Account/Login

"Die meisten Einsätze gibt’s im Winter"

  • Tim Druba, Klasse 4e & Grundschule Denzlingen

  • Fr, 23. März 2018
    Zisch-Texte

ZISCH-INTERVIEW mit Christian Göttel aus Denzlingen, der in seiner Freizeit bei der Bergwacht Menschen in Not rettet.

Zisch-Reporter Tim Druba mit    Christian Göttel   | Foto: Simone Schmitt-Drubat
Zisch-Reporter Tim Druba mit Christian Göttel Foto: Simone Schmitt-Drubat

Christian Göttel, 36 Jahre alt, ist Mitglied der Bergwacht Schwarzwald und hilft auch am Feldberg. Über seine freiwilligen Rettungseinsätze hat er mit Zisch-Reporter Tim Druba aus der Klasse 4e der Grundschule Denzlingen gesprochen.

Zisch: Wie kamen Sie zur Bergwacht?
Göttel: Ich wurde in einem Freiburger Ausrüstungsladen für die Bergwacht angeworben und habe mir dann die Arbeit der Bergwacht angeschaut. Das fand ich so spannend, dass ich die Ausbildung begonnen habe und nach einer Prüfung im Winter und einer Prüfung im Sommer schließlich mitarbeiten konnte. Meine Ortsgruppe Freiburg ist in einer Bergwachthütte am Seebuck auf dem Feldberg, am Stollenbach und auf dem Schauinsland stationiert, in Freiburg haben wir eine Garage.
Zisch: Wann passieren die meisten Einsätze?
Göttel: Die meisten Einsätze gibt es im Winter. Bei gutem Wetter am Wochenende haben wir am meisten zu tun, manchmal gibt es auch mehrere Einsätze gleichzeitig. Das ganze Jahr über haben wir eine Schnelleinsatzgruppe, die zum Beispiel Menschen sucht, die von Lawinen verschüttet wurden oder gestürzten Mountainbikern hilft.

"Wir sind dann im Einsatz, wenn andere Rettungsdienste nicht helfen können."

Zisch: Was können Sie zu Suchhunden und Hundeführern bei der Bergwacht sagen?
Göttel: Aktuell gibt es in der Bergwacht Schwarzwald einen Lawinensuchhund. Unser Suchhund Joschi ist immer bei Lawineneinsätzen dabei. Da nicht jeder Skifahrer einen Lawinenpiepser hat, brauchen wir einen Suchhund. Lawinensuchgeräte helfen nur, wenn die vermisste Person einen Lawinensender hat.
Zisch: Wie sieht Ihre Ausrüstung aus?
Göttel: Je nach Wetter und Einsatz haben wir eine andere Ausrüstung. Im Winter gehören Helm, Handschuhe und, je nach Einsatz, Tourenski oder Schneeschuhe, selten auch Steigeisen dazu. Lange Seile, Karabiner und Baumkletterausrüstung brauchen wir eher im Sommer. Ein Notfallrucksack mit warmen Decken, Verbänden und Pflastern sowie spezielle Tragen haben wir immer dabei.
Zisch: Was war Ihr bisher gefährlichster Einsatz?
Göttel: Vor einigen Jahren habe ich einen Gleitschirmflieger aus einem Baum gerettet. Sein Gleitschirm hing danach noch in einer Baumkrone. Als ich in die Baumkrone geklettert bin, ist sie abgebrochen. Zum Glück hatte mich mein Kollege zwischengesichert, so dass mir nichts passierte.
Zisch: Warum gibt es die Bergwacht?
Göttel: Die Bergwacht gibt es seit über 75 Jahren. Sie waren ursprünglich die "Wächter vom Berg", die darauf geachtet haben, dass die Natur geschützt wird, also zum Beispiel niemand Feuer macht oder Pflanzen pflückt. Inzwischen sind wir mehr ein Rettungsdienst als ein Naturschutzverein. Wir sind immer dann im Einsatz, wenn andere Rettungsdienste nicht helfen können. Die Bergwacht Schwarzwald ist ein eigenständiger Verein, in anderen Bundesländern ist sie dem Deutschen Roten Kreuz untergeordnet.
Zisch: Gibt es Voraussetzungen, um bei der Bergwacht zu arbeiten?
Göttel: Bei der Bergwacht arbeiten nur Freiwillige und das ehrenamtlich. In vielen Ortsgruppen gibt es eine Jugendbergwacht. Ab dem 16. Lebensjahr und wenn man sicher auf den Skiern ist, kann man bei uns einsteigen. Man macht eine Grundausbildung, die mindestens zwei Jahre dauert, und kann danach noch viele Spezialausbildungen machen. Ich gehöre zum Beispiel zur Höhenrettung. Ich kann also Menschen aus Bäumen, aus Seilbahnen oder von Kränen retten.
Zisch: Wie sieht ein typischer Tag bei der Bergwacht aus?
Göttel: Im Winter treffen wir uns früh am Morgen an unserer Garage in Freiburg in der Egonstraße, fahren zu unserer Bergwachthütte und warten, was passiert. Regelmäßig trainieren wir unterschiedliche Rettungstechniken. Außerdem üben wir jedes Jahr, Menschen aus Gondeln zu retten.
Zisch: Wie finanziert sich die Bergwacht?
Göttel: Unsere Einsätze werden von der Krankenkasse desjenigen bezahlt, den wir retten. Außerdem bekommen wir auch Geld vom Land Baden-Württemberg und unseren Förderern. Man kann uns auch Geld spenden. Außerdem bekommen wir Geld für Rennbetreuungen, oder zum Beispiel von den Steinmetzen des Freiburger Münsters, wenn wir sie beim Auswechseln der Steine am Münster sichern.
Zisch: Welche Posten gibt es bei der Bergwacht?
Göttel: Bei der Bergwacht sind alle Mitarbeiter gleich, es gibt keine Hierarchien und festen Aufgabengebiete. Grundsätzlich kann jeder jeden Dienst übernehmen. Auf unseren Hütten brauchen wir unter der Dienstmannschaft einen Einsatzleiter, einen Funker, einen Fahrer und im Winter die Akiamannschaft. Akias sind spezielle Rettungsschlitten. In der Ortsgruppe gibt es zwei Vorsitzende, einen Leiter Bergrettungsdienst, Kassen- und Schriftführer, Sanitäts- und Materialwarte, Ausbilder für Medizin und Technik, einen Fahrzeugwart und Hüttenwarte. Auch einen Naturschutzwart gibt es. Ortsgruppenarzt bin momentan ich.

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 23. März 2018: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel