videokonferenz.

Esperanto ist eine leicht lernbare Sprache, der die sehr gute Idee zugrunde liegt, zumindest die sprachlichen Barrieren zwischen den Ländern durch eine Internationale Sprache abzubauen. Es hat eine aktive weltweite Gemeinschaft, die versucht, diese Idee weiterzuverbreiten. Die Grammatik ist wegen nur 16 Grundregeln und keinen Ausnahmen sehr leicht erlernbar und die Vokabeln kann man sich zu einem großen Teil selbst bilden. Es gibt leider bis jetzt noch kein Land, in dem man diese Sprache aktiv spricht, aber dadurch, dass man sie lernt, leistet man einen kleinen Teil, um näher an dieses Ziel zu kommen.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 18. Dezember 2020: PDF-Version herunterladen

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