"Die Zeiten sind hart"

BZ-INTERVIEW mit einem Feldhasen über sein Leben zwischen Grünfutter, Jäger und Landmaschinen.

Feldhase unterwegs | Foto: Ingo Seehafer/colourbox — Feldhase unterwegs Foto: Ingo Seehafer/colourbox
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Stundenlang lag
unsere Reporterin zwischen Gras und kratzigem Gebüsch auf der Lauer – dann endlich, bei Sonnenuntergang, flitzte ein brauner Blitz in irren Zickzacksprüngen über die Wiese. Nichts

wie hinterher!

BZ: Stopp! Meister Lampe! Nun halten Sie doch mal bitte an! Boah, Sie sind heute aber schnell.
Lampe: Das war noch gar nichts – meine Höchstgeschwindigkeit liegt bei siebzig Stundenkilometern. Tempo ist lebensnotwendig, könnte ja auch ein Fuchs oder ein Raubvogel hinter mir her sein. Also, was gibt’s? Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie mich nicht fressen wollen?
BZ: Nein, natürlich nicht! Erst mal darf ich gratulieren: Sie sind zum Wildtier des Jahres 2015 gewählt worden. Hätten Sie fünf Minuten für ein Interview?
Lampe: Um ehrlich zu sein, ist das gerade ganz schlecht – ich hab’ Hunger wie ein Bär und da drüben wartet der junge Mais auf mich.
BZ: Sie sind Vegetarier?
Lampe: Selbstverständlich, deswegen die praktischen Hasenzähne. Am liebsten mümmel ich Kräuter und Blumen, Wurzeln oder Rinde sind aber auch lecker. Um richtig satt zu werden, verputze ich schon mal ein Kilo Grünfutter am Tag.
BZ: Und wo ist Ihre Familie?
Lampe: Wie - Familie? Wir Hasen sind Einzelgänger: auf der ganzen Welt zu Hause, aber jeder in seinem eigenen Revier!
BZ: Die Feldhasen haben also kein gemeinsames Tunnelsystem wie die Kaninchen?
Lampe: Gehen Sie mir bloß weg mit diesen kurzohrigen Rudel-Hopplern! Wir Feldhasen buddeln nicht, wir sitzen in Erdmulden, sogenannten Sassen. Wir sind ja auch Meister im Tarnen und Wegflitzen.
BZ: Deswegen der Beiname Hasenfuß oder Angsthase?
Lampe: Na, nun werden Sie mal nicht frech! Sie sollten mal unsere Boxkämpfe am Ende des Winters sehen, wenn die Rammler um die Gunst der Häsinnen werben. Das ist Spitzensport! Und gute Schwimmer sind wir auch.

BZ: Und um Ihre Jungen kümmern Sie sich nicht?
Lampe: Nein, das ist gar nicht nötig. Unsere Häschen sind sehr selbstständig, die kommen als sogenannte Nestflüchter schon mit Fell und offenen Augen zur Welt.
BZ: Und weil eine Häsin pro Jahr bis zu zwanzig Babys bekommt, ist der Hase auch Fruchtbarkeitssymbol.
Lampe: Genau! Deswegen gibt es auch den Osterhasen. Ostern steht nämlich auch für Fruchtbarkeit und Neubeginn.
BZ: Aber so richtig prima läuft es nicht für die Hasen, oder? Deswegen sind Sie ja auch Wildtier des Jahres geworden.
Lampe: Zugegeben, die Zeiten sind hart: Autos, Landmaschinen, Pflanzenschutzmittel, Jäger, zu wenig Gebüsch und Hecken zum Verstecken – das macht so einen Hasentag lebensgefährlich.
BZ: Dann wünsch ich Ihnen viele wilde Wiesen und danke für das Gespräch!

Ressort: Neues für Kinder