Die Stammspieler-Regelung: Das sagen die Statuten zu einem Reizthema

Ist es Wettbewerbsverzerrung, wenn höherklassige Spieler eines Vereins in einer unterklassigen Mannschaft desselben Vereins aushelfen? Nach einem Fall im Bezirk Hochrhein stellt sich wieder einmal genau diese Frage.  

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Nicht gerne gesehen, doch Alltag in den Fußball-Ligen der Region: Spieler aus der ersten Mannschaft unterstützen die Reserveteams, wenn es um Aufstieg oder Klassenerhalt geht – zuweilen sehr zum Missfallen der Gegner.

Doch was sagen eigentlich die Statuten des Südbadischen Fußballverbands zur sogenannten Stammspieler-Regelung?

Noch vor drei Wochen hing die zweite Mannschaft des TuS Lörrach-Stetten auf dem vorletzten Tabellenplatz der Kreisliga A West im Hochrhein fest. Zwei Spieltage und zwei Siege später ist das rettende Ufer für den TuS wieder in greifbare Nähe gerückt: Erst gewannen die Blauen mit 3:2 gegen den SV Todtmoos, eine Woche später folgte ein 9:0-Sieg beim FV Tumringen. Beide Male ging es für den TuS gegen direkte Konkurrenten im Abstiegskampf.

Für sich gesehen ist all das eigentlich nicht sonderlich erwähnenswert – wären da nicht die Namen der Torschützen, denen Lörrach-Stetten II seine jüngsten Erfolgserlebnisse verdankt: Gegen Todtmoos trafen Fabio Viteritti und Danilo Avellina, der gegen Tumringen sogar doppelt erfolgreich war. Beim Kantersieg trugen sich außerdem Sanel Covic (zwei Mal) und Romano Berger (vier Mal) in die Torschützenliste ein. Alle Spieler haben eines gemeinsam: Sie spielen eigentlich in der ersten Mannschaft des TuS Lörrach-Stetten.

Die Praxis, dass Spieler in unterklassigen Teams ihres Vereins aushelfen, ist nicht neu. Und auch wenn sich oftmals – wie im obigen Beispiel – Fragen der Wettbewerbsverzerrung und des Fairplay-Gedanken aufdrängen, muss man konstatieren: Diese Praxis ist ausdrücklich erlaubt, zumindest unter gewissen Voraussetzungen. Die sogenannte Stammspieler-Regelung wird in der Spielordnung des Südbadischen Fußballverbands detailliert erläutert.

Gemäß den Regelungen des SBFV wird ein Spieler zum Stammspieler einer Mannschaft, wenn er in der laufenden Saison in mehr als der Hälfte der bislang ausgetragenen Punktspiele zum Einsatz gekommen ist. Wie lange er auf dem Platz stand, spielt dabei keine Rolle. Wenn ein Spieler beispielsweise in elf von bis zum jeweiligen Zeitpunkt 20 absolvierten Saisonspielen mitgewirkt hat, ist er Stammspieler dieser Mannschaft – selbst wenn er jedes Mal erst in der Nachspielzeit eingewechselt wurde. Für diese "Mehr-als-die-Hälfte-Regel" ist bei während der Saison hinzugekommenen Neuzugängen nur die Anzahl der Spieltage seit dem Zeitpunkt ihres Wechsels maßgeblich. Grundsätzlich gilt: Stammspieler dürfen nur in ihrer Stammmannschaft eingesetzt werden (Stammspieler einer niedrigeren Mannschaft eines Vereins dürfen natürlich in jeder höheren Mannschaft desselben Vereins mitspielen).

Die Ausnahme, von der viele Vereine immer wieder Gebrauch machen, findet sich in Paragraph 11b der Spielordnung des SBFV. Dort heißt es: "Jeder Verein kann bis zu drei Stammspieler einer höheren Mannschaft in der nächstniedrigeren Mannschaft einsetzen, wenn diese Spieler im letzten ausgetragenen Verbandsspiel der höheren Mannschaft nicht mitgewirkt haben." Dabei ist ausschließlich der Zeitpunkt von Belang, an dem das Spiel der höheren Mannschaft abgepfiffen wird. So konnten die Lörracher Akteure Buba Ceesay, Fabio Viteritti und Danilo Avellina am 26. April bei der zweiten Mannschaft aushelfen, obwohl ihr Stammteam am selben Tag in der Bezirksliga gefordert war. Da das Spiel der ersten TuS-Mannschaft (Anpfiff um 15 Uhr) beim Anpfiff des nachfolgenden Spiels der zweiten Mannschaft um 17 Uhr bereits abgepfiffen war, hatten Ceesay, Viteritti und Avellina offiziell ein Spiel in ihrer Stammmannschaft ausgesetzt – und durften somit ganz legal dabei mithelfen, die Aussichten des TuS Lörrach-Stetten II im Abstiegskampf der Kreisliga A West zu verbessern.

Doch diese Ausnahme gilt nicht während der gesamten Runde. Nach dem Tag des sechstletzten Ligaspiels der niedrigeren Mannschaft dürfen Stammspieler der höheren Mannschaft nicht mehr unten aushelfen – auch wenn sie zuvor ein Spiel bei ihrem Stammteam pausiert haben. Auf TuS Lörrach-Stetten II bezogen heißt das: Weil nach dem jetzt kommenden Wochenende nur noch fünf Spieltage ausstehen, hat der Kreisligist am Samstag zum letzten Mal die Möglichkeit, drei Spieler der ersten Mannschaft einzusetzen. Für den Saisonendspurt geht das dann nicht mehr. Je nach Gesamtzahl der Spieltage einer Runde verkürzen sich diese "Sperrfristen", was häufig bei den Frauen oder den Junioren der Fall ist.

Inwieweit die aktuelle Stammspieler-Regelung dem Fairplay-Gedanken Rechnung trägt, ist fraglich. Fakt ist: Die Einhaltung der Stammspielereigenschaft zu überprüfen, ist weder Aufgabe der Staffelleiter noch die der Schiedsrichter. Befürchtet ein Verein einen Regelverstoß beim gegnerischen Team, muss er selbst tätig werden und Einspruch erheben. Das etwaige Vergehen wird dann vom zuständigen Sportgericht überprüft und gegebenenfalls geahndet – in der Regel wird die entsprechende Partie mit 3:0 für den "geschädigten" Verein gewertet.
Schlagworte: Danilo Avellina, Fabio Viteritti, Buba Ceesay
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