Die Meisterschützin

Sarah hat ein ungewöhnliches Hobby: Sie schießt gern. Und gut, denn bei Wettbewerben ist sie unter den Besten.  

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Voll peinlich war das", sagt Sarah, zieht die Schultern zusammen und versinkt im Stuhl. Sie hätte das Thema nie angesprochen. Das war die Freundin der Mutter, und die wollte eigentlich etwas Nettes erzählen, etwas, das beschreibt, was Sarah für eine ist. Und was ist Sarah für eine? Sarah Bühler ist 12, bald 13 Jahre alt, schwimmt und liest gern. Und sie ist Meisterschützin und den Erfolg noch nicht gewohnt.

Als sie nämlich das Siegertreppchen sah, das nach den Landesmeisterschaften auf sie wartete, warf sie keine kessen Blicke zum Fotografen, sondern wollte am liebsten gleich nach Hause fahren. Sie hatte mit dem Luftgewehr im Stehen, im Knien und im Liegen geschossen und ihre 20 Konkurrentinnen an Punkten übertroffen. Als sie aber auf die Treppe steigen sollte, dachte sie nicht an ihren Erfolg. Vielmehr graute ihr vor den Leuten, "die von da unten alle raufschauen".

Zu Kopf gestiegen sind ihr ihre Siege - Vereins- und Kreismeisterschaften gingen voraus - noch nicht. Vielleicht ging ja alles zu schnell. Beim "Osterhasen-Schießen" vor einem Jahr, einer Spaß-Veranstaltung, bei der der echte Osterhase natürlich keine Kugel abbekommt, hielt sie zum ersten Mal ein Luftgewehr in der Hand. Wenn man sieht, dass etwas gelingt, macht das natürlich Spaß. Und so dauerte es nicht lange, bis Sarah regelmäßig zweimal die Woche zum Training kam.

Die Zielscheibe muss Sarah in zehn Metern Entfernung treffen

Ihre Schulkameraden staunten nicht schlecht. "Schießen ist doch eher was für Buben, finden die meisten", sagt Sarah und grinst. In ihrem Verein üben noch drei andere Mädchen in ihrem Alter. Sie aber ist die einzige, die zu den deutschen Meisterschaften am 31. August nach München fahren darf. Da hat sie dann einen gepolsterten Anzug an und ein Stirnband mit einer Augenklappe. Hätte sie die nicht, müsste sie fast 40 Minuten lang ein Auge zukneifen, bis die verlangten 20 Schuss abgegeben sind. Die deutsche Meisterschaft ist das Höchste für sie. Für Schüler gibt es keine Welt-, nicht einmal eine Europameisterschaft.

Ihr Vereinstrainer Franz Siefritz glaubt, dass sie das Zeug hat, in München auf einen der ersten zehn Plätze zu kommen - in einem Feld von etwa 80 Schüler-Schützinnen. Das macht Sarah etwas verlegen. Natürlich will sie gut sein, aber allein die Teilnahme an diesem Ereignis ist ihr so wichtig, dass sie auf den Urlaub in Mallorca glatt verzichtet hätte. Sie braucht das nun doch nicht, weil er sich verschieben ließ. Aber sie hätte es getan. Dafür muss sie sich jetzt vom Trainer Ermahnungen anhören: "Pass auf deine Augen auf", zum Beispiel. Die braucht sie zum Zielen, wenn sie die zehn Meter entfernten Scheiben in die Zielvorrichtung ihres Gewehrs - ins "Visier" - nimmt.

Und was braucht man noch, um Deutsche Meisterin zu werden? "Gute Schulnoten", schaltet sich der Trainer wieder ein. "Ich merke genau, wenn jemand mal wieder unkonzentriert ist, weil ihm die Mathearbeit vom nächsten Tag auf der Seele liegt. Außerdem sollte man ausgeglichen sein und eine starke Selbstkontrolle haben." Der Trainer hat gut reden. Wie kann man ruhig bleiben, wenn das Herz flattert und Bienen im Bauch brummen. Sarah gibt zu, dass sie vor Wettkämpfen ganz schön aufgeregt ist. Was da hilft? Einfach nicht drüber nachdenken und loslegen.

Barbara Freitag

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