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Glosse

Ein Online-Kurs für Schweizerdeutsch gerät als "Abofalle" in die Kritik

Stefan Ammann
  • Fr, 15. Januar 2021, 12:28 Uhr
    Unterm Strich

Finöggeli, Hootschgufe und Bünzli: Schweizerdeutsch kann ganz schön schwer sein. Von der Sprachbarriere wollen kommerzielle Anbieter profitieren. Aber Dialekt lernen geht auch günstiger.

Klischees in Holz geschnitzt: Figuren mit Schweizerflagge und Alphorn  | Foto: Arno Burgi
Klischees in Holz geschnitzt: Figuren mit Schweizerflagge und Alphorn Foto: Arno Burgi
Was ist ein Finöggeli? Wofür braucht man eine Hootschgufe? Und was macht eigentlich einen Bünzli aus? Diese drei Beispiele zeigen, wie schön und für Uneingeweihte gleichzeitig unverständlich Schweizer Mundart sein kann. Selbst der dialektaffine Südbadener ist manchmal überrascht, wenn ein Eidgenosse einen Begriff auspackt, den man nördlich des Rheins beim besten Willen nicht dechiffrieren kann. Für Ausländer, die in der Schweiz leben oder arbeiten, kann die Sprachbarriere zum Problem werden.

Dass mit dieser Sehnsucht nach reibungsloser Kommunikation Geld zu machen ist, zeigt das Online-Angebot schweizerdeutsch-lernen.ch. Dort wird vollmundig geworben: "Fließend Schwiizerdütsch in vier Wochen. Komm jetzt zur #1 Sprachschule der Schweiz." Stolze 190 Franken pro Jahr kostete bislang die Online-Mitgliedschaft in der virtuellen Dialektschule. Nach Beschwerden von Kunden hat das Schweizer Radiomagazin Espresso das Ganze nun als "Abo-Falle" gebrandmarkt. Die Hör-Sequenzen, die den Dialekt vermitteln sollen, kämen äußerst billig daher. Sie seien weit weg vom Schweizerdeutschen und gespickt mit Germanismen, moniert Espresso außerdem.

Schweizerdeutsch lernen mit Mani Matter

Der Betreiber der Website hat inzwischen auf die Kritik reagiert. "Der Kurs war ein Projekt zur Uni-Zeit, welches danach immer mehr eingeschlafen ist", zitiert ihn SRF online. Das Angebot sei jetzt kein Abo-Modell mehr. Der Zugang koste nun nur noch einmalig 60 Franken.

Wer sich dieses Geld sparen will, dem empfehlen wir als Einstieg in die Sprache und nicht zuletzt in den hintergründigen Humor der Eidgenossen die unvergesslichen Balladen von Mani Matter. Die gibt es auf CD schon für rund 20 Euro. Mit dem Online-Wörterbuch http://www.berndeutsch.ch kann man sogar komplett kostenlos lernen, dass mit Finöggeli ein zartes Mädchen gemeint ist, die Hootschgufe auf Hochdeutsch Sicherheitsnadel heißt und Bünzli einen Durchschnittsbürger bezeichnet.

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Ressort: Unterm Strich

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