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Elefanten leben nicht in der Stadt

  • Nina Przybilla, Klasse 9b, Marie-Curie-Gymnasium (Kirchzarten)

  • Fr, 20. Dezember 2019
    Schülertexte

Zischup-Reporterin Nina Przybilla hat lange in Südafrika gelebt und berichtet in ihrem Text, wie es dort ist.

Nina (Mitte) mit ihren Freundinnen Reratile und Keratile Malapane (rechts) Foto: Juliette Irmer
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Ich habe fast acht Jahre meines Lebens in Pretoria, eine der Hauptstädte Südafrikas, verbracht. Als ich nach Deutschland zurückkam, wurden mir lustige und für mich zum Teil merkwürdige Fragen zum Leben dort gestellt. Deswegen möchte ich in diesem Artikel ein paar Eindrücke schildern und Klischees geraderücken.

Bevor ich irgendetwas zu Südafrika schreibe, muss ich eines klarstellen: Ich schreibe aus der Sicht eines weißen und im Verhältnis reichen Teenagers. Viele Menschen in Südafrika leben unter ganz anderen Bedingungen, als ich es getan habe.

Das Lustigste, was mich einige Klassenkameraden gefragt haben, war, ob etwa Elefanten vor meiner Haustüre herumgelaufen wären. Einfache Antwort: Nein! Die meisten Wildtiere wie Löwen, Elefanten und Zebras leben in Nationalparks. Das berühmteste Reservat ist der Krüger-Nationalpark, der mit 20 000 Quadratkilometern etwa so groß wie Belgien ist. Der Kgalagadi-Transfrontier-Nationalpark erreicht zusammen mit dem Botswana- und Namibia-Gebiet sogar eine Größe von 38 000 Quadratkilometern.

Gewohnt habe ich in einem Viertel namens Die Wilgers in Pretoria. Unser Haus, umrandet von einem großen Garten, war wie die meisten Häuser in diesem Viertel einstöckig. Während es in Deutschland etwas Besonderes ist, einen Pool zu besitzen, ist es in Südafrika für reichere Menschen fast selbstverständlich. Selbstverständlich sind auch viele Sicherheitsvorkehrungen: Unser Garten war von einer zwei Meter hohen Mauer umrandet, auf der ein Stromzaun befestigt war, der Tag und Nacht lief. Zusätzlich hatten wir noch eine Alarmanlage, denn in Südafrika ist die Kriminalitätsrate deutlich höher als in Deutschland. Das sieht man an der Anzahl der Tötungen pro Jahr: In Deutschland – so jedenfalls steht es auf Wikipedia – etwa 950 pro Jahr, in Südafrika rund 19 000, obwohl es nur 50 Mio Einwohner gibt. Mein Bruder etwa war bei unserer Rückkehr sehr über die Höhe der Zäune in Deutschland überrascht. Über die kann ja jeder Dieb springen.

Weitere für mich lustige Fragen betrafen zum Beispiel Strom und Wasser. Für viele Menschen in Südafrika, die in den Städten leben, ist fließendes und auch warmes Wasser ganz normal. Auch Strom steht normalerweise genau so zur Verfügung wie in Deutschland. Allerdings gibt es immer wieder mehrstündige Stromausfälle, die nur manchmal angekündigt sind. Das kann ziemlich lästig sein. Auf dem Land haben viele Menschen keinen Strom und auch kein fließend Wasser.

Viele meiner Freunde haben sich Südafrika als eine Wüste oder Savanne vorgestellt. Ein großer Teil von Südafrika besteht tatsächlich aus Halbwüste und Savanne. Insgesamt ist die Landschaft aber sehr vielfältig. Der Mafadi, der mit 3450 Metern höchste Berg Südafrikas, liegt im Drakensgebirge, und die fast 3000 Meter lange Küste zieht sich am Indischen und am Atlantischen Ozean entlang. Auch das Klima ist je nach Region sehr unterschiedlich.

In Südafrika ist jetzt gerade Sommeranfang, denn die Jahreszeiten sind genau umgekehrt, und es hat in Pretoria schon über 35 Grad. Im Winter hat es tagsüber um die 20 Grad, nachts kann es jedoch auch mal auf null Grad absinken. Im Winter muss man sich auch im Haus warm anziehen, denn Zentralheizungen sind unüblich. Es wird mit Ofen, Gasherd oder Stromheizungen geheizt.

Ebenfalls eine häufig gestellte Frage war, ob ich Afrikanisch spreche. Afrikanisch gibt es nicht. Es wird Englisch und Afrikaans gesprochen, die Sprache der holländischen Siedler, aber auch neun Bantusprachen, wie zum Beispiel Tsonga oder Zulu. Diese elf genannten Sprachen sind Amtssprachen.

Hell- und dunkelhäutige Menschen haben in Südafrika eine dramatische Vergangenheit. Die Apartheid, ein ungerechtes politisches System, in dem die dunkelhäutigen Menschen stark benachteiligt wurden, hat bis heute ihre Spuren hinterlassen. Sie durften nicht auf den selben Bänken sitzen, nicht in die selben Restaurants gehen oder in denselben Bus steigen. Der Rassismus ist bis heute noch nicht ganz überwunden.

Nach Geld oder Essen zu fragen, ist ganz normal

Außerdem ist auch die Schere zwischen arm und reich in Südafrika sehr groß. Die Gegensätze in diesem Land sind wirklich extrem. Manche Menschen haben kaum zu essen. Dass Menschen an der Haustüre klingeln und um Geld oder Essen betteln, ist nichts Ungewöhnliches. Auch an den Ampeln wird gebettelt. Und auf der anderen Seite gibt es riesige Einkaufszentren mit allen möglichen Luxuswaren und unzählige Autohäuser. Fortbewegung ist in Südafrika anders als in Deutschland. Wer sich kein Auto leisten kann, muss sich in die immer überfüllten Minibusse zwängen, die dauernd und überall fahren. Eine weitere Möglichkeit ist Uber, es ähnelt dem Taxifahren, hat jedoch festgelegte Preise und man kann sich das Auto per Handy an seinen Standort bestellen. In der Stadt kommen die meisten Kinder also mit dem Auto in die Schule und die Erwachsenen an die Arbeit. Doch auf dem Land müssen arme Kinder manchmal stundenlang laufen, um zur Schule zu kommen, weshalb viele auch gar nicht hingehen, obwohl sie es sich wünschen.

Südafrika ist trotz der großen Armut und der vielen Kriminalität das Wirtschaftszentrum Afrikas und auch bei Touristen äußerst beliebt. Sieben Millionen Menschen besuchen Südafrika jährlich. Deutschland ist ein sichereres Land, doch die Natur in Südafrika überwältigt einen immer wieder aufs Neue. Und das obwohl die Elefanten dort nicht vor der Haustüre auf- und abspazieren.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 20. Dezember 2019: PDF-Version herunterladen

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